![]() | Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 4/2021 |
atomwaffenfrei
Ein- und Ausblick der Proteste am Atomwaffenstandort in Büchel
Von Marion Küpker
Trotz Corona gelang es uns im letzten Jahr – gemeinsam mit der bundesweiten Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetztund Ican – eine breite politische Diskussion über die gefährliche nukleare Abschreckungspolitik der Nato bezüglich der in Büchel stationierten US-Atomwaffen zu führen. AkteurInnen der Friedensbewegung thematisierten im letzten Juni diese Abschreckung durch eine regionale Zeitungsanzeige: „Tornado-Appell“ an die Bücheler Tornado-Piloten zur Verweigerung der nuklearen Teilhabe.
Auch in den Zivilen-Ungehorsams- Gerichtsprozessen wegen der Go-In- Aktionen in den Atomwaffen-Stützpunkt Büchel von mehr als 40 Angeklagten wurde letztes Jahr in den rheinland-pfälzischen Städten Cochem und Koblenz wieder und wieder die illegale d.h. völkerrechtswidrige nukleare Teilhabe, die illegale Atomwaffen-Stationierung, die illegale Abschreckungspolitik sowie die humanitären Folgen eines jederzeit möglichen Atomkrieges eingebracht. Sieben AktivistInnen reichten Verfassungsbeschwerden ein, die allerdings nicht zur Entscheidung angenommen wurden. Weitere folgen dieses Jahr. Dahinter steht die Hoffnung, das internationale Völkerrecht zur Anwendung zu bringen, was von den Gerichten bisher nicht berücksichtigt wird, obwohl es unserem deutschen Recht übergeordnet ist. Der historische Atomwaffen-Verbotsvertrag bietet uns nun bei den neuen Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht eine stärkere Ausgangsposition.
Atomwaffen-Verbotsvertrag.
Mit weit über 100 Aktionen wurde am 22. Januar in Deutschland das Inkrafttreten des internationalen Atomwaffen-Verbotsvertrages gefeiert.
Durch das Inkrafttreten ist der Verbotsvertrag völkerrechtlich gültig, d.h. nach internationalem Recht gelten Atomwaffen nun explizit als verboten. Allerdings sind die Bestimmungen nur für die Vertragsstaaten bindend, was aber auch die vertragsunterzeichnenden Staaten miteinbezieht, die den Vertrag bisher noch nicht ratifiziert haben, d.h. er gilt für 138 Staaten! Der Handlungsspielraum der Atommächte wird damit immer enger.
Einige Finanzinstitute haben Ethikregeln, an denen sie sich nun messen lassen müssen, falls sie Konzerne, die Atomwaffen (Teile und Tägersysteme etc.) produzieren, finanzieren. Auch dürfen laut Vertrag diese als „kontrovers“ bezeichneten Waffen in den 138 Vertragsstaaten nicht mehr produziert werden.
Der Druck auf unsere Regierung muss jetzt weiter ausgebaut werden, damit auch ein Beitritt Deutschlands erfolgen kann.
Neuentwicklungen in Büchel
Trotz des Verbotsvertrages soll der Atomwaffen-Stützpunkt Büchel nun von Juni 2022 bis Januar 2024 für 259 Millionen Euro ausgebaut werden. Dasselbe geschieht an allen europäischen Atomwaffen-Standorten, die zur nuklearen Teilhabe gehören, also in Belgien, den Niederlanden, in Italien und z.T. in der Türkei.
Diese Baumaßnahmen dienen der Vorbereitung der Stationierung der neuen US-Atombomben vom Typ B61-12, die ab Ende des Jahres in den USA produziert werden. Nach Fertigstellung der Umbauten sollen die alten Atombomben vom Typ B61 gegen die neuen B61-12 ausgetauscht werden. Der Bauplan beinhaltet den Ausbau der Startbahn sowie die Modernisierung der Atomwaffen-Infrastruktur. So sollen die Spezialbehälter in den Flugzeug-Hangars, wo die ca. 20 Bomben eingelagert sind, erneuert werden.
Zusätzlich steht die Entscheidung über die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge aus den USA an, die mit 8 Milliarden Euro veranschlagt ist. Es sei denn, die Laufzeit des 40 Jahre alten Tornado-Kampfjets wird weiter verlängert. Der eigentliche Plan ist, das deutsch-französische Kampfflugzeug FCAS (Future Combat Air System), das aktuell entwickelt wird, anzuschaffen. Das neue US-Kampfflugzeug wäre nur als Zwischenlösung gedacht. Unsere Proteste sind am Standort Büchel daher bedeutender denn je, um diese Planungen zu durchkreuzen!
EU-Atomkamfflugzeug FCAS
Die Bundesregierung will mit Frankreich und Spanien noch in diesem Jahr das neue nuklearfähige Mehrfachkampfflugzeug FCAS auf den Weg bringen, um das Projekt unumkehrbar zu machen. Das neue Kampfflugzeug schreibt die umstrittene nukleare Abschreckung auf Jahrzehnte fort und frisst viele weitere Milliarden an Geldern.
Das FCAS soll als halbautonomes Waffensystem mit Eurodrohnen vernetzt ab 2040 einsatzfähig sein und auch die in Büchel gelagerten US-Bomben tragen können.
Klima und Atombomben-Trägerflugzeug
Allein die neuen 45 US- Kampfjets A 18, die Annegret Kramp- Karrenbauer für 10 Milliarden US-Dollar in den USA für die Atombomben in Büchel einkaufen möchte, zeigen – milde ausgedrückt – ihre Klima-Blindheit.
Der bisherige Tornado-Kampfjet wird seit 1985 in der Eifel eingesetzt. Die CO2-Belastung je Flugstunde liegt beim Tornado-Kampfflugzeug bei 12 Tonnen. Die Bücheler Atombomben-Piloten vom Luftwaffengeschwader 33 erreichten im April 2019 nach 34 Jahren ihre 200 000ste Tornado-Flugstunde. Das haben sie in Büchel medienwirksam gefeiert, d.h. allein die alten Atombomberjets haben bis heute, nach 35 Jahren, ca. 2,5 Millionen Tonnen CO2 in unsere Umwelt geblasen. Die Zusammenarbeit mit Fridays for Future ist hier sehr wichtig, da auch die militärischen Flüge in die Klimabilanz miteinbezogen werden müssen. Sie tragen eine erhebliche Mitverantwortung für den Klimawandel und gehören abgeschafft.
Planungsstand der Büchel-Proteste 2021
Die Kampagnenplanung des Trägerkreises Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen! sieht für die Aktionen in Büchel derzeit folgendermaßen aus:
Anfang Juli bis zum 9. August soll es wieder ein sechswöchiges Camp für Aktionsgruppen in der Nähe des Bücheler Haupttores geben.
Verschiedene Gruppen sind schon im Vorfeld aktiv:
Am 13. Juni ist der Aktionstag der Naturfreunde in Büchel.
Der 16. Juni ist der 25. Jahrestag des Beginns der Proteste in Büchel. Eine Ausstellung soll am 16. Juni am Haupttor des Fliegerhorstes Büchel erstmalig gezeigt werden (s.u.).
Der Pacemakers-Radmarathon plant am 17. Juni in Büchel zu sein.Am 3. Juli soll nach aktuellen Planungen der ökumenische Aktionstag stattfinden.Die IPPNW hat ein Camp für den 6.-11. Juli angemeldet.Vom 12.-20. Juli findet die Internationale Woche der GAAA statt.Vom 24.- 27. Juli sind die Quäker in Büchel.Den Abschluss der Aktionspräsenz bildet auch 2021 das öffentliche Fasten des regionalen Initiativkreis gegen Atomwaffen (Versöhnungsbund) am Nagasaki-Gedenktag, dem 9. August Es finden regelmäßig weitere Gerichtsprozesse in Cochem und Koblenz statt.
Corona kann Änderungen bewirken. Schaut deswegen zeitnah in den Terminkalender: https://bit.ly/3treVWE
25 Jahre Proteste gegen Atombomben in der Eifel
Zum 25. Jahrestag der Proteste in Büchel plant die Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt eine Ausstellung, die ab Juni der Friedensbewegung auch überregional zur Verfügung gestellt werden soll.
Hier ein kleiner Einblick in die Anfangsgeschichte der Anti-Atomwaffen-Bewegung in Büchel:
„Vor 25 Jahren, am 16. Juni 1996, fand unsere erste Protestaktion am Atomwaffen-Stützpunkt Büchel statt:
Rund 80 Mitglieder der Atomteststopp-Kampagne führten eine gewaltfreie Sitzblockade am Haupttor des Fliegerhorstes Büchel durch und zogen von dort in einer Demonstration zum 2,5 KIlometer entfernten Atombomben-Außendepot.
Das einzige Tor dieses Depots wurde mit einer mitgebrachten schweren Eisenkette verschlossen („Schließung eines Atomwaffenlagers“). Hier schritten weder Polizei noch Bundeswehr oder Wachschutz ein. Der Schlüssel, mit dem das Tor verschlossen wurde, wurde am nächsten Tag dem Bürgermeister von Büchel auf einem roten Samtkissen überreicht. Mitaufrufer dieser Aktionen war der noch junge bundesweite Trägerkreis (1994) Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!“
Höhepunkt Menschenkette – „Save the date!“
Für Sonntag, den 5. September, ist eine Menschenkette geplant: Über 3,5 Kilometer soll die Kette vom Ortskern Büchel auf dem Fahrradweg entlang der Bundesstraße bis hin zum Haupttor des Atomwaffen-Fliegerhorstes Büchel, gehen. Dieser Menschenketten-Termin liegt drei Wochen vor der geplanten Bundestagswahl am 26. September, auf die wir Druck ausüben wollen.
Bitte meldet Euch bei Interesse an per E-Mail: info@atomwaffenfrei.jetzt
Marion Küpker ist Sprecherin der „Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“, Internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen sowie Friedensreferentin zu Atomwaffen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbunds.