Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,
kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erhielt ich die E-Mail eines langjährigen DFG-VK-Mitglieds, in der sich beschrieb als „fassungslos, wütend, tief betroffen – der Angriffskrieg gegen die Ukraine lässt mich wie ungezählte andere mit solcherlei Emotionen zurück.“ Ja, so ging es mir zunächst auch, und es fiel mir sehr schwer, diese ZivilCourage zu erstellen.
Aber so wichtig Emotionen sind, unser Handeln und Denken sollten wir nicht allein von ihnen bestimmen lassen, sondern ebenso von unserem Verstand. Meiner sagt mir: Krieg ist furchtbar, grausam und für viele tödlich. Aber das ist leider keine neue Erkenntnis, sondern das gilt für alle Kriege. Deswegen soll ja Krieg nicht sein, deshalb ist für uns der Krieg ein Verbrechen an der Menschheit. Deshalb muss der Ukraine-Krieg so bald wie möglich beendet werden, schnell mindestens ein Waffenstillstand vereinbart werden.
Denn klar ist doch: Mehr Waffen verlängern den Krieg, und noch mehr Menschen verlieren ihr Leben. Waffenlieferungen sind deshalb der falsche Weg und können von uns nicht unterstützt werden. Und klar ist auch: Irgendwann wird der Krieg beendet, indem Russland und die Ukraine miteinander verhandeln und Vereinbarungen treffen. Und schließlich: Dauerhaften Frieden in Europa wird es nur mit Russland geben, jedenfalls nicht gegen es. Deswegen ist eine Verteufelung Russlands oder gar die Ankündigung seiner Ruinierung keine kluge Politik. Und deshalb ist auch das Scholz´sche Gerede von einer Zeitenwende falsch. Seine undiskutierte und einsame Entscheidung, der Ukraine Waffen zu liefern, die Rüstungsausgaben dauerhaft zu erhöhen und ein gigantisches „Sondervermögen Bundeswehr“ aufzulegen, ist in Wahrheit ein Rückfall in den Militarismus vergangener Zeiten.
Das erfordert unseren deutlichen Widerspruch. Aufrüstung ist eine Kriegsursache. Mehr Militär schafft nicht mehr Sicherheit und schon gar keinen Frieden. Im Gegenteil werden damit die Ressourcen, die wir so nötig für die Abwendung der menschheitsbedrohenden Klimakatastrophe benötigen, verschwendet. Der notwendige soziale Frieden und gerechte Ausgleich wird durch Aufrüstung und das Denken in militärischen Schablonen nicht befördert, sondern verhindert.
Der Pazifismus wird es schwerer haben, wenn Freund-Feind-Denken und militärische Stärke propagiert werden. Richtig bleibt aber: Wirklich lösen lassen sich Konflikte nur zivil.
In diesem Sinne grüßt

