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ZivilCourage

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202103

2. September 2021

Buchbesprechung

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Literatur

Werner Glenewinkel: Enkel sind das Dessert des Lebens. Gespräche zwischen den Generationen: Opa-Enkel-Dialoge. Hamburg 2021; 240 Seiten; 10,99 Euro (E-Book: 6,90 Euro) 

Was macht ein alter Pazifist – alt im Sinne von langjährig und seines Lebensalters? Werner Glenewinkel ist so ein alter Pazifist mit 76 Lebensjahren und einigen Jahrzehnten DFG-VK-Mitgliedschaft. Dank seiner Zugehörigkeit zu einer Patchwork-Familie ist er Großvater von fünf Enkelkindern – und schreibt darüber ein Buch. Eigentlich ein Gesprächsbuch. 

Denn er nimmt seine Enkelkinder und ihre Fragen ernst. Und das Buch enthält deshalb überwiegend „Opa-Enkel-Dialoge“.

Der promovierte Jurist Werner Glenewinkel war Asta-Vorsitzender, Zeitsoldat, staatlich nicht anerkannter Kriegsdienstverweigerer, Dozent an einer Fachhochschule, Familientherapeut, Vorsitzender der Zentralstelle KDV … ein reiches Leben mit großem Erfahrungsschatz und vielen Einsichten des kritischen Zeitgenossen fächert sich da auf.

Krieg und Frieden sowie Demokratie und Gerechtigkeit sind die beiden großen Themenbereiche und Interessen im Leben des Großvaters. Und so tauchen diese in vielen der Dialoge mit den Enkeln auf. Die Kinder fragen, er erklärt Zusammenhänge, beschreibt, was er erlebt hat und wie der das bewertet. Damit sind die Gespräche auch ein Stück Geschichtsunterricht, aber eben nicht im Sinne der Vermittlung theoretischer oder sachlicher Inhalte. Sondern entwickelt aus der persönlichen Erfahrung und so, dass die Enkel viel fragen und verstehen können.

Ein Beispiel für den Stil der Dialoge, hier zum Thema Bundeswehr und Kriegsdienstverweigerung: 

(…) Was wäre gewesen, wenn du dich geweigert hättest – wegen „Nie wieder Krieg!“? Ich hätte den Kriegsdienst mit der Waffe veweigern können. Das war ja im Grundgesetz in Artikel 4 Absatz 3 ausdrücklich vorgesehen. Warum hast du das nicht gemacht? Meine Eltern haben mir die Entscheiung überlassen. Ja, leider. Nachdenkliche Pause. Obwohl die den Krieg erlebt hatten? Ja, und ich hatte keinen Lehrer, der mich angeregt hätte, darüber genauer nachzudenken. Und deine Klassenkameraden? Einige mussten nicht zur Bundeswehr. Verweigert hat keiner. Die Enkelkinder drängen sich aufgeregt um den Opa. Opa, muss ich auch zur Bundeswehr? (…)

Und warum „Dessert des Lebens“? Ein schönes Sprachbild. Es beinhaltet auch, das nach der „Mühe der Erziehungsarbeit“ mit den eigenen Kindern nun eine schöne und leichte Lebensphase folgt. Wie der krönende und genussvolle Abschluss einer guten Mahlzeit. Zu wünschen wäre Werner Glenewinkel – und auch den Enkeln –, dass ihm noch viel Zeit bleibt für den fruchtbaren Austausch mit der neuen Generation. 

Und vielleicht kann die Lektüre des Buches andere „alte PazifistInnen“ anregen, seinem Beispiel auf je ihre Weise zu folgen.

Stefan Philipp

Kategorie: Rezensionen Stichworte: 202103, Buchbesprechung, Literatur

2. September 2021

Buchbesprechung

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Literatur

Heike Klefner, Matthias Meisner (Hg.): Fehlender Mindestabstand. Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde. Freiburg 2021; 352 Seiten; 22 Euro

Da reibt sich manche wackere Veteran*in der Friedensbewegung die Augen: Auf den Demos der Corona-Spinner*innen weht die regenbogenfarbene Friedensfahne gleich neben der Reichskriegsflagge und anderen Unappetitlichkeiten. Wie konnte das passieren? Im Buch „Fehlender Mindestabstand. Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde“ vertreten die von den Herausgeber*innen Heike Kleffner und Matthias Meisner versammelten Autor*innen u.a. die These, dass der anhand der Flaggenverirrung sichtbar werdende fehlende Mindestabstand nach rechts das Ergebnis einer langanhaltenden Entwicklung ist, die in der Friedensbewegung weitgehend ignoriert wurde.

In „Fehlender Mindestabstand“ versammeln die Herausgeber*innen auf ca. 350 Seiten die Beiträge von 39 Autor*innen. In eher kurzen Artikeln beschreiben sie, wie die fehlende Abgrenzung nach rechts in weiten Teilen des Bürger*innentums in der Corona-Krise sichtbar wird. Sie zeigen damit, dass autoritäre Einstellungen und Menschenfeindlichkeit kein Problem der gesellschaftlichen Ränder sind, sondern leider einen festen Platz in der Mitte der Gesellschaft haben. 

Die Autor*innen zeigen auch auf, dass Nazis den Aufruf zum Unpolitisch-sein jenseits von rechts und links nicht zufällig als Einladung interpretieren. Relativierungen der Shoa (Anne-Frank-Bezüge, „Wie 1933!“-Zitate) betreiben nicht nur Täter-Opfer-Umkehr, sie suggerieren auch, dass der Infektionsschutz, das Tragen einer Maske und nette freundliche Cops, die mit dem Wasserwerfer über die Köpfe der Menge hinwegzielen, irgendwie mit dem ab 1933 einsetzendem Terror, der zum Zweiten Weltkrieg und der Ermordung von über sechs Millionen Juden führte, dasselbe seien. Auch Hetze gegen „die da oben“, ,,Bill Gates“ o.ä. verweist auf antisemitische Stereotype, die von weiten Teilen des Bürger*innentums geteilt werden und an die Nazis selbstverständlich anknüpfen können. Und warum sich viele von einem neu-imperialistischen Autokraten wie Putin retten lassen wollen, ist mir nach wie vor unverständlich, lässt sich aber laut den Autor*innen mit einer Akzeptanz für autoritäre Politikmodelle erklären.

Ein Kapitel widmen die Autor*innen eigens der Friedensbewegung. Unter dem Titel „Ein Angstszenario nach dem anderen“ beschreibt Sebastian Leber die Mahnwachen-Bewegung von 2014 und den sog. „Friedenswinter“ als Wiege der Corona-Bewegung. Leber zeigt, dass zentrale Akteure der Berliner Mahnwache auch die Corona-Proteste organisieren. Anhand von Zitaten der Schlüsselfiguren zeichnet er nach, dass es bei beiden Bewegungen um dieselben autoritären Inhalte ging. Für mich war es erschreckend zu lesen, wie krass der Antisemitismus eines Ken Jebsen schon 2014 war, und zu wissen, dass eigentlich ganz vernünftige und angesehene Leute in der Friedensbewegung Jebsen für einen geeigneten Bündnispartner hielten. Auf der einen Seite wollen wir immer ganz seriös sein und mit Lobbyismus Abgeordnete und Entscheidungsträger*innen erreichen, und auf der anderen Seite kreiselt unser politischer Kompass so sehr, dass wir autoritäre und menschenfeindliche Verschwörungsknallis nicht als das erkennen, was sie sind, sondern sie für geeignete Bündnisparter*innen für eine Kampagne wie den „Friedenswinter“ hielten. Ich würde mir deshalb deutlich mehr Positionierungen unserer Verbandsspitze gegen Verschwörungs-Blödsinn wünschen. 

Wer mehr dazu wissen möchte, aber leider keine Zeit hat, dass 22 Euro kostende im Herder-Verlag erschienene Buch zu lesen, ist am Montag, den 11. Oktober, herzlich in die Mehringhöfe in Berlin, Gneisenaustraße 2A. eingeladen. Die Antimilitaristische Aktion Berlin (amab), das Büro für antimilitaristische Maßnahmen (BAMM) und der Berliner Landesverband der DFG-VK veranstalten dort um 19 Uhr eine Diskussion mit dem Titel „Frieden für Deutschland? Was tun gegen Rechtsoffenheit in der Friedensbewegung!“ Dazu haben wir neben der Herausgeber*in Heike Kleffner und dem Autor Sebastian Leber auch Fabian Virchow eingeladen, um die Thesen des Buches zur Friedensbewegung zu diskutieren. 

Und wer lieber Fernsehen guckt, findet hier eine Aufzeichnung der Buchpremiere: https://bit.ly/2VsUc8M

Hauke Thoroe

Kategorie: Rezensionen Stichworte: 202103, Literatur

2. September 2021

Karikatur

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Die ZivilCourage-Karikatur

Kategorie: Karikatur Stichworte: 202103

2. September 2021

Feldpost

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ZivilCourage 4/2021

Satire

TAGESBEFEHL!

Soldatinnen und Soldaten!

Afghanistan – im Felde unbesiegt, aber an der Heimatfront keine Unterstützung. So konnte die Verteidigung des Vaterlandes am Hindukusch nicht gelingen. Und über unsere Alliierten, zu deren Unterstützung wir in den Kampf gezogen waren, besser kein Wort. Also: Helm ab zum Gebet! 

Jetzt richtet sich unser Blick nach Osten, zum Südchinesischen Meer, wohin unsere Fregatte Bayern bereits ausgelaufen ist, um an ruhmreiche Taten am Beginn des 20. Jahrhunderts anzuknüpfen. Seit den Zeiten Kaiser Wilhelms wissen wir: Der Chinese versteht nur die Sprache der Waffen. Lassen wir uns nicht einlullen vom Gesäusel um die neue Seidenstraße und von beiderseitigem Vorteil durch Handel und Wandel. Es geht um unseren Vorteil! Und ganz nebenbei: Unsere Werften sind ohnehin unterbeschäftigt; da kommt jeder Auftrag der Bundesmarine sehr gelegen und nützt uns – und nicht dem Koreaner oder dem Chinesen. Die Marine ist unsere Zukunft. 

Ahoi!

Alex von Lingua, Feldpostmeister

Kategorie: Satire Stichworte: 202103, Satire

1. September 2021

Trauer um Knut Andresen

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ZivilCourage 4/2021

Antimilitarismus

Nachruf auf Knut Andresen (1939-2021)

Von Ralf Cüppers

Über die Beteiligung an Aktionen in Heide, Husum und Jagel kam Knut zur DFG-VK. „Bundeswehr abschaffen“ war für ihn als Pazifist und Kommunist eine Selbstverständlichkeit.

Er war ein Aktivist. Von seinem nordfriesischen Haus auf dem Lande fuhr er regelmäßig mit vollgepacktem Fahrradanhänger zum Wochenmarkt nach Friedrichstadt, um dort Mahnwachen und Infostände mit selbst gestalteten Plakaten gegen Faschismus, Kriegsvorbereitung und Krieg, Kapitalismus und Umweltzerstörung zu machen. Dadurch wurde er zur Institution des Wochenmarktes, wird seit seinem Tod dort vermisst. 

Die regelmäßige Teilnahme an den Mahnwachen des Landesverbandes Hamburg/Schleswig-Holstein am Drohnen- und Tornadostandort Jagel und Aktionen in Heide und Husum waren für ihn Gelegenheit, sich auszutauschen und Kontakte aufrecht zu erhalten. Organisation war ihm weniger wichtig als persönlicher Kontakt und die Solidarität mit Gleichgesinnten.Knut war bildender Künstler und Literat. Seine letzte Einzelausstellung in Husum kurz vor dem Lockdown fand in der Presse positive Kritik und breite Anerkennung. In seinen Werken kam seine Haltung gegen Militär und Krieg und vor allem auch seine Liebe zur Natur und ihren Lebewesen zum Ausdruck. Wir werden ihn und seine Gestaltungen „Standhaft für den Frieden“, „Lass Dich nicht zum Mörder machen“, „Mahnwache gegen Wahnmache“ oder „Corona – wir verlieren unseren Krieg gegen die Natur“ in guter Erinnerung behalten und in seinem Sinne weitermachen

Kategorie: Erinnerung Stichworte: 202103, Erinnerung, Nachruf, Trauer

1. September 2021

Satzung trifft auf Pandemie-Realität

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ZivilCourage 4/2021

DFG-VK-Info

Der bevorstehende DFG-VK-Bundeskongress unter Corona-Bedingungen

Von Stefan Philipp

Der DFG-VK-Bundesausschuss hat Ende August entschieden, dass der Bundeskongress wegen der Coronapandemie auf das Jahr 2022 verschoben wird. Weitere Informationen unter https://buko2021.dfg-vk.de

Bundeskongresse sind das höchste (Entscheidungs-)Gremium (lateinisch „Schoß, Innerstes“) in der DFG-VK und damit der Wesenskern demokratischer Willensbildung in unserer Organisation und der Teilhabe der Mitglieder. Nach der Satzung muss „mindestens alle zwei Jahre“ ein Bundeskongress (Buko) stattfinden. 

Und so hat der Bundesausschuss (BA) im letzten Jahr beschlossen, den nächsten Buko vom 29. bis 31. Oktober 2021 in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt durchzuführen. Die organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitungen dafür laufen seit Monaten, die Jugendherberge als Tagungsort und Übernachtungsmöglichkeit für die Delegierten ist seit Langem fest gebucht. Der Vertrag dafür kann bis Anfang September kostenfrei storniert werden. Fraglich ist nämlich, ob wegen der Pandemie erlassene staatliche Vorgaben einen Kongress Ende Oktober rechtlich zulassen und ob eine solche Präsenzveranstaltung sinnvoll und verantwortbar ist. 

Der BA hat deshalb auf seiner Sitzung im Juni beschlossen, sich Ende August festzulegen, ob und wie der Buko stattfinden wird. Zum Redaktionsschluss Mitte August war also noch unklar, ob die Delegierten und interessierten Mitglieder real in Halle (Saale) zusammenkommen können, ob der Kongress per Videokonferenz stattfindet oder ins nächste Jahr verschoben wird. Ab Anfang September sind alle Informationen dazu auf der Website www.dfg-vk.de zu finden.

Coronapandemie

Wie sich die Coronapandemie weiterentwickelt und welche staatlichen Bestimmungen wann gelten, ist unklar. Die Anzahl der Neuinfektionen stieg allerdings Anfang August wieder kontinuierlich an. Es ist jedenfalls nicht damit zu rechnen, dass die Pandemie Ende Oktober vorbei ist und die Beschränkungen für Versammlungen aufgehoben sind. 

Bis zum 26. August galt und gilt in Sachsen-Anhalt die „14. Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2“. Nach dieser gilt bei allen Veranstaltungen, wobei „Mitglieder- und Delegiertenversammlungen“  ausdrücklich als solche genannt werden, die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern. Nach Auskunft der Jugendherberge dürften sich in dem für den Buko vorgesehenen Versammlungsraum nach dieser Vorgabe lediglich 35 Personen aufhalten. Außerdem haben alle TeilnehmerInnen der Veranstaltung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Und schließlich müssen alle Nicht-Geimpften täglich eine negative Testbescheinigung vorlegen oder unter Aufsicht einen Selbsttest vornehmen. 

Es ist vernünftigerweise nicht davon auszugehen, dass bei einem wahrscheinlichen Anstieg der Neuinfektionen im Herbst – Stichworte: „vierte Welle“, ansteckendere Delta-Variante  – weniger einschneidende Maßnahmen verordnet werden.

Ein normaler Buko mit um die 100 TeilnehmerInnen, der die satzungsmäßigen Aufgaben erledigt, scheint damit für das letzte Oktoberwochenende unwahrscheinlich. Das schafft für die DFG-VK politische, aber auch satzungsrechtliche Probleme.

Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für Vereine finden Mitgliederversammlungen als Präsenzveranstaltungen statt. Das ist auch der Regefall für die Bukos der DFG-VK; eine Regelung, dass ein solcher auch digital stattfinden könnte, findet sich in der Satzung nicht. Allerdings hat der Bundestag bereits am 28. März 2020 das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (GesRuaCOVBekG) beschlossen, dessen Paragraf  5 bis Ende 2021 befristete Ausnahmeregelungen schafft. 

Deshalb könnte die DFG-VK ihren Buko auch digital, also z.B. als Videokonferenz durchführen. Und auch der Vorstand/BundessprecherInnenkreis (BSK) bliebe „auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.“ 

Es wäre also rechtlich nicht notwendig, einen eintägigen Buko Ende Oktober als Präsenzveranstaltung oder digital nur deshalb durchzuführen, um Rechenschaftsberichte entgegenzunehmen und den BSK sowie weitere FunktionärInnen zu wählen. Ein solcher Vorschlag wurde im Vorfeld der genannten Abstimmung des BA gemacht, verbunden mit der Idee, einen zweiten Teil mit Antragsberatung, Workshops etc. dann z.B. im nächsten Frühsommer zu veranstalten.

Der BA könnte Ende August also rechtlich unbedenklich entscheiden, den 23. DFG-VK-Bundeskongress mit dem bereits beschlossenen (oder einem geänderten) Tagesordnungsvorschlag im nächsten Jahr durchzuführen – ganz real mit anwesenden Delegierten und Mitgliedern. 

Die sinnvolle politische Lösung: Verschiebung des Bundeskongresses

Das wäre aus meiner Sicht auch politisch sinnvoll. Eine der wesentlichen Aufgaben und gleichzeitig zentrales Recht des Buko ist  die Wahl des BSK/Vorstands. 

Zurecht erhalten Menschen, die sich dafür zur Wahl stellen, einen großen Vertrauensvorschuss und werden in der Regel gewählt. Und so sehr es geschätzt wird, wenn gerade junge Menschen für eine  Mitarbeit im DFG-VK-Führungsgremium bereit sind, so befremdlich war es für viele Delegierte beim letzten Buko 2019 in Frankfurt am Main, dass dort einige Kandidaturen quasi „vom Himmel fielen“; dass sich nämlich Menschen zur Wahl stellten, die man auf Bundesebene niemals zuvor gesehen hatte, die auch nicht durch inhaltliche Beiträge beim Kongress oder zuvor eine Position bezogen hätten, die sichtbar gemacht hätte, wofür sie stehen. 

Es gibt also durchaus auch kritische Fragen zum BSK und seiner Arbeitsweise in den letzten beiden Jahren. Dass diese im Rahmen einer distanzierten Videokonferenz vernünftig gestellt und umfassend beantwortet werden, ist leider nicht sehr wahrscheinlich. Da es seit Pandemiebeginn im März 2020, also kurz nach dem letzten Buko, auf Bundesebene fast ausschließlich Telefon- und Videokonferenzen mit begrenzten Möglichkeiten zu vertiefter inhaltlicher Arbeit gab, wären Wahlen bei einem zweigeteilten Buko mit Formalien im Oktober und einem inhaltlichen Teil im nächsten Jahr der falsche Weg.

Mitgliedsbeitrag ab 2022 freiwillig erhöhen

Bleibt ein Problem: Für den Buko liegt ein Antrag zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge vor. Das ist traditionell ein äußerst umstrittenes Thema in der DFG-VK, das intensiv diskutiert werden muss. Sollte der Kongress verschoben werden, würde  eine Erhöhung, so sie denn beschlossen wird, erst 2023 die Verbandsfinanzen verbessern.

Meine Lösung, die ich zur Nachahmung ermpfehle: Ich erhöhe meinen Monatsbeitrag ab dem 1. Januar 2022.

Stefan Philipp ist Chefredakteur der ZivilCourage. In der Ausgabe 5/2020 (Seite 28 f.) hat er sich unter der Überschrift „Die DFG-VK-Satzung, das unbekannte Wesen“ vor allem mit den Aufgaben des BundessprecherInnenkreises beschäftigt.

Kategorie: DFG-VK Stichworte: 202103, Bundeskongress, Satzung

1. September 2021

War Sophie Scholl Pazifistin?

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Pazifismus

Diskussion anlässlich des 100. Geburtstags

Am 9. Mai wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Als Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ hatte sie in München heimlich Flugblätter gegen das Nazi-Regime verteilt, wobei sie entdeckt und festgenommen wurde. Wegen „Wehrkraftzersetzung“, „Feindbegünstigung“ und „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde sie am 22. Februar 1943 vom sog. Volksgerichtshof in einem Schauprozessunter dem Vorsitz seines Präsidenten Freisler zum Tode verurteilt und noch am selben Tag – gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und Christoph Probst, ebenfalls Mitglieder der „Weißen Rose“ – ermordet.

In der Beilage „Christ und Welt“ der Wochenzeitung „Die Zeit“ erschien am 6. Mai ein Gespräch von drei Menschen, die Biografien über Sophie Scholl geschrieben hatten. Dabei unterhielten sich Robert M. Zoske, Maren Gottschalk und Hermann Vinke auch darüber, ob Sophie Scholl Pazifistin war. Wir dokumentieren die entsprechende Passage (das ganze Gespräch ist nachzulesen unter https://bit.ly/3gfZ2xH).

Frage: Wie einig sind Sie sich eigentlich in der Frage, ob Sophie Scholl eine Pazifistin war? 

Vinke: Ich halte Sophie Scholl für eine politische Pazifistin. Sie hat sehr politisch gedacht. Als politische Pazifistin kann man in konkreten Situationen differenzieren. Ich erinnere nur an den wichtigen Satz, den sie an Fritz Hartnagel schreibt, als dieser in den Krieg zieht: „Sag nicht, es ist fürs Vaterland.“ Das Gleiche gilt übrigens für die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek, die der Roten Kapelle in Berlin angehörte (…). 

Gottschalk: Herr Zoske und ich sind da definitiv unterschiedlicher Meinung. Ich würde sie auf jeden Fall als Pazifistin bezeichnen. Es gibt so viele Zitate von ihr, in denen sie sich explizit gegen den Krieg stellt. Zwei Stellen in meiner Recherche haben mich dennoch irritiert. Einmal fragt Sophie Scholl, warum sich die Franzosen nicht gewehrt haben bei der Einnahme von Paris durch die Nazis. Es hätte ihr offenbar deutlich mehr imponiert, wenn sie bis zum letzten Schuss gekämpft hätten. Ich finde aber, man darf für pazifistische Werte eintreten und trotzdem Fragen wie diese stellen. Besonders als junger Mensch. (…) 

Zoske: Ich verstehe unter Pazifismus die Ablehnung von Gewalt. Sophie Scholl war gegen den Krieg, aber sie war offenbar nicht gegen die Anwendung von Gewalt. Es gibt Berichte einer Freundin, aus denen hervorgeht, dass Sophie Scholl bereit gewesen wäre, zur Pistole zu greifen, hätte sie die Chance gehabt, Hitler zu erschießen. Ihr Bruder trug eine geladene Waffe bei den nächtlichen Graffiti-Aktionen. Auf den Flugblättern der Weißen Rose stand, dass man Hitler beseitigen müsse – nicht abwählen, tatsächlich beseitigen. Ich gehe davon aus, dass auch Sophie Scholl mit diesen Flugblättern übereinstimmt. Ich würde schon sagen, sie war gegen den Krieg, aber in Extremsituationen nicht gänzlich gegen Gewalt. Nazideutschland war eine solche Extremsituation, Gewalt schien für sie also legitim. Sie hat immer mit den Worten gekämpft. Aber sie wäre bereit gewesen, zur Waffe zu greifen.

Gottschalk: Sie hat nie versucht, an eine Waffe zu kommen, plante keine Attentate, soweit wir das wissen. Ich finde, dieses Gedankenspiel über das Schießen auf Hitler kann man deshalb nicht so hoch bewerten. Ein zentraler Satz für mich ist vielmehr, als sie sagt, Krieg bedeute, Menschen bringen andere Menschen in Gefahr. Sie unterscheidet dabei nicht zwischen Deutschen, Polen, Franzosen. 

Zoske: Ich finde, man muss jeden einzelnen Satz von ihr ernst nehmen. Vinke: Ich halte das für dahingesagt. Sie hat ihren Freund davon überzeugt, dass dieser Krieg ein verbrecherischer ist. Das ist pazifistische Überzeugung pur.

Kategorie: Pazifismus Stichworte: 202103, Sophie Scholl, Widerstand

1. September 2021

Basisdemokratisch und friedlich streiten

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ZivilCourage 4/2021

DFG-VK-Info

Ein Konsensverfahren für den DFG-VK-Bundeskongress 2021

Von Olaf Maiwald, Manfred Diebold und Michael Sünner

Im Dezember 2019 stimmte der Bundesausschuss in Kassel für einen Antrag, der für den Bundeskongress 2021 ein Konsensverfahren zu etablieren vorsieht. Der Auftrag der daraus entstandenen Arbeitsgruppe ist klar: Für den Bundeskongress wird ein Verfahren entwickelt, die Antragsberatung als Konsensverfahren zu gestalten. Doch weshalb überhaupt ein Konsensverfahren? Wozu dient die Methode und was sind ihre Stärken? Dazu ein knapper Text zur Einführung.

Entscheidungsfindung auf dem Bundeskongress

Nach bisheriger Praxis nehmen die Delegierten bei Bundeskongressen oder Bundesausschusssitzungen Anträge an bzw. lehnen sie ab, indem sie mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen. Es zählt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen – egal was der „unterlegene“ Rest denkt. Mehrheitsentscheidungen hinterlassen bei der „unterlegenen“ Gruppe oft Unzufriedenheit und damit verbundene Zurückhaltung oder Gegnerschaft – das schlägt sich vor allem bei der Umsetzung der Entscheidungsinhalte nieder.

Auf das Problem der Mehrheitsentscheidungen wurden wir in der DFG-VK erneut aufmerksam, als ein Antrag zur politischen Positionierung des Verbandes gegenüber der AfD sehr heftig diskutiert wurde. Das Beratungs- und Antragsverfahren des Verbandes mit Änderungsanträgen und gestuftem Abstimmungsverfahren über diese Änderungsanträge berücksichtigt relativ wenig, worin die Hintergründe und damit verbundenen Interessen und Wünsche der jeweils anderen liegen. Oft können auch Anliegen nicht vollständig differenziert eingebracht werden. 

So auch bei diesem Antrag: Er wurde mit einfacher Mehrheit abgelehnt, und es entstand dadurch eine heftige Gegnerschaft zwischen „Gewinner*innen“ und „Verlier*innen“ – trotz Entscheidung waren die Fronten verhärteter als vorher, und die Umsetzung des Beschlusses stand schnell infrage. So wurde dann auch ein Antrag zum gleichen Anliegen erneut angebracht und diesmal mehrheitlich befürwortet, führte aber auch dann wieder zu Unzufriedenheiten bei „Gewinner*innen“ und „Verlierer*innen“

Um hierfür Abhilfe zu schaffen wurde eine Arbeitsgruppe Konsens gebildet, die nach zwei DFG-VK-weit offenen Workshops zu Konsensmethoden in gemeinsamer Gruppenarbeit und vielen Videokonferenzen ein reduziertes und illustratives Vorgehen erarbeitete: Auf dem kommenden Bundeskongress sollen exemplarisch zwei Anträge im Konsensverfahren behandelt werden, so dass Wirkungsweisen und Nachhaltigkeit der getroffenen Entscheidungen auch für alle Delegierten sichtbar werden. Wir hoffen, auf künftigen Bundeskongressen den Anteil der zu konsensierenden Entscheidungen zu steigern.

Konsens finden als Methode.

„Konsensieren“ oder „Konsens zu finden“ bedeutet, spezifische Methoden zur Entscheidungsfindung in einer Gruppe anzuwenden, die dazu geeignet sind, tragfähige Lösungen mit größtmöglicher Akzeptanz in der gesamten Gruppe zu erlangen. Dabei erlauben es Methoden der Konsensfindung, zu Entscheidungen zu gelangen, ohne dass Einzelne faule Kompromisse eingehen müssen. Konsens muss dabei aber weder bedeuten, dass alle der gleichen Meinung sind, noch dass es keine Vorbehalte Einzelner zur Entscheidungsformulierung geben kann. Konsens soll also nicht als „Einheitsbrei“ missverstanden werden. Zum Einsatz kommt das Konsensieren nicht nur dann, wenn es einen Konflikt über ein Thema gibt, sondern auch wenn es darum geht, bei einem Entscheidungsprozess alle Beteiligten und Betroffenen mit einzubeziehen. 

Konsensieren ist ein basisdemokratischer Ansatz in sozialen Bewegungen als Alternative zum Mehrheitsentscheid. Wir sind überzeugt, dass Konsensfindung ein wesentlicher Aspekt von gewaltfreier Auseinandersetzung über Inhalte im Verband sein kann und sich daher auch gerade für die Anwendung auf den zentralen Entscheidungsforen des Verbandes eignet.

Konsensverfahren: Die Idee des Konsensfischs

Doch Konsens bleibt abstrakt, wenn die Methoden nicht erklärt werden. Das wollen wir hier knapp versuchen. Zunächst mit dem Konsensfisch, der den idealen Verlauf einer Konsensberatung verbildlicht. 

Der Konsensfisch ist eine Vorstellungshilfe für die Phasen des Konsensverfahrens – um ihn „zu lesen“, beginnt man am Schwanz.

Die Phase 1 beschreibt das Problem, das gelöst werden soll. Etwas allgemeiner formuliert: warum man sich der Sache widmen sollte und worum es geht. Der breite Schwanz eben, der sich verjüngt, indem eine möglichst präzise Fragestellung/Aufgabenstellung dafür gefunden werden sollte, die auch deutlich für alle visualisiert werden sollte, damit schon in der Anfangsphase keine Missverständnisse über nicht ausreichend kommunizierte Fragestellungen auftreten. 

Die Phase 2 (der nun wieder breiter werdende Fischkörper bis zur Rückenflosse) ist die Spontanphase oder auch „Phase des Ideensammelns“.

Hier werden Interessen, Wünsche, Anforderungen, Bedürfnisse, Gedanken ausgesprochen und gesammelt – um so zu einer zukünftigen Lösung, die für alle tragbar ist, beizutragen.

In der Phase 3 werden Lösungsvorschläge entwickelt, „konvergierendes Denken“ ist gefragt. Dieser Phase geht eine „Stöhn“-Zone (Groan Zone) voraus, also Aufräumen, Einordnen, Gruppieren der Ideen – bildlich als zackige Rückenflosse dargestellt. Die vielen Ideen mit losen Enden aus Phase 2, sollen im folgenden wieder zusammengefasst werden sollen. Hier ist es wichtig, für Rückfragen an die Ideengeber*innen und zur Erläuterung der Positionen und Hintergründe genügend Zeit/Raum zu haben, um zu erfahren und zu verstehen, worum es den Befürworter*innen und den „Bedenkenträger*innen“ geht.

Die Phase 4 dient auf der Basis verschiedener Lösungsmöglichkeiten aus Phase 3 dem Herausarbeiten des Konsens, dem Sammeln und Entwickeln von Lösungen in Hinblick auf einen oder mehrere Konsensvorschläge: Wie können die losen Enden wieder verknüpft werden? Können weitere kreative Lösungen gefunden werden, die unterschiedliche Perspektiven mit einschließen? Es ist konvergierendes Denken gefragt, um zu einem möglichst gemeinsamen Punkt zu gelangen oder eine gemeinsame Schnittmenge zu finden. 

Methoden: Systemisches Konsensieren oder Konsensstufen

Eine weitere Methode ist das „systemische“ Konsensieren, bei dem verschiedene Lösungsvarianten gemeinsam erstellt oder vorgestellt, besprochen und angepasst werden.

Zu diesen Lösungsvorschlägen werden dann im Abstimmungsverfahren die vorhandenen Widerstände der Delegierten festgestellt. Eine Option ist dabei immer auch die sogenannte Null-Lösung oder Passiv-Lösung: Es bleibt alles so, wie es ist.

Alle Lösungsvorschläge erhalten von jeder Beteiligten Widerstandspunkte, beispielsweise 0-10:

0 bedeutet dann volle Zustimmung oder kein Widerstand, 9 oder 10 dagegen sehr starke Ablehnung, höchster Widerstand, Veto.

Jede*r Delegierte nennt seine*ihre Widerstandswerte zu den jeweiligen Lösungsvorschlägen oder trägt sie auf einer Stimmkarte ein. Die Widerstandswerte werden in einer Kalkulationstabelle aufsummiert und das Ergebnis visualisiert.

Alternativ zu den Widerstandswerten können auch die 6 Konsensstufen genutzt werden (siehe Grafik oben): Vorbehaltlose Zustimmung, leichte Bedenken, schwere Bedenken, beiseitestehen, Enthaltung, Veto. Hier werden dann die gleichzeitig hochgehaltenen Konsenskarten mit der jeweiligen Konsensstufe eines Delegierten aufsummiert und das Ergebnis ebenfalls visualisiert. 

Die spezifischen Abstimmungsausdrücke wie „Beiseite stehen“ (eine Entscheidung tolerieren, sie nicht blockieren, aber auch zum Ausdruck bringen, dass sie entweder für einen selbst belanglos ist, oder man sich an der Umsetzung nicht beteiligen wird) oder auch „leichte Bedenken“ (die eine Entscheidung tolerieren, aber sich ein anderes Ergebnis wünschen würden) können helfen, einen gefundenen Konsens immer weiter zu verfeinern, um so immer weiter zu einer tragfähigen Lösung zu reifen.

Mit diesen konkreten und weiteren Moderationsmethoden erhält die Entscheidungsgruppe ein Stimmungsbild: Gibt es einen oder mehrere Lösungsansätze oberhalb der Null-Lösung? Wo gibt es keine, leichte, starke oder sehr starke Widerstände Einzelner zu den Lösungsvorschlägen?

Zunächst wird jetzt nach den (Hinter-)Gründen, Motiven, Interessen, Erklärungen für „Widerstände“ oder „Bedenken“, „Beiseite-stehen“, „Enthaltung“ oder „Veto“ gefragt, so dass jede*r die Möglichkeit erhält, ihre*seine Position den anderen zu erläutern und die Positionen der anderen zu verstehen.

Bei ernsten Bedenken muss nachgefragt werden und diese durch Klärung abgebaut oder ein anderer Kompromissvorschlag gefunden werden. Hieraus können Veränderungen der Lösungsvorschläge entwickelt werden und in einer nächsten Runde erneut die Widerstände oder Konsensstufen abgefragt werden.

Es gibt kein Verfahren mit Erfolgsgarantie, es kann Rückschläge geben, dann muss gegebenenfalls zu einer früheren Phase wieder eingestiegen werden, 

Durch gut moderierte Konsensverfahren oder solche, die selbständig von darin geübten Gruppen durchgeführt werden, können diese zu größerer Zufriedenheit mit den Ergebnissen führen als die einfachen Mehrheitsentscheidungen. Konsensverfahren schaffen weniger Gewinner*innen und Verlierer*innen, schaffen Verständnis für die anderen und suchen nach gemeinsamen Lösungen. Sie können aber Widerstände, Beiseitestehen, Enthaltungen und ein Veto nicht ausschließen, begegnen diesen Positionen aber mit Anerkennung und Respekt.

Konsens konkret: Bundeskongress 2021

Von der AG Konsens wurden zwei vorliegende Anträge zur Behandlung im Konsensverfahren für den DFG-VK-Bundeskongress vorgeschlagen und vom Bundesausschuss befürwortet, damit die Konsensmethoden beim Buko vorgestellt und diese Anträge im Konsensverfahren entschieden werden können anstelle des üblichen Mehrheitsverfahrens. Dafür wurde auch entsprechend mehr Zeit vorgesehen.

Um die gemeinsame Erfahrung mit dem Konsensverfahren beim Bundeskongress möglichst erfolgreich zu gestalten, haben wir für die Moderation mit den entsprechenden Hilfsmitteln/Tools zur schnelleren Auswertung der Widerstandswerte/Konsensstufen zwei erfahrene Menschen aus der Friedensbewegung gefunden: Sarah Fromm (hauptamtliche Mitarbeiterin der Werkstatt für gewaltfreie Aktion, Baden [WfgA]), und Ulrich Wohland (Netzwerk ORKA [Organisation & Kampagnen] und WfgA) werden die Moderation für diesen Part beim Bundeskongress übernehmen.

Bei den beiden ausgewählten Anträgen handelt es sich um einen Antrag zur Mitgliedsbeitragserhöhung ab 2022 und um die Anträge zur Einsparung von Kosten bei der ZivilCourage durch die Internetversion in Verbindung mit einer Reduzierung der zu verschickenden Druckversion.

Olaf Maiwald, Manfred Diebold und Michael Sünner arbeiten in der AG Konsens mit.

Kategorie: DFG-VK Stichworte: 202103, Bundeskongress, Konsens

1. September 2021

„Das Rad in die richtige Richtung drehen“

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

DFG-VK-Info

Das Konzept für die Lobbyarbeit des DFG-VK-Bundesverbands

Von Elvin Çetin

„… damit weniger Müll rauskommt!“

Oft haben wir von der DFG-VK mit unseren Forderungen große Teile der Bevölkerung hinter uns. Dennoch lässt die Bundesregierung unentwegt aufrüsten, um beispielsweise auch in Zukunft die technischen Anforderungen der sog. nuklearen Teilhabe zu erfüllen. Die Arbeit unseres Verbandes konzentriert sich bisher vor allem auf die Straße und erreicht damit in erster Linie die Bevölkerung. Defizite hat unser Verband jedoch in der „Bearbeitung“ wichtiger politischer Entscheider:innen, die unsere Aktionen leider nur selten wahrnehmen.

Wie vom Bundesausschuss beschlossen, wurde im Rahmen der neuen Lobbying-Stelle ein Konzept für die zukünftige Lobbying-Arbeit der DFG-VK vorgelegt. Es wurde mit einigen Aktiven des Verbandes – vor allem den Kampagnenverantwortlichen – abgestimmt. Anschließend hatten auch die Bundesausschuss-Mitglieder die Möglichkeiten, Änderungen einzubringen. Bei der virtuellen BA-Sitzung im Juni wurde das Konzept beschlossen. 

Zu Recht wird Lobbying oftmals aus verschiedenen Gründen kritisiert. Das Lobbyieren von Parteien und Abgeordneten gehört aber zu den Werkzeugen friedensbewegten Handelns – neben der Mobilisierung von Basisaktivismus, der medialen Einflussnahme auf Narrative, dem Aufbauen und Pflegen von Netzwerken und dem Wählen von linken friedensbewegten Parteipolitiker:innen. Wir sollten den Rüstungslobbyist:innen und Militärs nicht die Parlamente überlassen, sondern auch hier gegenhalten und uns auf diesem Parkett verstärkt für Frieden einsetzen.

Eine große Stärke unseres Verbandes ist die bundesweit aufgestellte Struktur mit Ortsgruppen und Landesverbänden, um vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene für Aktionen zu mobilisieren und auch um Verbindungen zu u.a. Stadträten und Landesparlamenten aufzubauen. Die Koordinierung von friedensbezogenen Bemühungen zusammen mit anderen Gruppen und Partner:innen ist ein wichtiger Baustein für die Friedensbewegung. Dementsprechend ist die DFG-VK Teil von Bündnissen und Netzwerken, um gemeinsame Ziele zu erreichen und gemeinsame Interessen voranzutreiben. Auch dies ist eine wichtige Ressource für (gemeinsame) Lobbyingaktivität und bietet eine hilfreiche Struktur für den Erfahrungs- und Wissensaustausch. Um unsere Ziele zu erreichen, Aufmerksamkeit für bestimmte politische Zusammenhänge und Probleme zu erregen und Alternativen dazu anzubieten, haben wir zu den unterschiedlichen politischen Themen Aktionen und Kampagnen. Im Lobbying-Konzept liegt der Hauptfokus auf den größten Kampagnen und Themenfeldern:

Engagement gegen Atomwaffen

In Büchel sind nach wie vor etwa 20 US-Atombomben gelagert. Zusätzlich plant die Bundesregierung die Anschaffung von neuen nuklearwaffenfähigen „F-18“-Kampfflugzeugen und bezieht sich in der Debatte um ein Atomwaffenverbot in erster Linie auf die „nukleare Teilhabe“. 

Die Ziele der Kampagne Büchel ist überall – atomwaffenfrei.jetzt sind eine umfassende nukleare Abrüstung und die internationale Ächtung/Abrüstung aller Atomwaffen sowie der Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag.

Stopp der Rüstungsporte

Ein weiteres Hauptthema ist der Export von Rüstungsgütern. Deutschland ist weltweit einer der größten Rüstungsexporteure, bei Großwaffen auf Platz vier, bei Kleinwaffen auf Platz 2 im Ranking. Zudem wurden bundesdeutsche Großwaffentransfers in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 20 Prozent gesteigert. Die bestehende widersprüchliche Gesetzeslage mit dem Außenwirtschafts- und dem Kriegswaffenkontrollgesetz zum Export von Rüstungsgütern und Kriegswaffen ist unternehmensfreundlich und wird exportfördernd ausgelegt.

Die Kampagne Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! setzt sich für ein Exportverbot von Waffen und sonstigen Rüstungsgütern ein. Ein aktueller Vorschlag von Greenpeace für einen Gesetzentwurf setzt diese Forderungen weitgehend um und sollte nach der Bundestagswahl im Mittelpunkt von Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag stehen. Entsprechend werden die voraussichtlichen Vertreter:innen von Grünen und SPD in diesen Verhandlungen identifiziert, um direkt nach der Bundestagswahl Termine mit ihnen durchzuführen.

Killerroboter verhindern

Beim Thema autonome Drohnen arbeitet die Bundesregierung aktuell nicht auf ein verbindliches nationales oder internationales Verbot autonomer Waffensysteme hin. In ihren Koalitionsverträgen haben die drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD 2013 und 2018 aber vereinbart, autonome Waffen ächten zu wollen. Bundesaußenminister Heiko Maas spricht sich immer wieder für Deutschlands Einsatz zur Ächtung solcher Waffen aus. Bisher gibt es aber keine Anstrengungen seitens der Bundesregierung, nationale Gesetze zum Verbot von vollautonomen Waffen auf den Weg zu bringen oder ein Moratorium über deren Entwicklung und Beschaffung zu verabschieden. 

Ziel der Kampagne gegen Killerroboter sind ein präventives Verbot für die Entwicklung, die Produktion, den Handel und die Nutzung von autonomen Waffensystemen, ein klares Bekenntnis der amtierenden Bundesregierung zur im Koalitionsvertrag zugesagten globalen Ächtung autonomer Waffensysteme und eine verbindlichere Formulierung im neuen Koalitionsvertrag sowie ein völkerrechtliches Verbot auf VN-Ebene im Rahmen der VN-Waffenkonvention. 

Hier gilt es, die meinungsführenden Bundestagsabgeordneten von CDU, CSU und SPD in Bezug auf das Koalitionsversprechen, autonome Waffensysteme ächten zu wollen, zu lobbyieren. Weitere wichtige Akteur:innen sind das Auswärtige Amt sowie Investor:innen, um sicherzustellen, dass keine Projekte bzw. Unternehmen finanziert werden, die mit der Entwicklung oder der Produktion von Waffen mit autonomen Fähigkeiten in Verbindung stehen.

Ab 2029 will die Luftwaffe über die Eurodrohne (voraussichtlich von Airbus Defence & Space als Generalunternehmer) verfügen, die aufklären, abhören oder angreifen kann. Der Bundestag hat am 14. April für die Entwicklung und Anschaffung gestimmt. Die Bundesregierung spricht sich mehrheitlich für eine Bewaffnung/Munitionierung der Eurodrohne aus.

Die Bewaffnung der bereits geleasten israelischen „Heron“-Drohnen fand im Dezember 2020 nicht die Unterstützung der SPD. Dies war ein enormer Erfolg der Friedensbewegung, welcher insbesondere auch der Initiative und dem Einsatz von DFG-VK-Mitgliedern und der Drohnen-Kampagne zu verdanken ist. 

Im März 2021 wurde mit dem Ziel, die Bewaffnung von Drohnen aus politischer, rechtlicher und ethischer Perspektive zu erörtern, eine SPD-Projektgruppe gegründet. Dies ist eine wichtige Anlaufstelle für Gespräche, da die Kommission bis Ende des Jahres ihre Empfehlungen vorlegen soll. 

In Bezug auf die Themen Drohnen und autonome Waffensysteme ist insbesondere das „Future Combat Air System“ (FCAS) von großer Bedeutung. Das FCAS ist ein Milliarden Euro teures deutsch-französisch-spanisches Großprojekt für den Nachfolger u.a. des Eurofighters – es soll bemannte und unbemannte Luftfahrzeuge beinhalten und auch nuklearwaffenfähig sein. Ziel ist es, gegen die Realisierung des FCAS aktiv zu werden und eine breite Ablehnung in der Bevölkerung zu erzeugen. 

Hierzu muss das Thema aber erstmal mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Die Informationsstelle
Militarisierung
 lieferte bereits erste Recherchen und Analysen. Außerdem gibt es erste Kooperations-Bemühungen von Friedensgruppen mit dem Ziel, sich um Aktionen und Lobbying zu kümmern. Konkrete Zielgruppen des Lobbyings wären die Grünen, CDU, SPD und eventuell auch zivile Unternehmen, die dem Projekt zuliefern. 

Militarisierung der Jugend beenden

Aktuell können Jugendliche in Deutschland schon nach Beendigung der Mindestschulzeit und mit einem Mindestalter von nur 17 Jahren eine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr beginnen. 

Ziele der Unter18Nie!-Kampagne und der Bemühungen gegen Bundeswehr-Werbung sind die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie das Verbot jeglicher Bundeswehrwerbung (zunächst die auf Minderjährige abzielende). 

Derzeit vertritt die SPD die Position, dass es keine Ausbildung an der Waffe für Minderjährige geben soll. Jedoch sollen minderjährige Bewerber:innen bis zum Erreichen der Volljährigkeit ein ziviles Beschäftigungsverhältnis bei der Bundeswehr eingehen können. Die Grünen sind für „unter 18 nie“, es ist aber fraglich, ob sie es wirklich umsetzen, wenn sie an der Regierung sind – auch dann müsste also weiter Druck gemacht werden. 

Kampf gegen Windmühlen?

Beim Einsatz für eine Welt ohne Krieg und Unterdrückung entsteht manchmal der Eindruck, einen Kampf gegen Windmühlen zu führen. Gleichzeitig ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass es viele verschiedene Wege gibt, unsere Sichtweisen in den politischen Prozess einzubringen. Meinungsführende Personen in Politik und Öffentlichkeit von den eigenen Grundsätzen und Ansichten zu überzeugen, ist einer von vielen Wegen; der Aufbau von Beziehungen zu ihnen ist wichtig. 

Darüber hinaus gibt es viele Akteur:innen, die aktiv sind – man ist eines von vielen Rädern im System und kann lediglich versuchen, dieses Rad in die richtige Richtung zu drehen und fortwährend dabei zu lernen, welche Hebel etwas bewegen – und welche nicht.

Elvin Çetin ist Referentin für Lobbyarbeit des DFG-VK-Bundesverbands.

Kategorie: DFG-VK Stichworte: 202103, Bundestag, Lobbyarbeit, Parlament

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