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international

26. November 2022

Prisoners for Peace

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

Gefangenenliste der War Resisters´International zum 1. Dezember

Von Gernot Lennert

Solidarität mit den Gefangenen für den Frieden: Zum Internationalen Tag der Gefangenen für den Frieden am 1. Dezember bittet die WRI um Solidarität mit Menschen, die weltweit wegen ihrer KDV oder ihres Engagements für Frieden inhaftiert sind. Ihre Namen und Gefängnisadressen werden in der Liste der Gefangenen für den Frieden veröffentlicht. 

Die WRI ruft dazu auf, den Gefangenen Kartengrüße als Zeichen der Solidarität und der Ermutigung in die Haft zu schicken. Selbst wenn die Karten die Gefangenen nicht erreichen sollten, machen sie deutlich, dass diese nicht vergessen sind, was sich auf die Haftbedingungen günstig auswirken kann.

Die Liste enthält die Adressen von Gefangenen stellvertretend für viele andere, deren Adresse unbekannt ist oder die keine Publizität wünschen. 

In Ländern wie Süd-Korea, Singapur, Turkmenistan und Tadschikistan waren in den letzten Jahren ständig KDVer im Gefängnis, die meisten von ihnen Zeugen Jehovas. Besonders katastrophal ist die Menschenrechtslage in Eritrea. Dort werden Männer und Frauen zu einem zeitlich unbegrenzten Nationaldienst gezwungen, teils Militär-, teils Arbeitsdienst unter härtesten Bedingungen. In Kamerun werden Menschen, die sich gewaltfrei für Menschenrechte und Autonomierechte des englischsprachigen Landesteils einsetzen, inhaftiert. 

Die nächste Liste der Gefangenen für den Frieden wird zum 1. Dezember veröffentlicht werden: www.wri-irg.org

Veranstaltungen zum Tag der Gefangenen für den Frieden

Berlin: 30. November, 19 Uhr, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4. Mit Franz Nadler (Connection e.V.): „Sand im Getriebe“ des Krieges. Widerstand gegen die Rekrutierung für den Ukraine-Krieg und Solidaritätsarbeit für KDVer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine; Wolfram Beyer (IDK): Antimilitaristische Arbeit unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges; Gernot Lennert (DFG-VK Hessen): Reaktivierung von Kriegs- und Zwangsdiensten. www.idk-info.net

Offenburg: 4. Dezember, 16 Uhr, Uhlandstraße 5. Jährliches Treffen zum Schreiben der Grußkarten an die Gefangenen für den Frieden – als gemütliches Treffen mit Kaffee, Tee und Friedensmusik. Anmeldung bitte bis zum 2. Dezember bei der DFG-VK Mittelbaden: mittelbaden@dfg-vk.de

Zornheim bei Mainz: 9. Dezember, 19 Uhr. HerrBerts Kulturscheune, Untergasse 10. Die DFG-VK lädt ein zum gemeinsamen Schreiben der Karten an die Gefangenen für den Frieden mit Live-Musik von Strohfeuer Express, Bilder-Schau, Speis´ und Trank. www.dfg-vk-mainz.de

Die Karten an die Gefangenen können sowohl gemeinsam und öffentlich als auch privat geschrieben werden

Gernot Lennert (DFG-VK Hessen)

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, Prisoners for Peace, war resisters international

26. November 2022

Global betrachtet

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

Notwendig: Solidarität weltweit für Kriegsdienstverweigerer

Von David Scheuing

#ObjectWar: Kriegsdienstverweigerung und Desertion politisch relevant wie seit Jahren nicht

Die Notwendigkeit der Stunde macht die Arbeit der Kolleg*innen von Connection e.V. so wichtig und auch so politisch bekannt wie schon seit Jahren nicht mehr. Viele von uns bekommen die Newsletter und die „KDV im Krieg“ – dennoch sei auf die aktuelle Kampagne (#ObjectWar) zur Unterstützung des Rechts auf Asyl aller KDVer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine hingewiesen. Connection e.V., die WRI, der Internationale Versöhnungsbund und das Europäische Büro für KDV haben diese Kampagne gemeinsam ins Leben gerufen und bitten um Unterschriften. Hier sind mehr Informationen und der Link zur Petition: https://bit.ly/3sDTnqI

In der WRI sind aber in den letzten Monaten auch eine Reihe weiterer Fälle von KDV sichtbar geworden, die dringlicher Aufmerksamkeit bedürfen.

Aserbaidschan: Weiterhin Verfolgung, trotz Entscheidung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Situation von KDVern in Aserbaidschan war schon mehrfach Thema in dieser Kolumne. Sie hat sich auch nicht merklich verbessert oder wesentlich verändert – auch in diesem Juli und September wurden wieder Menschen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas keinen Kriegsdienst leisten wollen, verurteilt bzw. verhaftet. Diese Situation besteht unverändert fort, obwohl der Staat auch schon vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden ist. Das grundlegende Problem, das sich in Aserbaidschan als institutionelle Selbstblockade zeigt, ist eine äußerliche Bereitschaft zur Einführung zumindest eines Ersatzdienstes, bei gleichzeitiger Untätigkeit – so geben die Mitarbeiter*innen der Rekrutierungsbehörde gegenüber der Organisation Article18 zu, dass sie nicht anders „könnten“, da es keinen Ersatzdienst gebe und der Einberufung unbedingt Folge zu leisten sei. Mehr zur Situation von Seymur Mammadov und Royal Karimov auf den Seiten der WRI: https://bit.ly/3zjGS7P

Südkorea: Alternativdienst ist keine Alternative. Dass die schiere Existenz eines Ersatzdienstes noch keine Garantie einer wirklichen Alternative ist, ist sicherlich für deutsche Verweigerer aus den 1960er und 1970er Jahren keine neue Erkenntnis. Auch im Fall des 2020 neu eingeführten Ersatzdienstes in Südkorea zeigt sich nun eine fundamentale Ungleichbehandlung: Der Dienst kann nur als dreijähriger (!) Ersatzdienst (gegenüber 18 Monaten Kriegsdienst) in Gefängnissen oder anderen Strafeinrichtungen abgeleistet werden. Dass dieser „Strafdienst“ primär dem Ziel der Abschreckung dient, ist offensichtlich. Nun steht seit August mit Hye-min Kim der erste Totalverweigerer im neuen System vor Gericht. Unter anderem Amnesty International setzt sich in diesem Fall aktiv für eine Veränderung der rechtlichen Grundlage und den Freispruch: https://bit.ly/3ziy5mw

Griechenland: Ein Erfolg bietet einen düsteren Einblick. Zu Beginn des Jahres hatte ein KDVer in Griechenland unter der dortigen Transparenzgesetzgebung auf Offenlegung der Verweigerungsanerkennungszahlen aus dem letzten Jahrzehnt gepocht – und bekam die Daten offengelegt. Ein wahrer Erfolg. Doch die Erkenntnisse aus den Daten sind erschreckend: So wurden 2021 alle 12 Anträge auf KDV, die nichtreligiöse Gründe anführten, abgelehnt. Auch alle Anfechtungen der Ablehnungen wurden erneut abgelehnt. Noch 2018 waren 14 von 15 Anträgen bewilligt worden – ein rasanter Niedergang der Anerkennungsquote. Durch die Daten lässt sich auch sehen, dass eine Anfechtung in nur zwei Fällen im letzten Jahrzehnt überhaupt erfolgreich war, also keine effektive Abhilfe schaffte.. Die Daten bestätigen, was derzeit vor dem Obersten Gerichtshof noch als Fall anhängig ist: dass die Behörden, die diese Fälle begutachten nicht unabhängig und unparteiisch entscheiden und dass Unterschiede zwischen Verweigerern gemacht wird, je nach Art ihrer Verweigerungsgründe. Die WRI und weitere Organisationen planen, diese Verschlechterung der Situation von Verweigerern gegenüber den relevanten Menschenrechtsorganen anzuzeigen. Mehr dazu: https://bit.ly/3f7YWdY

USA: „Draft“ auch 2022 noch nicht vom Tisch. In den letzten fünf Jahren war das Thema der Einberufung („Draft“) Gegenstand einer Reihe von Anhörungen, Petitionen und Gesetzesvorlagen im US-amerikanischen Kongress. Doch auch bislang gab es noch keine Entscheidung, wie mit dem derzeitigen System der männlichen Zwangsrekrutierung umgegangen werde soll. Obwohl Beobachter*innen davon ausgegangen waren, dass die Frage bis nach den Midterm Elections vertagt werde würde, wurde nun hinter verschlossenen Türen an eine damit anderweitig gänzlich unzusammenhängende Haushaltsvorlage auch eine Ausweitung des Einberufungssystems auch auf Frauen angehängt. Es bleibt spannend, besteht doch auch immer noch die Chance, dass die Zwangsrekrutierung wieder abgeschafft wird. Wie immer finden sich die präzisen Informationen zum aktuellen Stand bei Edward Hasbrouck: https://bit.ly/3TXWlC5

Ganz kurz notiert:

Die Jubiläumsausgabe zu 100 Jahre WRI in der Zeitschrift „Das Zerbrochene Gewehr“ Nr. 115 mit sieben Beiträgen zur Geschichte der WRI und seiner Teilnetzwerke liegt vor. Darin besonders lesenswert: Die Statements ehemaliger Mitarbeiter*innen und die Geschichte der „WRI Women Working Group“. https://bit.ly/3N7Jlrv

Ein lesenswerter Aufsatz aus dem transnational institute (tni) mit dem Titel „Halte ein – Weshalb dem Militarismus für den Frieden abgeschworen werden muss“. Die Autorin fasst viele gute Argumente zusammen und betont erneut, dass auch militärische Neutralität nicht mit Schwäche oder Passivität verwechselt werden darf: Zu oft haben eben solche nichtalliierten Kräfte in der Vergangenheit maßgebliche Rollen in der Aushandlung und Eröffnung von Friedensverhandlungen ermöglicht. Hier der ganze Text: https://bit.ly/3W0HOHX

David Scheuing war bis zum DFG-VK-Bundeskongress im Mai 2022 der Vertreter der DFG-VK bei der War Resisters´ International (WRI), dem internationalen Dachverband der DFG-VK mit Sektionen in weltweit 45 Ländern, gewählt. An dieser Stelle berichtet er noch bis zum Jahresende aus der WRI, um den LeserInnen das globale Engagement von KriegsgegnerInnen sichtbar zu machen. Das sind keine tieferen Analysen, sondern kleine kursorische Überblicke und Nachrichten; es geht dabei nicht um Vollständigkeit, vielmehr um Illustration. Der Autor ist per E-Mail erreichbar unter scheuing@dfg-vk.de

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, war resisters international

26. November 2022

Das ist „Nicht unser Krieg“

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

(Verspätete) 100. Geburtstagsfeier der War Resisters´International

Von Stephan Brües

Es war ein langer Weg, aber am 10. September fand in Utrecht, und damit nicht weit entfernt vom Gründungsort der War Resisters´ International (WRI), Bilthoven, eine Veranstaltung anlässlich des 100. (nun sogar des 101.) Geburtstags der WRI statt: Kriegsgegner*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine sagen: Nicht unser Krieg. 

Vorgeschichte. Das Jahr 2021 als hundertster Jahrestag der WRI und wie man diesen im Land der Gründung, also in den Niederlanden, begehen könnte – das schwirrte schon lange und während vieler WRI-Ratstagungen durch manche Köpfe. Allerdings war schon damals klar, dass die Friedensbewegung in den Niederlanden aktuell zu klein ist, um etwas Größeres, ein zwei- bis dreitägiges Festival, ohne die Hilfe der Nachbarländer auf die Beine zu stellen. 

Nach der Konferenz in Bogota 2019 kamen einige Aktive aus den Niederlanden, Deutschland und Belgien zusammen, und auch WRI-Mitarbeiter*innen und die damalige WRI-Vorsitzende Christine Schweitzer fuhren nach Holland, um zu eruieren, inwieweit ein solches Event im Jahre 2021 durchgeführt werden könnte. Die Skepsis überwog. 

Dennoch fand sich eine Gruppe, an der von deutscher Seite neben Stephan Brües zunächst auch Kai-Uwe Dosch für das geplante Themenfeld Friedensbildung und David Scheuing für das Themenfeld Migration aktiv beteiligt waren. Erst war Mai/Juni, dann September 2021 als Termin vorgesehen. Schließlich wurde beschlossen, das Event genau ein Jahr später auf den 9. bis 11. September 2022 zu terminieren. Utrecht als größte Stadt in der Nähe des Gründungsorts stand fest. So sollte dort ein Kern von Personen aus der Friedens-, No-Border-, Anti-Atom- und Klimabewegung entstehen, die in Workshops Aktivitäten an der Schnittstelle dieser Themen ausloten sollten. Zugleich aber sollten gewaltfreie Widerstände in Ländern wie Kolumbien, Westpapua (ehemals holländische Kolonie) ebenso angesprochen werden wie Rückblicke auf WRI-Gründer*innen und Aktive wie Bart de Ligt oder Helene Stöcker. 

Über 30 Workshops wurden geplant, und es gab Zusagen von vielen DFG-VK-Aktiven: von Kai-Uwe Dosch zu Friedensbildung (zusammen mit anderen Referent*innen), Jürgen Grässlin (Rüstungsexporte), Michael Schulze von Glaßer (Bundeswehr-Werbung), Amab (Ad-Busting), Dieter Riebe (Friedenslogik), Guido Grünewald (Helene Stöcker), Gernot Lennert (Kriegsdienstverweigerung bzw. Wehrpflicht-Renaissance) und Stephan Brües (Sicherheit neu denken). Es war inhaltlich ein herausragendes Programm. Und in dieser Festivalversion waren genau die Personen aus Russland, Belarus und der Ukraine als ein Fokus eingeplant.

Aber dies alles brauchte Geld. Und das mit dem Fundraising hat leider gar nicht funktioniert. Punkt. Das Geld reichte für einen eintägigen Event, der den Schwerpunkt auf die aktuelle Situation in der Ukraine und Umgebung legen und den Kriegsgegner*innen ein Forum bieten sollte.

So wurde aus „Future Without War“, wie es hier in der ZivilCourage oder auch im Mai auf dem DFG-VK-Bundeskongress in Duisburg noch angekündigt wurde: „Not Our War“. 

Hochkarätige Aktivist*innen wie Yurii Sheliazhenko (Pazifistische Bewegung der Ukraine), Olga Karatch (Nash Dom, Unser Haus, Belarus, exiliert in Litauen) und Alex Belik (Bewegung der KDVer in Russland, im Exil in Estland) sowie Rudi Friedrich (Connection e.V.), Mark Akkerman (Stop Wapenhandel) und Christine Schweitzer (Bund für Soziale Verteidigung – BSV) betrachteten den Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine, in Russland und Belarus, die Solidaritätsarbeit für diesen Widerstand, die Kriegsprofiteure und die Alternativen zum Krieg.

Präsentationen der Kriegsgegner*innen aus dem Osten Europas 

Yurii Sheliazhenko machte klar, dass der Krieg sofort beendet werden müsse, und verwies darauf, dass die ohnehin schon rudimentäre Gesetzgebung zum Recht auf KDV inzwischen ausgesetzt wurde. Ukrainer dürfen damit nicht nur nicht das Land verlassen, sondern sie dürfen auch nicht den Kriegsdienst verweigern. In einem Gedicht hielt er der lächerlichen Kriegspropaganda auf allen Seiten des Kriegsgeschehens den Spiegel vor. 

Olga Karatch aus Vilnius kommt von der Organisation Nash Dom (Unser Haus), einer Bürgerrechtsbewegung, die der BSV bereits seit 2005 unterstützt. Sie hat direkt nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine einen Aufruf in den sozialen Medien gestartet und die jungen Belarussen aufgerufen, Einberufungsbescheiden keine Folge zu leisten und stattdessen zu fliehen oder unterzutauchen. Das Video wurde hunderttausendfach gelikt oder weitergeleitet. Von den 42 000 jungen Männern, die im Frühjahr eine Einberufungsankündigung erhalten hatten, haben sich 20 000 einer Einberufung verweigert und sind geflohen. Der Aufruf wurde im Juni u.a. auf Tiktok wiederholt und erhielt 500 000 Klicks. Die jungen Menschen flohen nach Georgien und die Türkei, wenige auch nach Polen und Litauen. Die Behörden dort sind eher zurückhaltend mit der Aufnahme, während Unternehmen in diesen Ländern bereit waren, diesen jungen Männern Arbeit zu geben. 

Olga Karatch fordert von den EU-Mitgliedsländern, dass sie einen humanitären Korridor für KDVer aus Belarus und Russland sowie der Ukraine schaffen und allen Schutz gewähren. 

Alex Belik von der KDV-Bewegung Russlands sprach davon, dass 100 000 junge Russen nach Georgien und die Türkei geflohen sind; bei vielen von ihnen spielte eine mögliche Einberufung ins Militär eine Rolle. Er berät als Anwalt viele KDVer und arbeitet mit der finnischen KDV-Bewegung zusammen. Der Forderung von Olga Karatch schließt er sich uneingeschränkt an.

Rudi Friedrich von Connection e.V. hat die Solidaritätsarbeit der Friedensbewegung in Deutschland vorgestellt und auf die unzulängliche Aufnahmeprozedur von KDVern, Deserteuren und Wehrpflichtentziehern hingewiesen. Aktuell gibt es eine Petition an EU-Kommission und -Parlament, die eine Aufnahme von KDVern aus Russland und Belarus und die Wiedereinsetzung des KDV-Rechts in der Ukraine fordert. 

Mark Akkerman hat über die Profiteure des Ukrainekrieges aus der Rüstungsindustrie gesprochen. Dort knallen die Sektkorken, weil die Ukraine in riesigem Umfang mit Waffen beliefert wird und fast alle Staaten weltweit massiv aufrüsten.

Christine Schweitzer beschrieb die Alternativen zum Krieg – die Soziale Verteidigung und das Konzept des unbewaffneten zivilen Schutzes.

Nach dem gemeinsamen Abendessen und einer Einführung in ein friedenspolitisches Spiel von Nina Koevoets von Peace.Power.org gab es Workshops der osteuropäischen Gäste, in denen die 30 bis 40 Teilnehmenden im Kulturzentrum Kargadoor Fragen stellen und diskutieren konnten. 

Fazit

Es ist letztlich nach einem weiten Weg ein klasse Programm für die Bewohner*innen der wunderschönen Stadt Utrecht auf die Beine gestellt worden. Weniger gut gelungen ist die Technik, sodass die Außenwelt von diesem inhaltlich wichtigen Ereignis wenig mitbekommen hat. 

Auf der Website wri100.nl sollen die Präsentationen, ein paar Videos und Fotos eingestellt werden und der BSV plant eine Doku mit allen Präsentationen in der BSV-Publikationsreihe „Hintergrund- und Dokumentationspapiere“ (HuD). Die Antimilitaristische Aktion Berlin in der DFG-VK (Amab) hat auf ihrem Blog auch einen Bericht dazu verfasst: https://bit.ly/3N3ompH

Stephan Brües ist Vertreter der DFG-VK beim Bund für Soziale Verteidigung und seit Jahren dessen Ko-Vorsitzender.

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, war resisters international

19. Dezember 2021

Mehr im Hintergrund, aber solide und gut

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2021

Kriegsdienstverweigerung

European Bureau for Conscientious Objection (Ebco) – Europäisches Büro für KDV

Von Guido Grünewald

„Was macht eigentlich das Ebco?“, fragte unser politischer Geschäftsführer, Michi Schulze von Glaßer, vor einigen Wochen in einem Telefongespräch. Eine kurze Antwort könnte lauten: Ebco leistet mit geringen Ressourcen eine gute, solide Arbeit. 

Juristisch eine Körperschaft nach belgischem Recht mit Sitz in Brüssel, was die Erfüllung komplizierter Regularien erfordert, ist Ebco in der Praxis ein Netzwerk von 30 bis 40 Individuen, die größtenteils Mitglied in pazifistischen Organisationen sind und diese teilweise offiziell repräsentieren. Ebco hat kein festes Büro, sondern nur eine Postadresse im Brüsseler Maison de la Paix und keine bezahlten Mitarbeiter:innen; die gesamte Arbeit erfolgt ehrenamtlich mit einem lächerlich geringen Jahresetat von knapp 4 000 Euro. 

Jeweils im Frühjahr und Herbst treffen wir persönlich zusammen, ansonsten kommunizieren wir per E-Mail. Nach mehrmaligen coronabedingt digitalen Zusammenkünften konnten wir Anfang Oktober erstmals wieder ein Präsenztreffen in Brüssel abhalten, bei dem allerdings nur ein kleiner Teilnehmer:innenkreis anwesend war; andere Aktive waren digital zugeschaltet. Wir haben unser Zusammentreffen zu einer Unterstützungsaktion für Ruslan Kozaba vor der Mission der Ukraine bei der Europäischen Union genutzt. 

Während Ebco-Mitgliedsorganisationen häufiger auf der Straße aktiv werden, erfolgt die Arbeit des Büros selbst hauptsächlich im Hintergrund: Recherche und Erstellung des jährlichen Berichts zur Lage der Kriegsdienstverweigerung (KDV) in Europa; Erklärungen zur Unterstützung einzelner Kriegsdienstverweigerer (KDV-er) oder von KDV-Organisationen sowie Unterstützung von Asylanträgen; Lobbyarbeit im Europäischen Jugendforum, in dem Ebco Mitglied ist, im EU-Parlament, beim Europarat und den Menschenrechtsinstitutionen der Vereinten Nationen. 

Dies erfolgt häufig in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Versöhnungsbund (IFOR), der War Resisters‘ International (WRI) und dem Quaker-Büro bei den Vereinten Nationen (QUNO), die alle Mitgliedsorganisationen des Ebco sind; auch mit Amnesty International und Connection e.V. ist die Zusammenarbeit gut. Seit Kurzem hat Ebco außerdem die Befugnis, unter Bezug auf die Europäische Sozialcharta eine Kollektivklage beim Europäischen Ausschuss für Sozialrechte einzureichen. Dies kann eventuell in Bezug auf die Ausgestaltung des Zivildienstes in einzelnen Staaten relevant werden.

Ebco-Aktivitäten im Jahr 2021

Hier einige Ebco-Aktivitäten des laufenden Jahres: internationale Solidaritätserklärung zugunsten israelischer KDVer; diverse Statements und Aktionen zur Unterstützung Ruslan Kozabas; Veröffentlichung des Berichts Conscientious Objection to Military Service in Europe 2020 (https://bit.ly/3CUaVCD); Eingabe beim UN-Menschenrechtsrat gemeinsam mit der Vereinigung griechischer KDV-er anlässlich des Universal Periodic Review zu Griechenland; Erklärung, dass Finnland den Empfehlungen des UN-Menschenrechtsausschusses folgen sollte; Erklärung zur Unterstützung türkischer KDVer am 15. Mai, dem internationalen Tag der KDV; gemeinsame NGO-Erklärung zugunsten des griechischen Verweigerers Charis Vasileou; Erklärung zum Internationalen Friedenstag (21. September), in der auf die Bedeutung der KDV hingewiesen wird.

Im Zentrum der Diskussionen standen im laufenden Jahr die schwierige Situation der KDVer in Griechenland, der Türkei und in der Ukraine. Die ersten beiden Staaten sind leider „Dauerbrenner“, in denen sich nur kleine (Griechenland) oder gar keine Fortschritte abzeichnen. Der Verein für KDV (Vicdani Ret Derneği) in Istanbul hat eine ausführliche Darstellung der schlimmen Lage der KDVer in der Türkei in englischer Sprache veröffentlicht, auch mit einigen Fallbeispielen. Die zusammenfassende Einleitung mit konkreten Empfehlungen an die türkischen Behörden und internationale Menschenrechtsgremien hat Rudi Friedrich von Connection e.V. dankenswerter Weise ins Deutsche übersetzt (https://bit.ly/3kaJbSK; Gesamtstudie in Englisch unter https://bit.ly/3nZfsxr). 

In der Ukraine wurde kürzlich neun protestantischen KDVern die Anerkennung verweigert; im Juli wurde ein Gesetz verabschiedet, das einen patriotischen Unterricht für alle Schüler:innen (Alter: 6-18) sowie eine vormilitärische Ausbildung in den beiden letzten Schuljahren (Alter: 16-18) obligatorisch vorschreibt. 

Sorgen bereitet auch die Entwicklung in beiden Teilen Zyperns, wo die vor einigen Jahren begonnene Initiative für ein KDV-Gesetz folgenlos verpufft ist und durch die Verknüpfung der Datenbanken von Polizei und Militär nun alle, die ihrer Pflicht zu Reserveübungen nicht nachgekommen sind, leichter identifiziert und festgehalten werden können. 

Während in der Schweiz ein Frontalangriff auf den Zivildienst abgewehrt wurde, beendete Finnland die den Zeugen Jehovas bisher zugestandene Befreiung von Militär- und Alternativdienst. Der Alternativdienst weist nach wie vor eine unverhältnismäßige Dauer auf , und es gibt Bestrebungen, ihn in ein Gesamtverteidigungskonzept unter dem Label „umfassende Sicherheit“ zu integrieren. 

Kompliziert ist auch die Lage in Russland. Die Organisation „Soldatenmütter“ in St. Petersburg hat die Abteilung, die Informationen über Menschenrechtsverletzungen in der Armee sammelte, geschlossen. Ursache ist eine Liste von 60 Themen, die der Föderale Sicherheitsdienst, der größte inländische Geheimdienst, Ende September veröffentlicht hat. Jede Person und jede Organisation, die diese Themenfelder öffentlich berührt, kann als „ausländischer Agent“ eingestuft werden, was u.a. dazu führt, dass dieses Label auf allen Publikationen erscheinen muss. „Die Zeiten sind in der Tat hart in Russland“, schrieb unsere russische Kontaktperson. Eine internationale Solidaritätserklärung sei nicht hilfreich, im Gegenteil, sie bestätige den russischen Behörden, dass es sich tatsächlich um ausländische Agenten handle. „Das muss von der russischen Bevölkerung beendet werden, und ich hoffe, das geschieht noch zu meinen Lebzeiten.“ 

Unter der agilen Präsidentin Alexia Tsouni von der Vereinigung griechischer KDVer und von Amnesty International, die seit einem Jahr Friedhelm Schneider abgelöst hat, wendet sich Ebco auf diversen Kanälen stärker an die Außenwelt. 

Beispiele sind diverse politische Erklärungen u.a. zum Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags, ein Video mit persönlichen Botschaften (https://bit.ly/3o9zPIu und die aktive Teilnahme am Weltkongress des Internationalen Friedensbüros (https://bit.ly/3qaFobY).

Im Hinblick auf eine Erklärung zum Nakba-Tag, die Alexia Tsouni verfasst hatte und die am 15. Mai ohne vorherige Konsultation veröffentlicht wurde, haben Friedhelm Schneider, die Vertreterin der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) und ich für die DFG-VK Protest eingelegt. Wir haben bemängelt, dass die Erklärung in einer Situation einer aktuellen militärischen Auseinandersetzung keinen Aufruf zur sofortigen Beendigung jeglicher Gewaltanwendung seitens aller Seiten enthielt, einseitig als Unterstützung der Palästinenser (keine Unterscheidung zwischen Zivilbevölkerung, den Regierungen in Palästina und bewaffneten Brigaden) verstanden werden konnte und nicht auf die Perspektive hinwies, dass der Konflikt nur mit diplomatischen und gewaltfreien Mitteln und dem Ende der Besatzung gelöst werden kann. Nach einer langen Diskussion wurde im Digitaltreffen Anfang Juni entschieden, Statements künftig erst nach vorheriger Konsultation in der E-Mail-Gruppe zu verabschieden. Die bereits veröffentlichte Erklärung zum Nakba-Tag wurde auf der Webseite durch eine in unserem Sinne überarbeitete Version ersetzt.

Guido Grünewald ist internationaler Sprecher der DFG-VK, deren Vertreter bei Ebco und dort im Vorstand.

Kategorie: Kriegsdienstverweigerung Stichworte: 202104, international, KDV

27. Mai 2021

KDV in der Türkei

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 2/2021

Kriegsdienstverweigerung

Lebenslange Verfolgung von türkischen Kriegsdienstverweigerern

Von Rudi Friedrich

Arif Hikmet İyidoğan ist inzwischen 60 Jahre alt. 1994 hatte er in der Türkei seine Kriegsdienstverweigerung erklärt. Kurze Zeit später hatte die DFG-VK Nordrhein-Westfalen ihn zu einem Besuch in Deutschland eingeladen, um über die Verfolgung der Verweigerer in der Türkei zu berichten. Inzwischen ist die Türkei der einzige noch verbliebene Mitgliedsstaat des Europarates, der die Kriegsdienstverweigerung nicht anerkennt. 

Und so wird Arif Hikmet İyidoğan nach wie vor als wehrflüchtig angesehen. Bei jeder Kontrolle, auf den Straßen, in Bussen oder wo auch immer wird er festgehalten und dann immer wieder angeklagt. Jedes Mal wird die Geldstrafe erhöht. Außerdem droht ihm eine Haftstrafe.

60 Jahre – und immer noch wehrpflichtig? 

Viele können das gar nicht glauben. Aber in der Tat hat die Türkei in den letzten Jahren selbst 70- oder 80-Jährige zum Militärdienst einberufen. Die für alle Männer geltende Wehrpflicht erlischt erst dann, wenn sie erfüllt ist.

So führt Arif Hikmet İyidoğan ein Leben im Geheimen – eine Situation, die er mit vielen anderen teilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte brandmarkte dies als „zivilen Tod“. Da die Verweigerer ohne Ableistung des Militärdienstes keinen Pass erhalten, können sie keine Wohnung mieten, keinen Führerschein machen, nicht heiraten, keinen legalen Job annehmen. Sie sind nicht sozialversichert und können nicht an Wahlen teilnehmen. Praktisch sind sie ihrer bürgerlichen Rechte beraubt. Mehr als 1 000 haben ihre Kriegsdienstverweigerung in den letzten Jahren öffentlich erklärt, weitere Hunderttausende entziehen sich dem Militärdienst und leben illegal im eigenen Land.

Für das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung

2013 hatten sich in Istanbul Kriegsdienstverweigerer und -verweigerinnen zusammengefunden, um den Verein für Kriegsdienstverweigerung, Vicdani Ret Derneği, zu gründen. Im Herbst letzten Jahres startete Vicdani Ret Derneği eine neue Kampagne, um endlich das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung durchzusetzen. Schon zu lange verweigert sich die Türkei internationalen Resolutionen und Urteilen europäischer Gerichte. Zuletzt hatte das Ministerkomitee des Europarates, das über die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wacht, 2020 von der Türkei gefordert, die Strafverfolgung von Kriegsdienstverweigerern einzustellen, den Betroffenen Entschädigungen zu zahlen und das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen.

Mit der Kampagne möchte Vicdani Ret Derneği die Motive und Anliegen der Verweigerer durch Veröffentlichungen, Videos und Aktionen bekannter und sichtbarer machen. Zudem baut der Verein systematisch ein Beratungsnetz und rechtliche Unterstützung für Kriegsdienstverweigerer auf. In einigen Fällen wurden bereits Beschwerden beim türkischen Verfassungsgericht eingelegt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Dokumentation des „zivilen Todes“. Ergänzt wird dies durch internationale Lobbyarbeit.

Regelmäßige Berichte und Informationen

Alle zwei Monate berichtet Vicdani Ret Derneği im „Bulletin Kriegsdienstverweigerung“ über die Arbeit des Vereins, fasst aktuelle Meldungen von Kriegsdienstverweigerern zusammen und veröffentlicht neue Kriegsdienstverweigerungserklärungen. Das in türkischer Sprache erscheinende Bulletin ist in deutscher Sprache erhältlich unter www.Connection-eV.org/CO_Turkey

Aufgrund der Aktivitäten des Vereins wurden inzwischen mehrere Ermittlungen und Strafverfahren gegen Aktive des Vereins eingeleitet. Angesichts der aktuellen Menschenrechtslage in der Türkei ist es den Aktiven des Vereins wichtig, auf internationale Unterstützung bauen zu können. Eine solch breit angelegte Kampagne kostet auch Geld. Und so bittet Vicdani Ret Derneği um Unterstützung für die Arbeit. Steuerbegünstigte Spenden über www.Connection-eV.org/kdvtuerkei werden von Connection e.V. gerne weitergeleitet. 

Spenden können auch direkt mit dem Stichwort „Kriegsdienstverweigerung Tuerkei“ überwiesen  werden an  IBAN DE48 3702 0500 0007 0857 00

Weitere Informationen unter www.vicdaniret.org, www.Connection-eV.org/CO_Turkey

Rudi Friedrich ist langjähriges Mitglied der DFG-VK und Geschäftsführer von Connection e.V.

Kategorie: Kriegsdienstverweigerung Stichworte: 202102, Connection, international, KDV, Menschenrecht

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„Eine Supermacht Europa verhindern“

17. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

ZC-4-22/1-23-Editorial

16. Januar 2023

Stefan Philipp
Editorial zum Heft 3/2022

Zweifel sind keine Schande

16. Januar 2023

Ernst Rattinger
Leitartikel
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

Warum Pazifismus wichtiger denn je ist

16. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“

27. November 2022

Andreas Zumach
„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung

27. November 2022

Hauke Thoroe
… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

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