![]() | Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 2/2021 |
Kriegsdienstverweigerung
Kommentar zum neuen Rekrutierungsprojekt „Mein Jahr für Deutschland“
Von Dennis Riehle
Und schon wieder ein neuer Freiwilligendienst, der die Möglichkeit für junge Menschen erweitern soll, sich nach Schule oder erster Berufsorientierung einem scheinbar guten Zweck hinzugeben. Die Bundeswehr malt mit ihren professionellen Reklame-Videos das Bild einer sinnvollen und attraktiven Armee.
Das mag den einen oder die andere InteressentIn für solch einen Dienst täuschen und „einlullen“. Denn in Wahrheit handelt es sich weniger um einen Einsatz für den Heimatschutz, sondern vielmehr um eine Hinführung zum Dienst an der Waffe. Der Deutsche Bundeswehr-Verband hat deshalb auch sogleich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem freiwilligen Engagement nicht um ein „THW light“ handelt, das sich allein auf den Bevölkerungsschutz bei Hochwasser oder in der Bewältigung der Corona-Pandemie fokussieren wird. Wer nämlich das will, sinnvoll helfen, der ist wohl in den vielen sozialen Diensten für junge Leute – die um ein Vielfaches schlechter bezahlt werden, dafür aber für einen uneingeschränkten Friedenseinsatz stehen – deutlich besser aufgehoben.
Immer wieder Rekrutierung „auf Umwegen“
Dabei ist es nicht das erste Mal, dass das Militär auf Umwegen versucht, für das Schießmanöver junge Bundesbürger zu rekrutieren. Dabei ist ein Einsatz bei der Bundeswehr weder „cool“ noch „patriotisch“ oder „sinnstiftend“. In einer Welt, in der wir darauf hinarbeiten müssen, kriegerische Konflikte endlich zu reduzieren, ist es kein vernünftiges Zeichen, die Armee durch die Hintertür weiter aufstocken zu wollen.
Wir leben in einem friedlichen Europa, das nicht durch weitere Aufrüstung animiert werden soll, seine stabilen Strukturen ins Wanken zu bringen. Es ist verantwortungslos, Jugendliche einseitig für Verteidigung und militärische Intervention zu begeistern – und sich dabei des Mittels ziviler Verharmlosung zu bedienen. Es muss klar benannt werden, was die jungen Teilnehmer an diesem Freiwilligendienst erwartet – unverblümt, direkt und rigoros.
„Denn Bundeswehr ist kein Spaß“
Denn Bundeswehr ist kein Spaß. Wiederkehrende Ereignisse zeigen uns, welcher Geist in den Reihen der Soldaten herrscht. Nicht selten bricht der Korps die Psyche der kaum aus der Schule entlassenen Jugendlichen, die in Wahrheit überhaupt keine Vorstellung vom rauen Klima in der Truppe haben. Wir müssen aufhören, Freiwilligendienste der Bundeswehr als Ausflüge auf den Abenteuerspielplatz zu beschönigen. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht durch die Hintertür ist falsch und abzulehnen. Das Signal muss eindeutig sein: Im 21. Jahrhundert ist Stolz auf das Vaterland keine Staatsräson mehr. Stattdessen ist das Eintreten der nächsten Generation für einen schrittweisen Rückzug aus Nato und anderen Bündnissen wegweisend und nachhaltig.
Unsere Aufgabe ist, dass viele Jugendliche reflektiert erkennen mögen, dass das Locken mit hohen Verdiensten und sicherer Zukunft nur eine Seite der Medaille ist – die Geißel des Unfriedens prägt die andere Seite. Weniger Rüstungsausgaben, keine europäischen Streitkräfte und ein klares „Nein“ zu Atomwaffen – das mag heute zwar noch langweilig klingen, ist aber der Trend von morgen!
Dennis Riehle ist DFG-VK-Mitglied und lebt in Konstanz.