Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 4/2021 |
Editorial
Liebe Leserin,
lieber Leser,
seit einem Jahr wird unser Leben von der Pandemie bestimmt. In Baden-
Württemberg gab es seit Dezember eine nächtliche Ausgangssperre, eine Maßnahme, die man sonst nur aus Diktaturen kennt. Erst ein Gericht stoppte diese, auch im Blick auf den Infektionsschutz fragwürdige Maßnahme. Auch, wenn man der Politik die Absicht unterstellt, Leben und Gesundheit der Bevölkerung schützen zu wollen – Grund- und Freiheitsrechte sind keine Privilegien, die der Staat gewähren und auch wieder entziehen kann. Sie sind die nicht verhandelbare Grundlage des Verhältnisses zwischen BürgerInnen und Staat. Im Schatten der Pandemie scheint sich das zu verändern.
Da werden dann auch eigentlich auf der Hand liegende Fragen nicht mehr gestellt. Zwei Beispiele:
Es kostet Milliarden, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Gleichzeitig sieht der im Dezember beschlossene Bundeshaushalt für den Bereich Verteidigung Ausgaben von offiziell 46,9 Milliarden Euro vor, eine Steigerung von fast 1,3 Milliarden gegenüber dem Vorjahr. Hinzu kommen die in anderen Haushaltsposten versteckten Militär-Kosten. Die Frage: Wie kann es sein, dass fast 10 Prozent aller Ausgaben für Militär, Kriegsvorbereitung und Krieg ausgegeben werden, ohne dass ein Aufschrei durchs Land geht? Im Gesundheitsbereich wird seit Jahren gespart, Krankenhäuser werden geschlossen oder privatisiert, Pflegepersonal fehlt, aber bei der Bundeswehr werden über eine Viertelmillion Menschen beschäftigt und bezahlt.
Zweite Frage: Zur Bekämpfung der Pandemie wird der Bevölkerung ein „Impfangebot“ gemacht. In übers ganze Land verteilten Impfzentren sollen in den nächsten Monaten viele Millionen Menschen den „Pieks“ erhalten (wie uns die Regierung in Kindersprache erklärt). Helfen sollen in den Zentren 25 000 SoldatInnen. Was haben die bisher eigentlich gemacht? Däumchen gedreht, Panzer geputzt?
Wir sollten dazu beitragen, dass die Menschen sich in den nächsten Monaten im Vorfeld der Bundestagswahl solche und ähnliche Fragen stellen – und dann beantworten.
Viele Grüße und anregende Lektüre wünscht
Stefan Philipp
Chefredakteur