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ZivilCourage

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Editorial

16. Januar 2023

ZC-4-22/1-23-Editorial

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4-22/1-23

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach 10 Monaten (damit es ausdrücklich gesagt ist: verbrecherischem Angriffs-)Krieg Russlands gegen die Ukraine gibt es wenig Aussicht auf einen Waffenstillstand, von Frieden gar nicht zu reden. Politisch bewegt sich nichts, nur der Strom an westlichen Waffen in die Ukraine wird immer breiter. Und die materielle und ideologische Aufrüstung hierzulande schreitet voran, kritische und besonnene Stimmen sind in der öffentlichen Diskussion fast keine mehr zu vernehmen.

Mit Folgen auch für Friedensbewegung und die DFG-VK: Wenn selbst hochrangige Verbands-Mitglieder öffentlich erklären, sie „persönlich“ seien für Waffenlieferungen an die Ukraine oder sie hätten „noch keine abschließende Meinung zu dieser Frage“, dann scheint durch den Ukraine-Krieg doch einige Verwirrung entstanden zu sein; auch darüber, welche Bedeutung die pazifistische Grundsatzerklärung hat, in der es heißt, man sei wegen des Verbrechens, das jeder Krieg ist, entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen. 

Ich selbst sehe da wenig Interpretationsspielraum und halte diese Grundsatzerklärung der War Resisters´ International, die weltweit das einigende Band der Kriegs(dienst)gegner*innen – oder besser: der Widerständler*innen gegen Krieg – ist, nicht für eine bloß visionäre Zielbeschreibung, sondern für eine Selbstverpflichtung. 

Da besteht also Diskussionsbedarf und Streiten ist angesagt. Aber als gelernter Sozialarbeiter weiß ich: Streiten verbindet. Wenn wir den Rahmen dafür schaffen, dass Streit produktiv wird, dass er von Respekt und Toleranz geprägt ist. Und: Dass Zweifel nicht verboten sind, sondern gerade in der existenziellen Frage von Krieg und Frieden, von Leben und Tod, normal sind und – wie es Ernst Rattinger in seinem Leitartikel ausdrückt – jedenfalls keine Schande. 

Aus diesen Gründen halte ich es auch für richtig, dass die unterschiedlichen Meinungen und Positionen in dieser Zeitschrift Raum bekommen. Das führt zu Ärger bei den „Andersmeinenden“ (siehe z.B. die LeserInnenbriefe auf Seite 40). Die ZivilCourage ist kein „pazifistisches Zentralorgan“, sondern das DFG-VK-Magazin für alle ihre Mitglieder. Und diese sind, wie es in unserem Programm heißt, „unterschiedlicher Weltanschauungen und politischer Auffassungen“. Deshalb sollte bei allem Streit und in jeder Diskussion die Überzeugungskraft der Argumente das entscheidende Kriterium sein. … Weihnachten ist ja die Zeit der Wünsche – und ich wünsche mir das für unsere DFG-VK.

P.S. … apropos Weihnachten: das und der Jahreswechsel kommen immer so überraschend, könnte man scherzhaft sagen. Zwar liegt dieses Heft rechtzeitig digital unterm Weihnachtsbaum, gedruckt aber leider nicht. Die Druckerei rechnet fünf Arbeitstage für die Fertigstellung, die Behindertenwerkstatt braucht einige Tage für die Versandvorbereitung und Posteinlieferung, und die Post, na ja, ist halt oft eine Schneckenpost. Eine Umstellung auf den Digitalbezug ist deswegen eine sinnvolle Sache (siehe Seite 37). Und wer will, kann neben dem gedruckten Heft auch das digitale erhalten; bitte per E-Mail an zivilcourage@dfg-vk.de mit dem Betreff ZC digital eine entsprechende Bemerkung machen.

Kategorie: 2022, 2023, Editorial Stichworte: 202204/202301

25. November 2022

ZC-0322-Editorial

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

je länger der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert, je mehr Menschen dabei sterben, je mehr Waffen „der Westen“ liefert, je massiver die Zerstörungen werden, je größer das Leid der vom Krieg betroffenen Menschen wird, je höher die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen steigt, desto wirrer werden die Diskussionen. Der Begriff Pazifismus scheint zum Schimpfwort zu werden ­– als ob wir Pazifist*innen verantwortlichen seien für den Krieg und dafür, dass er nicht möglichst schnell endet.

Viele von uns fühlen sich um Jahrzehnte zurückversetzt und fragen sich, ob ihr Engagement denn gar nichts bewirkt hätte. Da machen sich verständlicherweise Gefühle von Verzweiflung breit (geschildert von Robert Hülsbusch auf Seite 10). Um so wichtiger ist es, dass Menschen – wie z.B. unser Mitglied Margot Käßmann (Seite 8) – klar und begründet bei ihrer pazifistischen Position bleiben. 

Orientierung geben kann uns auch unsere Grundsatzerklärung, die wir alle – und ich gehe davon aus: wohlüberlegt – bei unserem Beitritt zur DFG-VK unterschrieben haben (und nicht zu vergessen: weltweit viele andere, die Mitglied in ihren Zweigen der War Resisters´ International sind): Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Gemeint ist damit: Der Krieg als solcher. Jeder Krieg. Angriffskriege sowieso. Aber auch Verteidigungskriege. Niemand von uns wird den Ukrainer*innen das Recht bestreiten, sich gegen den russischen Angriff zu verteidigen. Aber eben nicht mit kriegerischen Mitteln, also mit organisierter militärischer Gewalt.

Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen. Ein*e Pazifist*in wird sich deshalb weder zu den internationalen Einheiten der ukrainischen Armee melden noch zur russischen oder irgendwelchen Söldnertruppen. Pazifist*innen werden aber auch kein Geld sammeln, mit dem Waffen für eine der Kriegsparteien gekauft werden soll. Sie treten ein gegen eine Politik, die mit Rüstungsexporten und logistischer und finanzieller Hilfe eine Kriegspartei unterstützt, stärkt, auf- und ausrüstet. Sie lassen sich vom „Kriegsgeheul“ und der Propaganda nicht beeindrucken und widersprechen denen, die den Krieg rechtfertigen. Und sie geben hoffentlich in der Wahlkabine keiner Partei ihre Stimme, die den Krieg und konkret diesen Ukraine-Krieg gutheißt, unterstützt und befeuert.

… und entschlossen, an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten. Eine Kriegsursache ist immer der Krieg selbst. Das Unrecht und das Leid, was der Krieg den Menschen auf beiden Seiten antut, ist seinerseits der Grund für Hass und Feindschaft und trägt den Kern für Revanche, Rache und neuen Krieg in sich. Deshalb ist das Eintreten für ein möglichst schnelles Ende des Verbrechens Krieg neben der Rettung von Menschenleben auch eine Vorbeugungsmaßnahme im pazifistischen Sinne.

Ansonsten lässt sich unter Pazifist*innen sicher lange und immer wieder darüber streiten, was konkret eine Kriegsursache ist und welche vorrangig zu „beseitigen“ ist. Das aber ist im demokratischen Prozess in gegenseitigem Respekt zu klären. Eine der Kriegsursachen sind aber wohl von niemandem bestritten die Feindbilder. 

Dazu passend schrieb dieser Tage der ehemalige Bundesrichter Thomas Fischer in seiner Spiegel-Kolumne: „Die Unterschiede zwischen den Häuptlingen und den Indianern in den einzelnen Gesellschaften sind viel größer als die zwischen den Indianern auf den verschiedenen Seiten.“ Abgesehen von der vielleicht problematischen Verwendung des I-Wortes ist ihm zuzustimmen. 

Kategorie: Editorial Stichworte: 202203

30. Mai 2022

ZC-0122-Editorial

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erhielt ich die E-Mail eines langjährigen DFG-VK-Mitglieds, in der sich beschrieb als „fassungslos, wütend, tief betroffen – der Angriffskrieg gegen die Ukraine lässt mich wie ungezählte andere mit solcherlei Emotionen zurück.“ Ja, so ging es mir zunächst auch, und es fiel mir sehr schwer, diese ZivilCourage zu erstellen.

Aber so wichtig Emotionen sind, unser Handeln und Denken sollten wir nicht allein von ihnen bestimmen lassen, sondern ebenso von unserem Verstand. Meiner sagt mir: Krieg ist furchtbar, grausam und für viele tödlich. Aber das ist leider keine neue Erkenntnis, sondern das gilt für alle Kriege. Deswegen soll ja Krieg nicht sein, deshalb ist für uns der Krieg ein Verbrechen an der Menschheit. Deshalb muss der Ukraine-Krieg so bald wie möglich beendet werden, schnell mindestens ein Waffenstillstand vereinbart werden.

Denn klar ist doch: Mehr Waffen verlängern den Krieg, und noch mehr Menschen verlieren ihr Leben. Waffenlieferungen sind deshalb der falsche Weg und können von uns nicht unterstützt werden. Und klar ist auch: Irgendwann wird der Krieg beendet, indem Russland und die Ukraine miteinander verhandeln und Vereinbarungen treffen. Und schließlich: Dauerhaften Frieden in Europa wird es nur mit Russland geben, jedenfalls nicht gegen es. Deswegen ist eine Verteufelung Russlands oder gar die Ankündigung seiner Ruinierung keine kluge Politik. Und deshalb ist auch das Scholz´sche Gerede von einer Zeitenwende falsch. Seine undiskutierte und einsame Entscheidung, der Ukraine Waffen zu liefern, die Rüstungsausgaben dauerhaft zu erhöhen und ein gigantisches „Sondervermögen Bundeswehr“ aufzulegen, ist in Wahrheit ein Rückfall in den Militarismus vergangener Zeiten.

Das erfordert unseren deutlichen Widerspruch. Aufrüstung ist eine Kriegsursache. Mehr Militär schafft nicht mehr Sicherheit und schon gar keinen Frieden. Im Gegenteil werden damit die Ressourcen, die wir so nötig für die Abwendung der menschheitsbedrohenden Klimakatastrophe benötigen, verschwendet. Der notwendige soziale Frieden und gerechte Ausgleich wird durch Aufrüstung und das Denken in militärischen Schablonen nicht befördert, sondern verhindert.

Der Pazifismus wird es schwerer haben, wenn Freund-Feind-Denken und militärische Stärke propagiert werden. Richtig bleibt aber: Wirklich lösen lassen sich Konflikte nur zivil.

In diesem Sinne grüßt

Kategorie: Editorial Stichworte: 202201

19. Dezember 2021

ZC-0421-Editorial

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2021

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

ein sehr schwieriges Jahr geht zu Ende – die drohende Klimakatastrophe zeigt sich immer deutlicher, der jahrelange Krieg n Afghanistan endete als Desaster, und ein Ende der Corona-Pandemie ist nicht abzusehen.

Nun ist die sog. Ampel im Amt. Dass aber die erste Maßnahme zur Pandemiebekämpfung noch vor der offiziellen Regierungsbildung die Einsetzung eines Krisenstabs unter Leitung eines Generals war, ist ein schlimmes Zeichen, das nichs Gutes erwarten lässt. Das Signal ist doch: Wenn zivile und demokratische – und damit normale –  Mittel schwierig sind, dann hilft nur Militär. Von wegen!

Seit Wochen infizieren sich in der vierten Corona-Welle jeden Tag Zehntausende neu mit Covid-19. Natürlich erkranken diese nicht alle, aber nur Infizierte können das Virus weitergeben und auch Menschen anstecken, die sich nicht impfen lassen können. Und: Ein Teil erkrankt eben doch, und viele Infizierte ergeben dann viele Kranke. Von denen landet dann ein Teil „auf Intensiv“ und muss beatmet werden. Die Hälfte dieser IntensivpatientInnen überlebt das nicht, zurzeit sind das jeden Tag Hunderte. Dagegen hilft die Impfung. Kann man diese vernünftigerweise ablehnen, gar bekämpfen? 

Vielleicht bin ich als jemand mit einer chronischen schweren Erkrankung in dieser Frage besonders sensibel und vorsichtig. Gegen das weitere Fortschreiten der Multiplen Sklerose muss ich jeden Tag ein Medikament nehmen, das gleichzeitig meine Immunabwehr herabsetzt. Ich sollte also möglichst nicht auch noch an Corona erkranken. Deshalb bin ich – selbstverständlich – bereits zweimal geimpft und werde mich auch „boostern“ lassen. Ich schütze mich also selbst, bin aber auch darauf angewiesen, dass sich andere durchs Impfen selbst und damit gleichzeitig mich schützen.

Nun bin ich aber auch Pazifist und Kriegsdienstverweigerer und damit besonders sensibel, was staatliche Maßnahmen, Eingriffe, Verpflichtungen angeht. Selbstverständlich bin ich gegen die Wehrpflicht. Diese ist eigentlich keine Pflicht, sondern ein Kriegsdienstzwang, der mit der hier massivsten möglichen Sanktion durchgesetzt wurde (und potenziell wieder wird). Als jemand, der wegen seiner KDV monatelang im Gefängnis saß, weiß ich, wovon ich spreche. 

Der Zwang, sich am Verbrechen Krieg zu beteiligen, sich zum Morden ausbilden zu lassen und/oder das eigene Leben opfern zu müssen, ist staatlich verordnetes Unrecht, das unbedingt abzulehnen ist. Von den Menschen- und Grundrechten her gedacht sehe ich die Ablehnung dieses Zwangs zum Kriegs- oder Ersatzdienst als durch die Gewissensfreiheit geschützt und gerechtfertigt.

Wie ist das aber mit der nun diskutierten Impfpflicht? Die Freiheit des/der Einzelnen und sein/ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit stehen rechtlich unter einem Gesetzesvorbehalt und gelten nur, soweit die Rechte anderer nicht verletzt werden. Einschränkende gesetzliche Maßnahmen müssen also verhältnismäßig sein, einen legitimen Zweck haben und effizient sein. Daran und im Blick darauf, wie chaotisch staatliches Handeln bei der Pandemiebekämpfung seit fast zwei Jahren immer wieder auch war, kann man berechtigt zweifeln – und sollte für vernünftige Regelungen streiten. Für ein originäres Thema der Friedensbewegung halte ich das aber nicht. Denn eine „Corona-Diktatur“ wäre die Bundesrepublik durch eine Impfpflicht sicher nicht, zumal die Sanktionen denen entsprechen, die drohen, wenn man bei „Rot“ über die Straße geht.So hoffe ich – trotz alledem – für uns alle auf ein gutes, friedliches und aktives Jahr 2022.

Kategorie: Editorial Stichworte: 202104

30. August 2021

ZC-0321-Editorial

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

ein Sommer mit schlimmen Nachrichten geht zu Ende: Erdbeben in Haiti. Hitzerekord mit 49,6 Grad Celsius in Kanada. Verheerende Waldbrände rund ums Mittelmeer. Hitzewelle in Sibirien. Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Von einem startenden Flugzeug in den Tod fallende Flüchtlinge über Kabul. Millionen Menschen in Afghanistan in Angst und Sorge vor der Taliban-Herrschaft. Beginnende vierte Welle der Corona-Pandemie. Und zusätzlich die – wie ich finde ­– schlimmste Information von allen (und dabei eine alte und beständige und keine neue dieses Sommers): Laut Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, stirbt alle 10 Sekunden ein Kind unter 5 Jahren an den Folgen von Hunger.

Zu diesem gesamten Chaos zwei kurze Bemerkungen aus pazifistisch-antimilitaristischer Sicht:

Der Klimawandel ist nicht mehr zu übersehen, und niemand kann ihn ernsthaft leugnen. Auch nicht, dass er menschengemacht ist und sich in Richtung einer Katastrophe entwickelt. Zwar kann uns die Wissenschaft Folgen und Szenarien aufzeigen, was das für die Welt und uns als Menschheit bedeutet. Aber richtig verstanden haben das wahrscheinlich die Wenigsten von uns, dass sich unser Leben gravierend ändern wird – bzw. dass wir es gravierend ändern müssen, um die Katastrophe wenigstens abzumildern.

Als DFG-VK-Mitglieder haben wir uns verpflichtet, an der Beseitung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten. Der Klimawandel wird zu Kriegen führen. Das zu begreifen, programmatisch zu durchdenken, Antworten und Strategien zu formulieren, aktionsmäßig und bündnispolitisch umzusetzen – das ist die Zukunftsaufgabe für die DFG-VK.

Wir lernen neue Begriffe: „Ortskräfte“, die aber UnterstützerInnen, MitarbeiterInnen, bezahltes Personal der faktischen Besatzungsarmeen der Nato in Afghanistan waren. Wie die deutsche Regierung mit ihnen umgeht, lässt nur das Urteil zu: schäbig! Glaubt ihr kein Wort, wenn sie von Werten spricht. Sie hat Interessen – und für deren Um- und Durchsetzung geht sie durch Tun und Unterlassen planvoll oder fahrlässig über Leichen.Eine positive Erkenntnis gibt es aus Afghanistan: Eine Armee kann sich von heute auf morgen auflösen. Soldaten kämpfen nur dann, wenn sie wenigstens ansatzweise einen Sinn darin erkennen. Die afghanischen haben keinen gesehen und die der Bundeswehr zweifeln immer mehr. Die Bundesregierung betreibt mit ihrer Politik „Wehrkraftzersetzung“ im besten Sinne.

Kategorie: Editorial Stichworte: 202103

24. Mai 2021

ZC-0221-Editorial

Dieser Beitrag ist erschienen in der Ausgabe 2/2021.

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

liegt es an Einschränkungen der Pandemie und den Ausgangsverboten, dass viele zwangsweise mehr Zeit haben – und die ZivilCourageintensiver lesen und dann einen LeserInnenbrief schreiben? Das wäre dann ein positiver Nebeneffekt von Corona. Denn so viele Zuschriften wie dieses Mal gab es noch nie. 

Um die Mühe des Schreibens wertzuschätzen, sind alle Zuschriften am Ende des Hefts veröffentlicht, weitgehend ungekürzt auf acht Seiten. Der Clou, übrigens: Ein „Leserbrief“ kam als handgeschriebene Postkarte – ein sehr seltenes Ereignis in Zeiten fast ausschließlich elektronischer Kommunikation. Dabei vorbildlich: Als kurze und auf den Punkt gebrachte Meinungsäußerung eigentlich ausreichend. Jemand schlug sogar schon – allerdings eher scherzhaft – vor, in Zukunft Zuschriften überhaupt nur noch als Postkarte entgegenzunehmen. Wer sich ausführlich mit einem zuvor erschienenen Beitrag auseinandersetzen will, Begründungen zerpflücken, die eigene Argumentation entwickeln – gerne, aber dann bitte nach Absprache mit einem eigenen Artikel.

Auslöser für die Mehrheit der LeserInnenbriefe war übrigens der im letzten Heft erschienene Beitrag, der sich kritisch mit dem Martin Niemöller, dem früheren zunächst Präsidenten und dann Ehrenpräsidenten der DFG-VK, auseinandergesetzt hatte. Durch die nun entstandene Diskussion sehe ich mich bestärkt darin, dass es richtig war, den kritischen Niemöller-Beitrag zu veröffentlichen. Ich halte es für eine Stärke unseres Verbandes, streit- und diskussionsfähig zu sein. Das ist zwar sicher noch an manchen Stellen ausbaufähig. Aber unsere friedenspolitischen Strategien und Taktiken werden im Ergebnis dann sicher besser sein, wenn sie breit und auch streitig diskutiert wurden.

Anlass für innerverbandlichen Streit könnten zwei Artikel in diesem Heft bieten: Detlef Mielke kritisiert in seinem Artikel die von ihm konstatierte zunehmende „Verhauptamtlichung“ der DFG-VK. Wohin sich unser Verband entwickelt, das ist schon eine sehr grundsätzliche Frage, die eine gründliche Diskussion wert ist.

Da gehts ums Geld – und auch dabei: Im Blick auf den für Ende Oktober geplanten Bundeskongress plädieren in einem gemeinsamen Artikel der Bundeskassierer und der politische Geschäftsführer für einen Beschluss zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge.

Ein Thema, das eigentlich weitgehend erledigt erschien, ist überraschend wieder eines geworden: die Kriegsdienstverweigerung. Vor einiger Zeit hatten wir ein Interview mit Hannah Brinkmann veröffentlicht, deren Onkel Hermann sich 1974 das Leben genommen hatte, nachdem er nicht als KDVer staatlich anerkannt worden war. Darüber hatte sie das illustrierte Buch „Gegen mein Gewissen“ veröffentlicht. In der letzten Ausgabe hatte Werner Glenewinkel darauf mit einem Brief an Hannah Brinkmann reagiert und u.a. geschrieben: Der Ablehnungsbescheid gegen Hermann Brinkmann „versetzt mich fast automatisch in meine eigene KDV-Geschichte“. So ähnlich scheint es vielen zu gehen. Das ist in einer Organisation, in der wohl über die Hälfte im Zusammenhang mit der eigenen KDV Mitglied geworden ist, kein Zufall. Für den Austausch darüber wollen wir Räume schaffen. Hier in der ZivilCourage, bei einer Online-Veranstaltung am 16, Mai (siehe Seite 16) und mit dem Hinweis auf das von unserem Mitglied Michael Schmid angestoßene Projekt: „Kriegsdienstverweigerer. Unsere Geschichten“ (www.kriegsdienstverweigerer-geschichten.de)

Anregende Lektüre wünscht

Kategorie: Editorial Stichworte: 202102

25. März 2021

Kritische Fragen stellen – und beantworten

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Editorial

Liebe Leserin,
lieber Leser,

seit einem Jahr wird unser Leben von der Pandemie bestimmt. In Baden-
Württemberg gab es seit Dezember eine nächtliche Ausgangssperre, eine Maßnahme, die man sonst nur aus Diktaturen kennt. Erst ein Gericht stoppte diese, auch im Blick auf den Infektionsschutz fragwürdige Maßnahme. Auch, wenn man der Politik die Absicht unterstellt, Leben und Gesundheit der Bevölkerung schützen zu wollen – Grund- und Freiheitsrechte sind keine Privilegien, die der Staat gewähren und auch wieder entziehen kann. Sie sind die nicht verhandelbare Grundlage des Verhältnisses zwischen BürgerInnen und Staat. Im Schatten der Pandemie scheint sich das zu verändern.

Da werden dann auch eigentlich auf der Hand liegende Fragen nicht mehr gestellt. Zwei Beispiele: 

Es kostet Milliarden, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Gleichzeitig sieht der im Dezember beschlossene Bundeshaushalt für den Bereich Verteidigung Ausgaben von offiziell 46,9  Milliarden Euro vor, eine Steigerung von fast 1,3 Milliarden gegenüber dem Vorjahr. Hinzu kommen die in anderen Haushaltsposten versteckten Militär-Kosten. Die Frage: Wie kann es sein, dass fast 10 Prozent aller Ausgaben für Militär, Kriegsvorbereitung und Krieg ausgegeben werden, ohne dass ein Aufschrei durchs Land geht? Im Gesundheitsbereich wird seit Jahren gespart, Krankenhäuser werden geschlossen oder privatisiert, Pflegepersonal fehlt, aber bei der Bundeswehr werden über eine Viertelmillion Menschen beschäftigt und bezahlt.

Zweite Frage: Zur Bekämpfung der Pandemie wird der Bevölkerung ein „Impfangebot“ gemacht. In übers ganze Land verteilten Impfzentren sollen in den nächsten Monaten viele Millionen Menschen den „Pieks“ erhalten (wie uns die Regierung in Kindersprache erklärt). Helfen sollen in den Zentren 25 000 SoldatInnen. Was haben die bisher eigentlich gemacht? Däumchen gedreht, Panzer geputzt?

Wir sollten dazu beitragen, dass die Menschen sich in den nächsten Monaten im Vorfeld der Bundestagswahl solche und ähnliche Fragen stellen – und dann beantworten.

Viele Grüße und anregende Lektüre wünscht

Stefan Philipp
Chefredakteur

Kategorie: Editorial Stichworte: 202101, Bundestagswahl, Corona, Krieg, Kriegsvorbereitung, Militär, Pandemie

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„Eine Supermacht Europa verhindern“

17. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

ZC-4-22/1-23-Editorial

16. Januar 2023

Stefan Philipp
Editorial zum Heft 3/2022

Zweifel sind keine Schande

16. Januar 2023

Ernst Rattinger
Leitartikel
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

Warum Pazifismus wichtiger denn je ist

16. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“

27. November 2022

Andreas Zumach
„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung

27. November 2022

Hauke Thoroe
… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

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