![]() | Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 3/2022 |
atomwaffenfrei
Ein Überblick über die Aktivitäten zur Abschaffung der Atomwaffen
Von Marion Küpker

In diesem Artikel werden die aktuellen Entwicklungen der Proteste gegen die Atomwaffen in Büchel im Zusammenhang mit der bundesweiten Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt und Ican Germany vorgestellt. Aus den Protesten unserer Friedensbewegung resultiert der Erfolg der Koalitionsvertrags-Zusage der Ampel-Regierung den Beobachterstatus in der 1. Staatenkonferenz zum Atomwaffen-Verbotsvertrag (1. MSP) im Juni als erstes Nato-Land in Wien einzunehmen. Im Vorfeld zur Staatenkonferenz fand das Ican-Forum gefolgt von der Konferenz über die humanitären Auswirkungen von Atomwaffen statt. Im Juli folgten Protestaktionen am Atomwaffenstützpunkt Büchel von IPPNW und Ican sowie die internationale Woche. Ende Juli folgte bereits die internationale Peace&Planet Netzwerk-Konferenz der Nichtregierungsorganisationen im Vorfeld der einmonatigen 10. Nichtverbreitungsvertrags-Konferenz (NVV/engl. NPT) in New York.
Stand der nuklearen Aufrüstung in Büchel
Seit Juni und bis Januar 2026 wird der Atomwaffen-Stützpunkt Büchel für 259 Millionen Euro ausgebaut. Der Bauplan beinhaltet den Ausbau der Startbahn sowie die Modernisierung der Atomwaffen-Infra-
struktur. So sollen die Spezialbehälter in den Flugzeug-Hangars, wo die Atombomben gelagert sind, erneuert werden.
Dies geschieht mit allen europäischen Atomwaffen-Standorten, die zur nuklearen Teilhabe der Nato gehören; das sind Belgien, Niederlande, Italien, und z.T. die Türkei, die nie eigene Piloten und Trägerflugzeuge stellte. Diese Baumaßnahmen dienen der Vorbereitung der Stationierung der neuen US-Atombomben vom Typ B61-12, deren Produktion Ende letzten Jahres in den USA begonnen hat.
Für diese vier Jahre zog das Luftwaffengeschwader 33 im Juni mit den Tornado-Kampfjets in die Nähe auf die Militärbasis Nörvenich um.
Die neue B61-12 soll eine kleinere Sprengkraft haben, maximal die ca. dreifache Sprengkraft der Hiroshimabombe, und nun satellitengesteuert und mit kleinen Heckflügeln ausgestattet im freien Fall genauer ins Ziel nachgesteuert werden können. Es ist eine erdeindringende Bombe, deren neuen Fähigkeiten die Hemmschwelle für einen nuklearen Einsatz senkt.
Nukleare Teilhabe im Nuclear Posture Review
Die Nukleardoktrin des Nuclear Posture Review vom Februar 2018 – unter US-Präsident Trump – vertritt den frühzeitigen und flexiblen Einsatz von kleinen Nuklearwaffen sowie die Verkoppelung von konventionellen und kleineren nuklearen Waffen in der Kriegführung. Im aktuellen Nuclear Posture Review – unter US- Präsident Biden – wurde diese Doktrin nicht zurückgenommen und auch nicht der Verzicht auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen, wie es von der US-Friedensbewegung seit Langem gefordert wird.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich erläuterte in einem Interview 2020, dass das Thema der nuklearen Teilhabe symbolisch überladen bleibe, da sie stellvertretend für die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Nuklearschirms stehe. Auch wenn man der Meinung sei, die Abschreckung durch amerikanische Atomwaffen bleibe angesichts der neuen Bedrohungslagen unerlässlich, wäre diese bereits durch US-Interkontinentalraketen, die US-Bomberflotte und die nuklear bestückte U-Bootflotte (vor Europas Küste) garantiert.
Neue Atomwaffenträger-Kampfjets. Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, entschied die Ampel-Koalition im Juni über das zu kaufende neue Atomwaffenträger-Kampfflugzeug: 35 Stück des US-amerikanischen F35-Tarnkappenjets des Herstellers Lockheed Martin sollen als Tornado-Nachfolgemodell für die neuen Atombomben des Militärflugplatzes Büchel gekauft werden.
Bisher wurde die Anschaffung neuer Atomwaffen-Trägerflugzeuge mit 10 Milliarden Euro veranschlagt. Das beschlossene 100-Milliarden-„Sondervermögen“ soll auch dazu dienen, die geplanten Atombomber-Ausgaben für Büchel sowie das für das Jahr 2040 mit Frankreich geplante Future Combat Air System (FCAS) mit nuklearfähigem EU-Kampfflugzeug zu finanzieren. Auch Italien, Belgien und die Niederlande haben sich für den F35 als neuen Atomwaffenträger entschieden.
Widerstandsaktionen in Büchel
Seit dem Jahr 2020 verringerte die Corona-Pandemie die Größe und Anzahl der Proteste. Die regionalen Behörden nutzten die Corona-Zeit, um unsere Bedingungen vor Ort weiter zu verschlechtern: Ein Grundstückspächter, der uns seit über 14 Jahren unterstützte, wurde vertrieben (zwangsgeräumt). Campflächen am Haupttor wurden in Blüten-/Insektenschutz-Wiesen umgewidmet, Parkmöglichkeiten extrem eingeschränkt.
Gruppen werden jetzt ca. 20 Kilometer entfernt auf privaten Campingplätzen an der Mosel, an Vulkanseen oder in regionalen Tagungshäusern untergebracht und organisierten ihre Aktionen von dort aus.
Das Anmelden von Mahnwachen ist zum jetzigen Zeitpunkt am Verkehrskreisel nach wie vor möglich, und auch die in 100 Meter vom Haupttor entfernte Friedenswiese wird bisher geduldet.
Auf www.buechel-atombombenfrei.de finden sich alle teilnehmenden Friedensgruppen und Büchel-Aktionen sowie sonstige wichtige Informationen.
Gerichtsprozesse der Go-in-Aktionen
In den letzten drei Jahre wurden über 60 Gerichtsprozesse geführt. Viele davon aus den Jahren 2017, 2018 und 2019, als die meisten Go-in-Aktionen stattfanden. Alle Prozesse wurden von den friedenspolitischen Soligruppen im Amtsgericht Cochem und im Landgericht Koblenz mit Mahnwachen und Prozessbeobachtungen begleitet.
Europäische Vernetzung
Nuclear-Free Europe (nukefreeeurope.eu) heißt unsere europäische Kampagne zur Beendigung der nuklearen Teilhabe in Europa. Eine Welt frei von Atomwaffen, die Eindämmung der Klimakrise samt Klimagerechtigkeit und unser Recht auf Leben und Gesundheit – alle diese Ziele gehören zusammen! So wird die internationale Woche im kommenden Jahr am niederländischen Atomwaffen-Stützpunkt Volkel stattfinden. Auch dort werden Go-in-Aktionen durchgeführt.
Warum die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes
Das europäische Gericht in Straßburg wurde angerufen, da unser aller Recht auf Verteidigung bisher in allen deutschen Gerichtsinstanzen verletzt wurde: Auch völker- und verfassungsrechtliche Fragen sind zu prüfen, anstatt nur reduziert der Sachverhalt von „Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung“. In keinem Verfahren wurden unsere VölkerrechtsexpertInnen und Sachverständige als ZeugInnen zugelassen, die die illegale Atomwaffen-Stationierung und auch die illegale nukleare Teilhabe hätten belegen können und womit wir unser Recht auf Notwehr begründen.
Uns ist bewusst, dass das Bundesverfassungsgericht dafür bekannt ist, sich nicht mit rechtlichen Fragen zur Außenpolitik unserer Regierung beschäftigen zu wollen. Der Europäische Gerichtshof hat hier u.a. die Möglichkeit, die Verletzung des Rechtes auf Verteidigung anzuerkennen und das Verfahren an das deutsche Verfassungsgericht mit der Aufforderung zurück zu geben. Letztendlich verteidigen wir damit das internationale Recht. Ohne unsere Beschwerdeklagen hätte der Europäische Gerichtshof gar nicht erst die Chance, seine Gesetze anzuwenden.
Mahnwachen hinter Gittern
Seit Mai, und damit auch während der erhöhten Atomkriegsgefahr durch den Ukrainekrieg, haben bisher drei Personen ihre Geldstrafe wegen „Hausfriedensbruch“ und „Sachbeschädigung“ in eine 30-tägige Ersatzfreiheitsstrafe als Mahnwache hinter Gittern umgewandelt.
Für das kommende Jahr arbeiten Prozessierende aktuell an einer neuen Strategie, wie wir unsere Proteste stärker gemeinsam gegen die Gerichte anwenden könn(t)en.
Prozesskosten werden immer wieder aus der Friedensbewegung und von engagierten AnwältInnen mitgetragen. Wir freuen uns jederzeit über nötige weitere Spenden auf unser Konto der GAAA (Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen), die eine Mitgliedsgruppe der DFG-VK ist: DE57 4306 0967 8019 1512 00, Verwendungszweck: Prozesskosten
Atomwaffen-Verbotsvertrag – Druck aus der Zivilgesellschaft
Der Druck auf unsere Regierung wurde über „Lobbyarbeit von unten“ durch den Städte- und Abgeordnetenappell und die Organisation der „BürgermeisterInnen für den Frieden“ immer weiter ausgebaut, damit ein Beitritt Deutschlands zum Atomwaffen-Verbotsvertrag endlich erfolgen kann.
Hierfür machten sich unsere Trägerkreisorganisationen gemeinsam mit Ican stark: Unsere Forderung an unsere Regierung unterstützen bereits über 837 BürgermeisterInnen für den Frieden (Mayors for Peace – weltweit sind es über 8 206 Städte), 650 Landtags-, Bundestags- und Europa-Abgeordnete (davon 180 MdBs) sowie über 137 Städte, die dem Ican-Städteappell beigetreten sind. Damit werden 29 Prozent der Gesamtbevölkerung repräsentiert. Deutschland steht beim Städteappell weltweit auf Platz 1 und steht bei der Anzahl der Mayors for Peace auf Platz 3, nach Japan und den Iran.
Bis heute haben bereits 68 Staaten den Verbotsvertrag ratifiziert und 92 weitere Staaten haben ihn bisher unterzeichnet. Zum jetzigen Zeitpunkt hat immer noch kein einziger Atomwaffenstaat und auch kein einziges Nato-Mitgliedsland diesen Verbotsvertrag unterzeichnet.
Internationale Konferenzen

Unsere Proteste und die Wiener und New Yorker-Abrüstungskonferenzen standen alle vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine und auch der weiter eskalierenden Beteiligung vieler westlicher Länder, z.B. durch Waffenlieferungen an die Ukraine. Es ist ein Krieg, der sich jederzeit in einen regionalen oder auch globalen Atomkrieg ausweiten kann bzw. in eine atomare Katastrophe durch die sechs AKWs im Kriegsgebiet.
Überdeutlich zeigt es das Scheitern der nuklearen Abschreckungspolitik, die diesen Krieg nicht verhindern konnte. Dieses haben alle Atommächte mit zu verantworten, da sie seit Jahrzehnten ihrer Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung nicht nachgekommen sind, sondern stattdessen weiter aufrüsten.
Ican-Forum in Wien
Im Juni fuhren insgesamt ca. 50 Friedensbewegte aus verschiedenen Gruppen und Organisationen nach Wien. Das Ican-Forum war eine großartige Möglichkeit für internationale Nichtregierungsorganisationen und AktivistInnen, sich über unser Netzwerk zu informieren und sich über unsere gemeinsame Strategie auszutauschen: 40 organisierte Workshops mit über 100 internationalen ReferentInnen.
Wir inspirierten uns gegenseitig mit guten Argumenten und knüpften neue Kontakte. Ich habe bei diesem ersten Treffen nach der langen Corona-Isolierung stark gespürt, wie wichtig unsere physischen Treffen sind, die die individuelle Vernetzung auch in Einzelgesprächen ermöglichen. Dafür können Videokonferenzen kein vollständiger Ersatz sein.
Die Workshops finden sich hier: https://vienna.icanw.org/forum
Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Atomwaffen. Am 20. Juni haben in der 4. Konferenz zu den „Humanitären Auswirkungen von Atomwaffen“, die vom österreichischem Außenministerium organisiert wurde, viele RegierungsvertreterInnen teilgenommen. Wir hatten exzellente wissenschaftliche Präsentationen zu Klima und Atomwaffen, die uns allen den Wahnsinn diverser Atombomben-Einsatzstrategien vorführten. Die Ergebnisse der atomaren Einsatzszenarien machten deutlich, dass die nukleare Abschreckung eine Sackgasse ist. Und auch die Atomgefahren zeigen unser bisheriges Glück bei den Atomwaffen-Unfällen. Diese Gefahr vergrößert sich mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz.
Ich war überrascht, mit welcher Stärke dieser Wahnsinn von vielen Regierungsvertretern der Nichtatomwaffen-Staaten wahrgenommen und formuliert wurde. Trotzdem wurde demgegenüber der Bedarf an Atomkraftwerken von vielen Nicht-Atomwaffenstaaten immer wieder bekräftigt.
Mary Olsen aus den USA referierte über die Gefahren durch radioaktive Niedrigstrahlung und sprach über Gender & Radioaktivität. Als Biologin belegte sie in Studien, dass Mädchen und Frauen um ein Vielfaches mehr durch radioaktive Strahlung geschädigt werden als Jungen und Männer. (https://childrenofatomicveterans.org/)
Erste Staatenkonferenz zum Atomwaffen-Verbotsvertrag (AVV). Die 1. MSP-Konferenz (Meeting of States Parties) fand direkt im Anschluss Ende Juni in Wien statt. Überraschend war, dass neben dem deutschen Vertreter nun doch mehrere Nato-Länder mit Beobachterstatus vertreten waren; darunter mit den Niederlanden und mit Belgien zwei weitere Länder mit der „nukleare Teilhabe in der Nato“ sowie die Nicht-Nato-Länder Schweden, Norwegen, Australien und die Schweiz.
In der 1. MSP-Abschlusserklärung wurde Russland nicht namentlich und alleinstehend bezüglich der nuklearen Abschreckungspolitik verurteilt, sondern alle Atomwaffenstaaten, da sie alle auf die nukleare Abschreckung setzen und die Welt damit in Geiselhaft halten. Sie alle rüsten nicht ab, sondern rüsten sogar ihre Atomwaffenarsenale mit ganz neuen Waffensystemen auf.
Einzelne Delegierte der Nato-Staaten haben diese fehlende Verurteilung Russlands mit Alleinstellungscharakter im Anschluss stark kritisiert. Dabei zeigt dies, warum 122 Nichtatomwaffenstaaten nach jahrzehntelangen NVV-Überprüfungskonferenzen,
in denen den Weg Richtung Verbotsvertrag eingeschlagen haben. Es war ihre Frustration gegenüber diesen NVV-Überprüfungskonferenzen, in denen die westlichen Atommächte nicht zu vollständigen und gleichzeitigen Abrüstungsschritten bereit waren und die Verantwortung dafür ausschließlich China, Nordkorea, Iran und Russland zugewiesen werden sollte. Diese Doppelmoral, bzw. dieser Doppelstandard wird durch die jetzigen Atomwaffen-Verbotsvertrags- Konferenzen immer offensichtlicher und für die Atomwaffenstaaten zur vermehrten Blamage, zumal immer mehr Nicht-Atomwaffenstaaten dem Verbotsvertrag beitreten.
Beim Atomwaffen-Verbotsvertrag haben die Atommächte kein Vetorecht, von dem sie regelmäßig beim Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag Gebrauch gemacht haben. So wurde und wird die Welt weiter unter dem nuklearen Damoklesschwert gehalten.
Als eines der ersten Ziele der AVV-Konferenz wurde erreicht: Viele Staaten, die z.B. von den humanitären Auswirkungen der Atomtests schwer getroffen sind, sollen zukünftig Gelder für einen Opferhilfefonds erhalten, woran sich auch Deutschland beteiligen möchte. Unsere Regierung kommt nicht ganz am Verbotsvertrag vorbei, ohne das Gesicht zu verlieren – ein erstes kleines Zugeständnis, das mit dem öffentlichen Druck aus unserer Zivilgesellschaft zu tun hat.
Vom 1. bis 26. August fand die NVV-Konferenz in der UN statt. In der ersten Woche wurden Berichte der einzelnen Länder vorgetragen. Am 2. August hielt Außenministerin Baerbock ihre Rede, in der sie kein Wort über die Verletzungen des NVV/NPT durch Deutschland oder andere westliche Atommächte oder Nato-Staaten verlor. Kein Wort über die vertragsbrüchige nukleare Teilhabe, die laut der International Lawyers Against Nuclear Arms gegen Artikel I und II des NVV verstößt, da der Vertrag die unmittelbare sowie die mittelbare Weitergabe/Annahme der Verfügungsgewalt von Atomwaffen – also die Mitwirkung – verbietet.
Es gab auch kein Wort über die nukleare Aufrüstung durch die geplante Neustationierung der B61-12 US-Atombomben in Deutschland, die gegen den Artikel VI, Weiterverbreitung von Atomwaffen gegenüber der Verpflichtung zur Abrüstung, verstößt. Stattdessen wurden namentlich alleine China, Nordkorea, Iran und Russland von Baerbock verurteilt. Nachdem China einen Tag später in der Rede die nukleare Teilhabe der Nato in Europa kritisierte (was notwendig ist, damit daraus kein Gewohnheitsrecht wird), reichte Annalena Baerbock am 4. August eine schriftliche Erwiderung in der UN-Generalversammlung ein. Sie erklärte darin, dass die nukleare Teilhabe nicht gegen den Vertrag verstoße, weil – sinngemäß – diese bereits vor der Unterzeichnung des Vertrages bestanden habe. Dieser Rechtsauffassung wird allerdings von internationalen RechtsexpertInnen widersprochen.
Saubere Atomenergie als Klimaretter?! Für das Scheitern des Nichtzustandekommens des NVV-Abschlussdokuments kann und darf nicht allein Russland verantwortlich gemacht werden. Der Text des Abschlussdokumentes ist unabhängig von der AKW-Katastrophengefahr im Ukrainekrieg eine inhaltliche Katastrophe, was die Rettung des Klimas betrifft, woran Deutschland mitbeteiligt ist.
Beim Lesen des 35-seitigen NVV-Abschluss-Dokumentes wird deutlich, dass es sich hier eher um ein reines Werbedokument für „Atoms for Peace“ durch die IAEO (Internationale Atomaufsichtsorganisation) handelt, die die Nicht-Atomwaffenstaaten auf die Rettung der Welt und des Klimas mit ziviler Atomtechnologie festnageln will. Die Hälfte der Paragrafen befasst sich damit, die Wissenschaft der Atomtechnologie auszubauen, weitere Staaten zu ermutigen, Atomtechnologie zu erwerben, sie darin umfassend zu unterstützen und vertraglich darauf zu verpflichten und einzuschwören.
Dabei ist gerade der Einmarsch Russlands in die Ukraine mit der gefährlichen Besetzung von Kernkraftwerken ein sehr deutliches Beispiel, wohin die Gefahren der Nukleartechnologie gerade unter Kriegsbedingungen führen kann.
Stattdessen wurde in der EU-Taxonomie die Atomenergie aktuell als nachhaltige Energieform aufgenommen und die IAEO spricht offen von „Mit Atomstrom gegen den Klimawandel“ bzw. die USA vom weltweiten Export von kleineren mobilen Atomreaktoren.
Auch wenn Deutschland sich hier vorerst bedeckt gehalten hat: Es ist Mitglied einer Gruppe von Staaten, die sich unter dem Namen „Non-Proliferation and Disarmament Initiative“ zusammengeschlossen haben. Für die Vorbereitungskonferenz zur NVV (NPT PrepCom) im Jahr 2019 erarbeiteten sie ein Arbeitspapier mit dem Titel „Förderung der friedlichen Nutzung der Kerntechnik: ein Instrument zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung“.
International Renewable Energy Agency (Irena). Während der NVV auf Atomenergie setzt, wurde bereits im Jahr 2009 Irena von 75 Staaten als Alternative gegründet. Irena unterhält ein Büro eines ständigen Beobachters bei den Vereinigten Nationen in New York, ein weiteres Büro in Bonn und hat ihre Zentrale in Abu Dhabi. Um den weltweiten Einsatz erneuerbarer Energien zu erzielen bekundeten die Regierungen ihr Engagement für einen Wandel des globalen Energieparadigmas. Sie entwickelten einen Fahrplan zur Verdoppelung der weltweiten Nutzung erneuerbarer Energien bis 2030. Es lohnt sich, dazu die Irena-Webseite anzusehen: www.irena.org/aboutirena
Das Nichtzustandekommen des Abschlussdokumentes ist zwar eine Enttäuschung, aber auch ein Zeichen für den erfolgreicheren Weg des Atomwaffen-Verbotsvertrages, der einen Aktionsplan verabschiedet hat. Die AVV-Folgekonferenz findet bereits im November nächsten Jahres in der UN in New York statt.
Mein Fazit: Nukleare Abrüstung geht nur gemeinsam mit allen Atommächten und ohne Atomenergie!
Marion Küpker ist internationale Koordinatorin der DFG-VK gegen Atomwaffen.