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atomwaffenfrei

27. November 2022

Weiterhin gebremste Atomwaffen-Abrüstung

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

atomwaffenfrei

Der Atomwaffenverbots-Vertrag muss weiter vorangetrieben werden

Von Marian Losse

Es ist ein Desaster, dass die NVV-Konferenz in einer Zeit scheitert, in der die Gefahr einer atomaren Katastrophe größer ist als seit Jahrzehnten und es dringend Zeichen der Entspannung gebraucht hätte. Das Fehlen einer noch so unbedeutenden gemeinsamen Grundlage der Atomwaffenstaaten zeigt uns einmal mehr, dass wir nicht auf sie vertrauen können.

Es ist einerseits anzuerkennen, dass es ohne den Nichtverbreitungsvertrag (NVV) vermutlich einige mehr als die bestehenden neun Atomwaffenstaaten geben würde, und die Gefahr eines Atomkrieges damit noch höher wäre. Der fehlende Minimalkonsens bedeutet aber andererseits, dass die Vertragsstaaten sich nicht einig darin sind, wie der Vertrag an manchen Stellen zu verstehen ist, wie sie weiterarbeiten wollen, oder geschweige denn welche Themen überhaupt relevant sind für die Arbeit an einer Welt ohne Atomwaffen. 

Es ist keine Auflösung des Vertrages, dass es kein Abschlussdokument gibt. Dieser besteht und wird weiter als Rahmen für internationale Bemühungen zur atomaren Abrüstung dienen. Aber dass es nun seit 12 Jahren keine Einigkeit der Vertragsstaaten gibt, bedeutet auch, dass dieses Forum nicht fähig oder willens ist, auf die Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren. Die Spielregeln für den Umgang mit der immerwährenden Gefahr atomarer Weltvernichtung sind nicht mehr aktuell. Die Technik hat sich weiterentwickelt, neue Trägersysteme sind geschaffen worden, Allianzen und politische Rahmensysteme haben sich verschoben. Die Grundaufgabe des Vertrages, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern und sie über gegenseitiges Vertrauen und Kontrolle überflüssig zu machen, kann er nicht mehr zeitgemäß erfüllen. Mit Einigungen von vor 12 Jahren (die außerdem nie umgesetzt wurden) finden wir keine Antworten auf die aktuell mögliche Ausweitung der nuklearen Teilhabe, die Aufrüstung der Atomwaffenstaaten oder die Weiterverbreitung von nuklearer Technik auf Kriegswaffen. Der Vertrag und das Gesprächsforum bleiben bestehen und relevant, das haben alle Akteur:innen betont. Aber ihre Relevanz sinkt deutlich, die Atomwaffenstaaten schaufeln mit ihrer Renitenz ihr eigenes und unser aller Grab.

Das vorgeschlagene Abschlussdokument enthielt zwar aufgrund der mutigen und beharrlichen Arbeit der Mehrheit aller Staaten weltweit einige gute Absätze zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen, die selbst in ihrer Einfachheit leider schon Forschritte gewesen wären. Für unsere menschliche Sicherheit und unsere Zukunft brauchen wir aber auch Verpflichtungen und konkrete Schritte der Atomwaffenstaaten, die zur Abrüstung führen. Solche waren auch in dem Entwurf des Abschlussdokumentes nicht enthalten, selbst eine Annahme dessen wäre also nicht genug gewesen.

Das NVV-Regime ist schon vorher gescheitert. Das Fehlen eines Abschlussdokumentes der Konferenz ist kein Scheitern, es ist ein Offenbaren. Scheitern tut das NVV-Regime, wenn es die Atomwaffenstaaten immer wieder darin bestätigt, nicht über Abrüstung reden zu müssen. Scheitern tut der NVV, wenn es keine gemeinsamen Antworten auf nukleare Drohungen gibt, wenn die Sicherheit der Menschen weltweit nicht berücksichtigt wird, wenn wiederholt die Realitäten der Opfer nuklearer Tests zurückgewiesen werden. Gescheitert ist der NVV in dem Moment, als er es geschafft hat, die rhetorische, quantitative und qualitative Aufrüstung aller Atomwaffenstaaten zu legitimieren, anstatt sie zu stoppen. 

All das hätte mit einem Konsens der Staaten und einzuhaltenden Selbstverpflichtungen gerettet werden können. Dieser August war die Möglichkeit, einen Raum für Deeskalation und Abrüstung zu schaffen. Es war ein Zeitfenster, sich auf die einfache Botschaft zu besinnen, dass es nichts Gefährlicheres und Unrealistischeres gibt als den Wunderglauben, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden.

Die Atomwaffenstaaten sind nicht erst jetzt am 26. August daran gescheitert, das einzusehen. Sie haben lediglich wieder einmal offenbart, dass sie das gar nicht wollen. Dass sie diesen Raum der potenziellen Deeskalation für gegenseitige Angriffe und Provokationen nutzen, dass sie alle Menschen immer noch als Geiseln ihrer Machtphantasien halten, dass es keinen Sinn ergibt, einfach auf den guten Willen der Atomwaffenstaaten zu warten. 

Und genau aus dieser Offenbarung erwächst die Stärke des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV). Ein Ort internationaler Diplomatie, an dem Kooperation Drohung und Provokation überwiegt, und das obwohl die Vertragsstaaten bei vielen Themen überkreuz liegen. Es ist ein Ort, an dem verstanden wurde, dass es um das Überleben von Millionen Menschen geht und nicht um die geschädigten Egos einiger Machthungriger. Die Arbeitsweise und die Sprache sowie auch die Taten, die daraus folgen, sind beim Atomwaffenverbot konstruktiver, partizipativer, menschenfreundlicher und emanzipatorischer, als es die des NVV je sein werden. Aus der Offenbarung, dass der NVV nicht mehr angemessen und allein in der Lage ist, auf die nuklearen Bedrohungen unserer Zeit zu reagieren, ergibt sich die Dringlichkeit, den AVV zu stärken. Deutschland muss einen Erstschlag von seinem Territorium ausschließen, den AVV finanziell und politisch unterstützen, ihm beitreten und die eigene nukleare Teilhabe beenden. Das würde neuen Raum zur Deeskalation des zweiten Kalten Krieges öffnen, der sich mit dem Ende der NVV-Konferenz erstmal geschlossen hat. Sicherheit vor Atomwaffen gibt es nur ohne Atomwaffen.

In der Konferenz sollten alle Themen behandelt werden, bei denen es um nukleare Sicherheit in Verbindung mit Außenpolitik und Militär geht. Deswegen war es berechtigt und absolut notwendig, die besorgniserregenden Vorgänge rund um Europas größtes AKW Saporischschja anzusprechen. Doch die anwesenden Staaten konnten sich nicht einmal auf eine gemeinsame Realität hinsichtlich der Bedrohungslage einigen und deswegen auch keine Schritte zur Sicherung unternehmen. Dass der Konsens am Ende an einer Formulierung gescheitert sein soll, die eine ukrainische Kontrolle über das AKW fordert, ist eine vorgeschobene, aber vorhersehbare Ausrede. Nun darüber zu reden, dass dies der Stein des Anstoßes gewesen sein soll, verschleiert, dass die Atomwaffenstaaten und der Rest der Welt zu viel grundlegenderen Fragen auch keinen Konsens finden und sie nicht bereit sind, ihre atomare Gewalt von allein aufzugeben. 

Der Verweis auf die Situation im AKW Saporischschja war richtig, weil sie der Gefahr einer Atombombe gleicht und damit gelöst werden muss. Die Art und Weise, wie dies geschehen ist, hat der Gefahr rund um das AKW jedoch nicht geholfen. Russland ist allein verantwortlich dafür, dass überhaupt eine Gefahrenlage entstanden ist, und kann sich der Verantwortung darum nicht entziehen. Mit Opferumkehr und Gaslighting versuchen es aber immer wieder, der Öffentlichkeit einen Streitapfel hinzuwerfen, an dem unser Protest gegen die gemeinsame Geiselnahme der Atomwaffenstaaten gespalten werden soll. Solches Verhalten sehen wir aktuell vermehrt, aber nicht nur von Russland. Solche Äpfel ermöglichen es den westlichen Atomwaffenstaaten auch, sich als verantwortungsbewusst und besorgt um das Gemeinwohl aller darzustellen, nur weil die russische Regierung sich so unglaublich verachtend gegenüber Regeln der Menschlichkeit und Vernunft verhält, dass die fortwährende atomare Drohung der westlichen Staaten vor diesem Hintergrund als legitim und gut erscheint. Das müssen wir zurückweisen, denn jede Art von atomarer Gewalt ist unmenschlich, egal, von wem sie kommt.

Alle Atomwaffen sind menschenverachtend. Die Verantwortung für die mangelnde Umsetzung des NVV-Vertrages in den vergangenen Jahren und das Scheitern des Konferenzkonsens tragen alle Atomwaffenstaaten und ihre Verbündeten. Sie verletzen ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag massiv, indem sie atomar wieder aufrüsten. 

Die Bundesregierung ist dabei Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Kaum im Amt, hat die Ampelkoalition den Kauf des neuen Atombombers F-35 beschlossen, mit dem die deutsche Luftwaffe im Ernstfall Atombomben abwerfen können soll. Sie lässt die qualitative Aufrüstung der hier lagernden US-Atombomben zu, deckt ihre Verbündeten auf dem internationalen Parkett und verweigert sich der umfassenden Zusammenarbeit im Atomwaffenverbotsvertrag.

Marian Losse war Teil der DFG-VK-Jugenddelegation zur NPT Review Conference im August in New York City. Er studiert Friedens- und Konfliktforschung in Marburg.

Kategorie: 2022, atomwaffenfrei Stichworte: 202203, Atomwaffen, atomwaffenfrei, Atomwaffensperrvertrag, Atomwaffenverbotsvertrag

26. November 2022

Von Wien über Büchel bis nach New York

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

atomwaffenfrei

Ein Überblick über die Aktivitäten zur Abschaffung der Atomwaffen

Von Marion Küpker

In diesem Artikel werden die aktuellen Entwicklungen der Proteste gegen die Atomwaffen in Büchel im Zusammenhang mit der bundesweiten Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt und Ican Germany vorgestellt. Aus den Protesten unserer Friedensbewegung resultiert der Erfolg der Koalitionsvertrags-Zusage der Ampel-Regierung den Beobachterstatus in der 1. Staatenkonferenz zum Atomwaffen-Verbotsvertrag (1. MSP) im Juni als erstes Nato-Land in Wien einzunehmen. Im Vorfeld zur Staatenkonferenz fand das Ican-Forum gefolgt von der Konferenz über die humanitären Auswirkungen von Atomwaffen statt. Im Juli folgten Protestaktionen am Atomwaffenstützpunkt Büchel von IPPNW und Ican sowie die internationale Woche. Ende Juli folgte bereits die internationale Peace&Planet Netzwerk-Konferenz der Nichtregierungsorganisationen im Vorfeld der einmonatigen 10. Nichtverbreitungsvertrags-Konferenz (NVV/engl. NPT) in New York. 

Stand der nuklearen Aufrüstung in Büchel

Seit Juni und bis Januar 2026 wird der Atomwaffen-Stützpunkt Büchel für 259 Millionen Euro ausgebaut. Der Bauplan beinhaltet den Ausbau der Startbahn sowie die Modernisierung der Atomwaffen-Infra-
struktur. So sollen die Spezialbehälter in den Flugzeug-Hangars, wo die Atombomben gelagert sind, erneuert werden. 

Dies geschieht mit allen europäischen Atomwaffen-Standorten, die zur nuklearen Teilhabe der Nato gehören; das sind Belgien, Niederlande, Italien, und z.T. die Türkei, die nie eigene Piloten und Trägerflugzeuge stellte. Diese Baumaßnahmen dienen der Vorbereitung der Stationierung der neuen US-Atombomben vom Typ B61-12, deren Produktion Ende letzten Jahres in den USA begonnen hat. 

Für diese vier Jahre zog das Luftwaffengeschwader 33 im Juni mit den Tornado-Kampfjets in die Nähe auf die Militärbasis Nörvenich um. 

Die neue B61-12 soll eine kleinere Sprengkraft haben, maximal die ca. dreifache Sprengkraft der Hiroshimabombe, und nun satellitengesteuert und mit kleinen Heckflügeln ausgestattet im freien Fall genauer ins Ziel nachgesteuert werden können. Es ist eine erdeindringende Bombe, deren neuen Fähigkeiten die Hemmschwelle für einen nuklearen Einsatz senkt. 

Nukleare Teilhabe im Nuclear Posture Review

Die Nukleardoktrin des Nuclear Posture Review vom Februar 2018 – unter US-Präsident Trump – vertritt den frühzeitigen und flexiblen Einsatz von kleinen Nuklearwaffen sowie die Verkoppelung von konventionellen und kleineren nuklearen Waffen in der Kriegführung. Im aktuellen Nuclear Posture Review – unter US- Präsident Biden – wurde diese Doktrin nicht zurückgenommen und auch nicht der Verzicht auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen, wie es von der US-Friedensbewegung seit Langem gefordert wird. 

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich erläuterte in einem Interview 2020, dass das Thema der nuklearen Teilhabe symbolisch überladen bleibe, da sie stellvertretend für die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Nuklearschirms stehe. Auch wenn man der Meinung sei, die Abschreckung durch amerikanische Atomwaffen bleibe angesichts der neuen Bedrohungslagen unerlässlich, wäre diese bereits durch US-Interkontinentalraketen, die US-Bomberflotte und die nuklear bestückte U-Bootflotte (vor Europas Küste) garantiert.

Neue Atomwaffenträger-Kampfjets. Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, entschied die Ampel-Koalition im Juni über das zu kaufende neue Atomwaffenträger-Kampfflugzeug: 35 Stück des US-amerikanischen F35-Tarnkappenjets des Herstellers Lockheed Martin sollen als Tornado-Nachfolgemodell für die neuen Atombomben des Militärflugplatzes Büchel gekauft werden. 

Bisher wurde die Anschaffung neuer Atomwaffen-Trägerflugzeuge mit 10 Milliarden Euro veranschlagt. Das beschlossene 100-Milliarden-„Sondervermögen“ soll auch dazu dienen, die geplanten Atombomber-Ausgaben für Büchel sowie das für das Jahr 2040 mit Frankreich geplante Future Combat Air System (FCAS) mit nuklearfähigem EU-Kampfflugzeug zu finanzieren. Auch Italien, Belgien und die Niederlande haben sich für den F35 als neuen Atomwaffenträger entschieden.

Widerstandsaktionen in Büchel

Seit dem Jahr 2020 verringerte die Corona-Pandemie die Größe und Anzahl der Proteste. Die regionalen Behörden nutzten die Corona-Zeit, um unsere Bedingungen vor Ort weiter zu verschlechtern: Ein Grundstückspächter, der uns seit über 14 Jahren unterstützte, wurde vertrieben (zwangsgeräumt). Campflächen am Haupttor wurden in Blüten-/Insektenschutz-Wiesen umgewidmet, Parkmöglichkeiten extrem eingeschränkt.

Gruppen werden jetzt ca. 20 Kilometer entfernt auf privaten Campingplätzen an der Mosel, an Vulkanseen oder in regionalen Tagungshäusern untergebracht und organisierten ihre Aktionen von dort aus. 

Das Anmelden von Mahnwachen ist zum jetzigen Zeitpunkt am Verkehrskreisel nach wie vor möglich, und auch die in 100 Meter vom Haupttor entfernte Friedenswiese wird bisher geduldet. 

Auf www.buechel-atombombenfrei.de finden sich alle teilnehmenden Friedensgruppen und Büchel-Aktionen sowie sonstige wichtige Informationen.

Gerichtsprozesse der Go-in-Aktionen

In den letzten drei Jahre wurden über 60 Gerichtsprozesse geführt. Viele davon aus den Jahren 2017, 2018 und 2019, als die meisten Go-in-Aktionen stattfanden. Alle Prozesse wurden von den friedenspolitischen Soligruppen im Amtsgericht Cochem und im Landgericht Koblenz mit Mahnwachen und Prozessbeobachtungen begleitet. 

Europäische Vernetzung

Nuclear-Free Europe (nukefreeeurope.eu) heißt unsere europäische Kampagne zur Beendigung der nuklearen Teilhabe in Europa. Eine Welt frei von Atomwaffen, die Eindämmung der Klimakrise samt Klimagerechtigkeit und unser Recht auf Leben und Gesundheit – alle diese Ziele gehören zusammen! So wird die internationale Woche im kommenden Jahr am niederländischen Atomwaffen-Stützpunkt Volkel stattfinden. Auch dort werden Go-in-Aktionen durchgeführt.

Warum die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes

Das europäische Gericht in Straßburg wurde angerufen, da unser aller Recht auf Verteidigung bisher in allen deutschen Gerichtsinstanzen verletzt wurde: Auch völker- und verfassungsrechtliche Fragen sind zu prüfen, anstatt nur reduziert der Sachverhalt von „Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung“. In keinem Verfahren wurden unsere VölkerrechtsexpertInnen und Sachverständige als ZeugInnen zugelassen, die die illegale Atomwaffen-Stationierung und auch die illegale nukleare Teilhabe hätten belegen können und womit wir unser Recht auf Notwehr begründen. 

Uns ist bewusst, dass das Bundesverfassungsgericht dafür bekannt ist, sich nicht mit rechtlichen Fragen zur Außenpolitik unserer Regierung beschäftigen zu wollen. Der Europäische Gerichtshof hat hier u.a. die Möglichkeit, die Verletzung des Rechtes auf Verteidigung anzuerkennen und das Verfahren an das deutsche Verfassungsgericht mit der Aufforderung zurück zu geben. Letztendlich verteidigen wir damit das internationale Recht. Ohne unsere Beschwerdeklagen hätte der Europäische Gerichtshof gar nicht erst die Chance, seine Gesetze anzuwenden. 

Mahnwachen hinter Gittern

Seit Mai, und damit auch während der erhöhten Atomkriegsgefahr durch den Ukrainekrieg, haben bisher drei Personen ihre Geldstrafe wegen „Hausfriedensbruch“ und „Sachbeschädigung“ in eine 30-tägige Ersatzfreiheitsstrafe als Mahnwache hinter Gittern umgewandelt. 

Für das kommende Jahr arbeiten Prozessierende aktuell an einer neuen Strategie, wie wir unsere Proteste stärker gemeinsam gegen die Gerichte anwenden könn(t)en. 

Prozesskosten werden immer wieder aus der Friedensbewegung und von engagierten AnwältInnen mitgetragen. Wir freuen uns jederzeit über nötige weitere Spenden auf unser Konto der GAAA (Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen), die eine Mitgliedsgruppe der DFG-VK ist: DE57 4306 0967 8019 1512 00, Verwendungszweck: Prozesskosten

Atomwaffen-Verbotsvertrag – Druck aus der Zivilgesellschaft 

Der Druck auf unsere Regierung wurde über „Lobbyarbeit von unten“ durch den Städte- und Abgeordnetenappell und die Organisation der „BürgermeisterInnen für den Frieden“ immer weiter ausgebaut, damit ein Beitritt Deutschlands zum Atomwaffen-Verbotsvertrag endlich erfolgen kann. 

Hierfür machten sich unsere Trägerkreisorganisationen gemeinsam mit Ican stark: Unsere Forderung an unsere Regierung unterstützen bereits über 837 BürgermeisterInnen für den Frieden (Mayors for Peace – weltweit sind es über 8 206 Städte), 650 Landtags-, Bundestags- und Europa-Abgeordnete (davon 180 MdBs) sowie über 137 Städte, die dem Ican-Städteappell beigetreten sind. Damit werden 29 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentiert. Deutschland steht beim Städteappell weltweit auf Platz 1 und steht bei der Anzahl der Mayors for Peace auf Platz 3, nach Japan und den Iran. 

Bis heute haben bereits 68 Staaten den Verbotsvertrag ratifiziert und 92 weitere Staaten haben ihn bisher unterzeichnet. Zum jetzigen Zeitpunkt hat immer noch kein einziger Atomwaffenstaat und auch kein einziges Nato-Mitgliedsland diesen Verbotsvertrag unterzeichnet. 

Internationale Konferenzen

Unsere Proteste und die Wiener und New Yorker-Abrüstungskonferenzen standen alle vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine und auch der weiter eskalierenden Beteiligung vieler westlicher Länder, z.B. durch Waffenlieferungen an die Ukraine. Es ist ein Krieg, der sich jederzeit in einen regionalen oder auch globalen Atomkrieg ausweiten kann bzw. in eine atomare Katastrophe durch die sechs AKWs im Kriegsgebiet. 

Überdeutlich zeigt es das Scheitern der nuklearen Abschreckungspolitik, die diesen Krieg nicht verhindern konnte. Dieses haben alle Atommächte mit zu verantworten, da sie seit Jahrzehnten ihrer Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung nicht nachgekommen sind, sondern stattdessen weiter aufrüsten.

Ican-Forum in Wien

Im Juni fuhren insgesamt ca. 50 Friedensbewegte aus verschiedenen Gruppen und Organisationen nach Wien. Das Ican-Forum war eine großartige Möglichkeit für internationale Nichtregierungsorganisationen und AktivistInnen, sich über unser Netzwerk zu informieren und sich über unsere gemeinsame Strategie auszutauschen: 40 organisierte Workshops mit über 100 internationalen ReferentInnen. 

Wir inspirierten uns gegenseitig mit guten Argumenten und knüpften neue Kontakte. Ich habe bei diesem ersten Treffen nach der langen Corona-Isolierung stark gespürt, wie wichtig unsere physischen Treffen sind, die die individuelle Vernetzung auch in Einzelgesprächen ermöglichen. Dafür können Videokonferenzen kein vollständiger Ersatz sein. 

Die Workshops finden sich hier: https://vienna.icanw.org/forum

Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen. Am 20. Juni haben in der 4. Konferenz zu den „Humanitären Auswirkungen von Atomwaffen“, die vom österreichischem Außenministerium organisiert wurde, viele RegierungsvertreterInnen teilgenommen. Wir hatten exzellente wissenschaftliche Präsentationen zu Klima und Atomwaffen, die uns allen den Wahnsinn diverser Atombomben-Einsatzstrategien vorführten. Die Ergebnisse der atomaren Einsatzszenarien machten deutlich, dass die nukleare Abschreckung eine Sackgasse ist. Und auch die Atomgefahren zeigen unser bisheriges Glück bei den Atomwaffen-Unfällen. Diese Gefahr vergrößert sich mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. 

Ich war überrascht, mit welcher Stärke dieser Wahnsinn von vielen Regierungsvertretern der Nichtatomwaffen-Staaten wahrgenommen und formuliert wurde. Trotzdem wurde demgegenüber der Bedarf an Atomkraftwerken von vielen Nicht-Atomwaffenstaaten immer wieder bekräftigt. 

Mary Olsen aus den USA referierte über die Gefahren durch radioaktive Niedrigstrahlung und sprach über Gender & Radioaktivität. Als Biologin belegte sie in Studien, dass Mädchen und Frauen um ein Vielfaches mehr durch radioaktive Strahlung geschädigt werden als Jungen und Männer. (https://childrenofatomicveterans.org/)

Erste Staatenkonferenz zum Atomwaffen-Verbotsvertrag (AVV). Die 1. MSP-Konferenz (Meeting of States Parties) fand direkt im Anschluss Ende Juni in Wien statt. Überraschend war, dass neben dem deutschen Vertreter nun doch mehrere Nato-Länder mit Beobachterstatus vertreten waren; darunter mit den Niederlanden und mit Belgien zwei weitere Länder mit der „nukleare Teilhabe in der Nato“ sowie die Nicht-Nato-Länder Schweden, Norwegen, Australien und die Schweiz. 

In der 1. MSP-Abschlusserklärung wurde Russland nicht namentlich und alleinstehend bezüglich der nuklearen Abschreckungspolitik verurteilt, sondern alle Atomwaffenstaaten, da sie alle auf die nukleare Abschreckung setzen und die Welt damit in Geiselhaft halten. Sie alle rüsten nicht ab, sondern rüsten sogar ihre Atomwaffenarsenale mit ganz neuen Waffensystemen auf. 

Einzelne Delegierte der Nato-Staaten haben diese fehlende Verurteilung Russlands mit Alleinstellungscharakter im Anschluss stark kritisiert. Dabei zeigt dies, warum 122 Nichtatomwaffenstaaten nach jahrzehntelangen NVV-Überprüfungskonferenzen,
in denen den Weg Richtung Verbotsvertrag eingeschlagen haben. Es war ihre Frustration gegenüber diesen NVV-Überprüfungskonferenzen, in denen die westlichen Atommächte nicht zu vollständigen und gleichzeitigen Abrüstungsschritten bereit waren und die Verantwortung dafür ausschließlich China, Nordkorea, Iran und Russland zugewiesen werden sollte. Diese Doppelmoral, bzw. dieser Doppelstandard wird durch die jetzigen Atomwaffen-Verbotsvertrags- Konferenzen immer offensichtlicher und für die Atomwaffenstaaten zur vermehrten Blamage, zumal immer mehr Nicht-Atomwaffenstaaten dem Verbotsvertrag beitreten. 

Beim Atomwaffen-Verbotsvertrag haben die Atommächte kein Vetorecht, von dem sie regelmäßig beim Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag Gebrauch gemacht haben. So wurde und wird die Welt weiter unter dem nuklearen Damoklesschwert gehalten. 

Als eines der ersten Ziele der AVV-Konferenz wurde erreicht: Viele Staaten, die z.B. von den humanitären Auswirkungen der Atomtests schwer getroffen sind, sollen zukünftig Gelder für einen Opferhilfefonds erhalten, woran sich auch Deutschland beteiligen möchte. Unsere Regierung kommt nicht ganz am Verbotsvertrag vorbei, ohne das Gesicht zu verlieren – ein erstes kleines Zugeständnis, das mit dem öffentlichen Druck aus unserer Zivilgesellschaft zu tun hat. 

Vom 1. bis 26. August fand die NVV-Konferenz in der UN statt. In der ersten Woche wurden Berichte der einzelnen Länder vorgetragen. Am 2. August hielt Außenministerin Baerbock ihre Rede, in der sie kein Wort über die Verletzungen des NVV/NPT durch Deutschland oder andere westliche Atommächte oder Nato-Staaten verlor. Kein Wort über die vertragsbrüchige nukleare Teilhabe, die laut der International Lawyers Against Nuclear Arms gegen Artikel I und II des NVV verstößt, da der Vertrag die unmittelbare sowie die mittelbare Weitergabe/Annahme der Verfügungsgewalt von Atomwaffen – also die Mitwirkung – verbietet.

Es gab auch kein Wort über die nukleare Aufrüstung durch die geplante Neustationierung der B61-12 US-Atombomben in Deutschland, die gegen den Artikel VI, Weiterverbreitung von Atomwaffen gegenüber der Verpflichtung zur Abrüstung, verstößt. Stattdessen wurden namentlich alleine China, Nordkorea, Iran und Russland von Baerbock verurteilt. Nachdem China einen Tag später in der Rede die nukleare Teilhabe der Nato in Europa kritisierte (was notwendig ist, damit daraus kein Gewohnheitsrecht wird), reichte Annalena Baerbock am 4. August eine schriftliche Erwiderung in der UN-Generalversammlung ein. Sie erklärte darin, dass die nukleare Teilhabe nicht gegen den Vertrag verstoße, weil – sinngemäß – diese bereits vor der Unterzeichnung des Vertrages bestanden habe. Dieser Rechtsauffassung wird allerdings von internationalen RechtsexpertInnen widersprochen. 

Saubere Atomenergie als Klimaretter?! Für das Scheitern des Nichtzustandekommens des NVV-Abschlussdokuments kann und darf nicht allein Russland verantwortlich gemacht werden. Der Text des Abschlussdokumentes ist unabhängig von der AKW-Katastrophengefahr im Ukrainekrieg eine inhaltliche Katastrophe, was die Rettung des Klimas betrifft, woran Deutschland mitbeteiligt ist. 

Beim Lesen des 35-seitigen NVV-Abschluss-Dokumentes wird deutlich, dass es sich hier eher um ein reines Werbedokument für „Atoms for Peace“ durch die IAEO (Internationale Atomaufsichtsorganisation) handelt, die die Nicht-Atomwaffenstaaten auf die Rettung der Welt und des Klimas mit ziviler Atomtechnologie festnageln will. Die Hälfte der Paragrafen befasst sich damit, die Wissenschaft der Atomtechnologie auszubauen, weitere Staaten zu ermutigen, Atomtechnologie zu erwerben, sie darin umfassend zu unterstützen und vertraglich darauf zu verpflichten und einzuschwören.

Dabei ist gerade der Einmarsch Russlands in die Ukraine mit der gefährlichen Besetzung von Kernkraftwerken ein sehr deutliches Beispiel, wohin die Gefahren der Nukleartechnologie gerade unter Kriegsbedingungen führen kann. 

Stattdessen wurde in der EU-Taxonomie die Atomenergie aktuell als nachhaltige Energieform aufgenommen und die IAEO spricht offen von „Mit Atomstrom gegen den Klimawandel“ bzw. die USA vom weltweiten Export von kleineren mobilen Atomreaktoren. 

Auch wenn Deutschland sich hier vorerst bedeckt gehalten hat: Es ist Mitglied einer Gruppe von Staaten, die sich unter dem Namen „Non-Proliferation and Disarmament Initiative“ zusammengeschlossen haben. Für die Vorbereitungskonferenz zur NVV (NPT PrepCom) im Jahr 2019 erarbeiteten sie ein Arbeitspapier mit dem Titel „Förderung der friedlichen Nutzung der Kerntechnik: ein Instrument zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung“. 

International Renewable Energy Agency (Irena). Während der NVV auf Atomenergie setzt, wurde bereits im Jahr 2009 Irena von 75 Staaten als Alternative gegründet. Irena unterhält ein Büro eines ständigen Beobachters bei den Vereinigten Nationen in New York, ein weiteres Büro in Bonn und hat ihre Zentrale in Abu Dhabi. Um den weltweiten Einsatz erneuerbarer Energien zu erzielen bekundeten die Regierungen ihr Engagement für einen Wandel des globalen Energieparadigmas. Sie entwickelten einen Fahrplan zur Verdoppelung der weltweiten Nutzung erneuerbarer Energien bis 2030. Es lohnt sich, dazu die Irena-Webseite anzusehen: www.irena.org/aboutirena

Das Nichtzustandekommen des Abschlussdokumentes ist zwar eine Enttäuschung, aber auch ein Zeichen für den erfolgreicheren Weg des Atomwaffen-Verbotsvertrages, der einen Aktionsplan verabschiedet hat. Die AVV-Folgekonferenz findet bereits im November nächsten Jahres in der UN in New York statt. 

Mein Fazit: Nukleare Abrüstung geht nur gemeinsam mit allen Atommächten und ohne Atomenergie!

Marion Küpker ist internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen.

Kategorie: 2022, atomwaffenfrei Stichworte: 202203, Atomwaffen, atomwaffenfrei

26. November 2022

„Solidaritätskonto auf der Anklagebank“

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

atomwaffenfrei

Strafverfahren gegen Atomwaffengegner eingestellt

Von Ariane Dettloff

Ein weiterer Einschüchterungsversuch der Bundeswehr gegen Anti-Atomwaffen-Aktivist*innen am Atomwaffen-Stationierungsort Büchel konnte am 8. September in Korbach (Hessen) abgewehrt werden. Dort wurde die Strafanzeige des Büchel-Kommandanten gegen Uwe Lutz-Scholten verhandelt. Das Verfahren wurde vom Amtsgericht wegen Geringfügigkeit eingestellt. Lutz-Scholten war seitens der Bundeswehr vorgeworfen worden, durch die Verwaltung eines Solidaritätskontos für Prozesskosten zivil Ungehorsamer am Fliegerhorst Büchel „Beihilfe zu einer öffentlichen Aufforderung zu einer Straftat“ geleistet zu haben. 

Der Hintergrund: Auf der Website der Aktion „Digging for Life“ war das Konto genannt worden. „Stoppt die nächste Katastrophe – Atomwaffen abschaffen!“ hieß es da neben einem Foto von rosa Schaufeln vor einer Rolle Nato-Stacheldraht, verbunden mit zwei Zielsetzungen: Die CO2-Emissionen des Militärs sollten bei der Berechnung der Klimaziele einbezogen und Widerstand gegen die Pläne, eine neue Atombomben-Generation – die US-amerikanischen B61-12 – in Europa zu stationieren, organisiert werden. 

Bisher üben deutsche Piloten des Jagdbombergeschwaders 33 in der Eifel täglich mit Attrappen den Abwurf dort lagernder frei fallender Wasserstoffbomben. In Zukunft sollen es Bomben mit Präzisionssteuerung und variabler Sprengkraft sein – ausdrücklich, um sie „besser einsetzbar“ zu machen. 

In seiner Verteidigungsrede, mit der er die Zahlung eines Strafbefehls über 200 Euro ablehnte, erklärte Lutz-Scholten: „Die Anzeige des Kasernenkommandanten des Atomwaffenlagers Büchel (…) gegen mich (…) scheint mir auch nicht in einem rechten Verhältnis zu stehen zu dem, was er selbst und die dort eingesetzten Bundeswehrsoldaten mit ihrem Handeln zu verantworten haben. Denn in Büchel wird täglich der Einsatz von Atomwaffen durch die Bundeswehr geübt, damit diese im sogenannten Ernstfall, auch tatsächlich eingesetzt werden können. (…) Auf diesem Hintergrund haben sich einige engagierte Menschen entschlossen, durch Regelverstöße in Form des gewaltfreien zivilen Ungehorsams mehr öffentliches Interesse zu erregen und durch ihr Handeln die permanente atomare Bedrohung zumindest zeitweise zu stoppen. In den anschließenden Prozessen ist dann auch die Justiz aufgefordert, zwei Rechtsgüter miteinander abzuwägen: Das Recht auf das Nicht-Betreten einer militärischen Anlage mit dem Recht auf die Unversehrtheit des Lebens, das durch diese Anlage ständig bedroht wird.“

Diese Abwägung fand auch diesmal wie schon in 99 Prozessen um den gewaltfreien Widerstand in Büchel nicht statt. Die Richterin befand, ein Solidaritätskonto für Aktivist*innen könne „Straftaten begünstigen“. Anwalt Christoph Weltecke beantragte schließlich die Einstellung des Verfahrens nach Paragraph 153 Strafprozessordnung wegen Geringfügigkeit, und Richterin und Staatsanwältin stimmten zu. Somit können kriminalisierte Atomwaffengegner*innen weiterhin Prozesskostenhilfe erhalten. Die Waldeckische Landeszeitung berichtete ausführlich unter der Überschrift „Gerichtsverhandlung wird zur Friedensdemo“ (https://bit.ly/3TXuPFe).

Damit ist eine weitere Zielsetzung der gewaltfrei Aktiven in Büchel erreicht: den Skandal der völkerrechtswidrigen Stationierung von Atomwaffen und Drohung, sie einzusetzen, einer breiteren Öffentlichkeit bewusst zu machen. Im Gerichtssaal blieb die Öffentlichkeit auf die Präsenz von zehn Beobachtenden beschränkt. Weitere zehn Unterstützende mussten vor der Tür bleiben, was sie jedoch im Nachhinein positiv werteten, konnten sie doch die Zeit für Diskussionen mit dem als Zeugen geladenen Fliegerhorst-Kommandanten nutzen. 

Auch die dem Prozess vorhergehende Mahnwache hatte Passanten und Straßencafé-Gäste der nordhessischen Kreisstadt erreicht, unter anderem mit einem Zitat des Arztes und Philosophen Albert Schweitzer. Er erklärte schon 1962: „Wir, die wir den Kampf gegen die Atomwaffen führen, treten nicht als Ankläger, sondern als Richter auf. Wir richten im Namen der Vernunft und der Menschlichkeit und wollen eine öffentliche Meinung schaffen, die richtet wie wir und zuletzt die Abschaffung der Atomwaffen erzwingen soll.“

Ariane Dettloff ist langjähriges DFG-VK-Mitglied und aktiv gegen Atomwaffen in Büchel.

Kategorie: 2022, atomwaffenfrei Stichworte: 202203, Atomwaffen, atomwaffenfrei

1. September 2021

Die Forderung: Atomwaffen verbieten

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

Antimilitarismus

Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl der von der DFG-VK mitgetragenen Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“

In der aktuellen Legislaturperiode konnte die Friedensbewegung einige beachtliche Erfolge erzielen, um Druck für nukleare Abrüstung zu machen. Mehr als 120 Städte haben inzwischen den Ican-Städteappell unterzeichnet und fordern die Bundesregierung dazu auf, dem UN-Atomwaffenverbot (AVV) beizutreten. Mit Bremen, Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz konnten sogar vier Bundesländer dazu gewonnen werden, sich diesem Appell anzuschließen. Ein weiterer großer Erfolg war das Einwirken der Friedensbewegung auf die SPD, als es um die Anschaffung eines neuen Trägersystems ging. Kein neuer Atombomber in der 19. Legislaturperiode. Doch wie geht es bei diesem und weiteren Kernforderungen der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ nach der Wahl weiter?

Wir haben in die Wahlprogramme geschaut und uns gefragt, wie die Parteien zu den zentralen Forderungen unserer Kampagne stehen. 

CDU/CSU

Die Unionsparteien betonen, solange es Staaten mit Atomwaffen gebe, brauche Europa „weiterhin den nuklearen Schutzschirm der USA“. Daher sind sie für eine „entschlossene Fortsetzung“ der nuklearen Teilhabe Deutschlands und die Bereitstellung der notwenigen Mittel (sprich: neuer Atombomber für die Bundeswehr) dafür. Die langfristige Vision sei eine Welt, „in der nukleare Waffen als Abschreckung nicht mehr nötig sind“. Sie wollen daher Initiativen unterstützen, „die zu mehr Sicherheit beitragen“. Konkrete Schritte dorthin gibt es aber nicht. Der Atomwaffenverbotsvertrag wird nicht genannt.

SPD 

Die SPD betont, sie sei für eine Welt ohne Atomwaffen. Dafür will sie sich für Abrüstungsverhandlungen einsetzen – auch mit dem Ziel, „die in Europa und in Deutschland stationierten Atomwaffen endlich abzuziehen und zu vernichten“. Deutschland solle die Intentionen des UN-Atomwaffenverbotsvertrages als Beobachter „konstruktiv begleiten“. Die Entscheidung über einen Nachfolger der Tornado-Kampfflugzeuge macht die SPD von einer sorgfältigen Erörterung der nuklearen Teilhabe abhängig.

Bündnis 90/Die Grünen

Der Anspruch von Bündnis 90/Die Grünen ist „nichts Geringeres als eine atomwaffenfreie Welt“. Sie wollen ein Deutschland frei von Atomwaffen und einen deutschen Beitritt zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag. Die Formulierungen dazu sind jedoch sehr schwammig. Wann soll dies geschehen? In der nächsten Legislaturperiode oder in 20 Jahren? Die Grünen sprachen sich ebenfalls dagegen aus, ein klares „Nein“ zu einem neuen Atombomber in ihr Wahlprogramm aufzunehmen, wie wir in einer Pressemitteilung zum Wahlparteitag der Grünen im Juni herausgearbeitet haben. Deutschland solle zuerst mit einem Beobachterstatus an der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrages teilnehmen und u. a. eine internationale Initiative zur Reduzierung der Zahl von Atomwaffen starten. (…)

Die Linke

Deutschland muss, so die Linke in ihrem Wahlprogramm, den Atomwaffenverbotsvertrag der UN unterzeichnen, die nukleare Teilhabe in der Nato beenden und darf keine Trägersysteme bzw.  Pilotinnen und Piloten mehr für den Einsatz von Atomwaffen bereitstellen. Die US-Atomwaffen sollten sofort aus Büchel abgezogen und vernichtet werden. (…)FDP: Die Freien Demokraten bekennen sich zum „langfristigen Ziel einer atomwaffenfreien Welt“. Auf Grund der zunehmenden Gefahr durch Nuklearwaffen wollen sie, dass Deutschland und Europa Impulsgeber sind, um Abrüstungs- und Rüstungskontrollinstrumente „zu erneuern und neu zu denken“. Zu unseren konkreten Forderungen verhalten sich die Liberalen nicht. Auf Nachfrage von „Ohne Rüstung Leben“ verneint sie diese aber zum jetzigen Zeitpunkt. Die Frage, ob Deutschland als Beobachter bei der ersten Vertragsstaatenkonferenz des AVV dabei sein solle, lehnte ein Redner der FDP im Januar im Bundestag ab. Dies führe zu „Kollateralschäden“ im Verhältnis zu Deutschlands Verbündeten.

Kategorie: Atomwaffen Stichworte: 202103, Atomwaffen, atomwaffenfrei, Büchel

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