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Bundesverband

14. Juni 2021

Erhöhung des DFG-VK-Mitgliedsbeitrags

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

DFG-VK intern

Der kommende Bundeskongress soll Ende Oktober darüber entscheiden

Von Christoph Neeb und Michael Schulze von Glaßer

Mit Beginn der Jahre 2006 und 2014 wurden die Beiträge für die Mitgliedschaft in der DFG-VK letztmalig erhöht – die Delegierten des Bundeskongresses als dem höchsten Verbandsgremium  hatten das zuvor beschlossen. Der Mindestbeitrag liegt aktuell bei 2 Euro im Monat. Nun sind erneut acht Jahre vergangen, und die Finanzkommission als von der Satzung vorgesehenes Gremium diskutiert über eine mögliche Beitragserhöhung zum Jahr 2022. Hintergründe und Perspektiven werden in diesem gemeinsamen Beitrag des Bundeskassierers und des politischen Geschäftsführers dargestellt.

Seit unserer letzten Beitragserhöhung hat sich in unserem Verband viel zum Positiven bewegt: Die Zahl der Mitglieder ist gestiegen, und wir konnten – und können – viele Erfolge vorweisen. Die Aktivitäten der einzelnen Gliederungen sind beeindruckend. Die gesteigerten Aktivitäten zeigen sich allerdings auch bei den Bundesausschusssitzungen zum Haushaltsplan: Es wird immer weit mehr Geld für Projekte und andere Posten beantragt, als vorhanden ist. Selbst mit zum Teil drastischen Kürzungen (in Einzelfällen bis auf „0“) hat sich die Haushaltslage in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Das Jahresergebnis (ohne Abschreibungen, ohne Darlehenstilgung und ohne Ertrag durch Verwahrgelder) betrug 2016: +1.287,17, 2017: +2.476,66, 2018: -31.347,93 und 2019 (vorläufig, da noch kein endgültiger Jahresabschluss vorliegt): -56.900,00. Hinzu kam eine jährliche Inflationsrate von bis zu 1,8 Prozent. Dank einer hohen Liquidität war das Minus der letzten Haushalte (deren Pläne jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit vom Bundesausschuss beschlossen wurden) zwar nicht wünschenswert, aber möglich (unser Verband ist weit davon entfernt, überschuldet zu sein) – das Liquiditätspolster ist mittlerweile aber geschmolzen, weshalb ein „weiter so“ nicht möglich ist. Entweder schränken wir unsere Aktivitäten massiv ein oder wir beschließen eine Lösung zur besseren finanziellen Ausstattung des Verbandes.

Aus den Finanzmitteln des DFG-VK-Bundesverbands werden all unsere politisch-inhaltlichen Kampagnen (mit)finanziert – und das durchaus erfolgreich: Seit Jahren sind Waffenexporte aus Deutschland an Staaten wie Saudi-Arabien und die Türkei ausgesetzt (die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert); die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen konnten wir 2020 verhindern (die „Drohnen-Kampagne“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert); bei Atomwaffen konnten wir 2021 das Inkrafttreten des Verbotsvertrags feiern  (die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert) und die Bundeswehr schafft es trotz eines Millionen-Euro-Werbebudgets nicht, genügend Rekrut*innen zu bekommen (die Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert, und zudem gibt es noch einen eigenen Finanztopf gegen Bundeswehr-Werbung). 

Doch die Arbeit an den Themen ist durch das immer enger werdende Finanzbudget gefährdet – schon heute wird nahezu jeder Haushaltsantrag massiv gekürzt. Und für einige Wunschthemen wie etwa die „Militarisierung der Polizei“ ist gar kein Geld vorhanden.

Auch für unsere Verbandsstrukturen hat der Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands enorme Bedeutung. Die Bundesausschuss-Sitzungen werden über ihn finanziert. Und auch die für die Zukunft unseres Verbands enorm wichtige AG Jugend/U35, in der unsere jungen Mitglieder aktiv sind, ist auf Bundesebene organisiert und wird von dieser jährlich mit etwa 4 500 Euro unterstützt. Auch die UN-Jugenddelegationen werden aus dem Haushalt des Bundesverbands (mit)finanziert – und sorgen für neue, junge Mitglieder.

Diese Arbeit bringt uns tatsächlich neue Mitglieder ein, damit aber nicht automatisch mehr Geld. Zwar ist unser Verband zwischen 2014 und 2021 – unterm Strich – um 215 Mitglieder gewachsen, Neumitglieder ordnen sich bei der Beitragshöhe aber eher niedriger ein, und diejenigen, die austreten (Hauptgrund dafür ist noch immer das Ableben des Mitglieds), zahlten meist höhere Beiträge. So steigen die Einnahmen unseres Verbands aus den Mitgliedsbeiträgen (die 48 Prozent des Gesamthaushalts des DFG-VK-Bundesverbands 2019 ausmachten) zwar leicht, es wird dennoch weitaus mehr Geld für Aktivitäten gewünscht, als durch die aktuellen Beiträge hereinkommt.

Hauptaufgaben des Bundesverbandes

Eine der Hauptaufgaben des Bundesverbands ist die Unterstützung der eigenständig arbeitenden Gliederungen. Dieser Aufgabe wurde seit 2015 eine höhere Priorität zugeordnet, wobei aber auch Kosten entstehen: Um mit wenig Aufwand aufmerksamkeitserregende Aktionen durchführen zu können, wurden mittlerweile 15 Aktionssets zu verschiedensten friedenspolitischen Themen erstellt, die auf der DFG-VK-Website vorgestellt werden und von den Gruppen bezogen werden können.

Auch die mit Spenden finanzierte Anschaffung und der ebenso finanzierte Betrieb des DFG-VK-Bullis fiel von seiner Anschaffung 2017 bis zu seinem Verkauf Anfang 2021 in den Kostenbereich des Bundesverbands (wobei der Landesverband Baden-Württemberg die Ausgaben dankenswerterweise vorstreckte). Mit dem Aktionsfahrzeug konnten zahlreiche Ortsgruppen und Landesverbände unterstützt werden – einige Aktionen wurden durch das Fahrzeug überhaupt erst möglich. 2022 soll daher ein neues – umweltfreundlicheres – Fahrzeug angeschafft werden.

Aus den Mitteln des Bundesverbands wird zudem unsere Bundesgeschäftsstelle (BGS) in der Hornberg-
straße 100 in Stuttgart finanziert – sowohl die Mittel als auch unsere zwei dort arbeitenden Angestellten (Susanne Jallow und Susanne Bödecker). In unserer Geschäftsstelle wird unsere Mitgliederverwaltung organisiert und durchgeführt – unsere Angestellten sind dafür jederzeit von den Gruppen und Landesverbänden ansprechbar und versorgen diese mit Informationen. In der BGS befindet sich zudem unser sich gut entwickelnder Materialversand (www.SHOP.DFG-VK.de). Zwischen 2016 und 2021 sind mehr als 40 Flyer, 25 Aufkleber, 20 Transparente und Fahnen sowie zahlreiche weitere Materialien von Fahrradsattelbezügen über Kalender, Tassen und Regenschirme bis hin zu Baumwolltaschen entstanden, die dort bestellbar waren bzw. sind. Die Materialien werden teils kostenlos und teils zum Selbstkostenpreis angeboten – kostendeckend ist der Materialversand nicht, sondern wird vom Bundesverband finanziell bezuschusst. Politisch „lohnt“ er sich aber natürlich – und wir versorgen nicht nur unsere Gliederungen mit Materialien, sondern die ganze Friedensbewegung.

Auch digitale Infrastruktur wird durch den Bundesverband zur Verfügung gestellt: Das Grundgerüst der DFG-VK-Website – www.DFG-VK.de – kann von jedem Landesverband sowie jeder Orts- und Projektgruppe übernommen werden (viele nutzen es schon). Zudem stellt der Bundesverband mit der DFG-VK-Cloud einen Datenspeicher bereit, der zum Austausch unter den Mitgliedern und als Archiv für digitale Materialien von Fotos und politischen Karikaturen über Vorlagen für Flugblätter bis hin zu Protokollen der letzten Jahre dient. Jedes Mitglied kann einen Cloud-Account bekommen. Unser mittlerweile in Hamburg stehender Server wird vom Bundesverband finanziert und betrieben.

Auch unsere Mitgliederzeitschrift ZivilCourage, deren Erstellung, Druck und Vertrieb aktuell jährlich etwa 55.000 Euro kosten, wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands bezahlt. Die Zeitschrift ist mittlerweile auch im Internet stark aufgestellt – www.ZIVILCOURAGE.DFG-VK.de

Die Beitragserhöhung soll und braucht ausdrücklich nicht dafür genutzt zu werden, unsere neue Stelle der Referentin für Lobbying in Berlin (die durch Elvin Çetin ausgefüllt wird) oder die Ausweitung unserer Stelle der Referentin für Friedenspolitik (die durch Kathi Müller ausgefüllt wird) zu finanzieren – die Stelle bzw. die Ausweitung der Stelle ist durch Spenden gegenfinanziert. Auch die bei der Anschaffung eines neuen DFG-VK-Fahrzeugs nötige Anstellung eines/einer Fahrer*in, wäre durch Spenden (u.a. aus einigen der letzten Spendenaufrufe) gedeckt.

Wir haben in den letzten Jahren viel aufgebaut, und es gibt im Verband noch viel mehr Ideen. Bei den Orts- und Regionalgruppen sowie Landesverbänden soll aber nicht gespart werden. Es bestand und besteht beim DFG-VK-Bundesverband keine Absicht, die Beitragsanteile der Landesverbände und Gruppen zu vermindern. Deswegen braucht es eine Beitragserhöhung, die dem Bundesverband in absoluten Zahlen mehr finanzielle Mittel bringt, um die aktuell laufenden Projekte in hohem Maße fortführen zu können.

Finanzkommission arbeitet an verschiedenen Modellen

Die Finanzkommission erarbeitet gerade verschiedene Modelle, wie eine Erhöhung der Beiträge dafür aussehen könnte. Beim kommenden Bundesausschuss-Treffen am 20. Juni soll darüber schon gesprochen werden. Und die Entscheidung über die Beitragserhöhung – und in welcher Höhe sie ausfällt – werden letztlich die Delegierten auf unserem 23. Bundeskongress, der vom 29. bis 31. Oktober 2021 in Halle (Saale) stattfindet, treffen.

Wir alle werden es uns dabei – wie hoffentlich schon aus diesem Beitrag ersichtlich ist – nicht leicht machen: Die aktuelle Zeit ist für viele Menschen nicht einfach. Doch gerade die Pandemie zeigt, dass die Friedensarbeit gestärkt werden muss – auch finanziell. Trotz der Gesundheitskrise, die viele Menschen im Land auch wirtschaftlich trifft, hat die Bundesregierung 2021 einen Rekord-Militärhaushalt in Höhe von 46,9 Milliarden Euro beschlossen. In Zukunft soll es noch mehr Soldat*innen und neue Waffen geben – auch ins Inland drängt das Militär dabei immer mehr. Und auch international sind wir gefragt: Noch immer wird die Welt mit Atomwaffen bedroht – zudem kommen neue Gefahren, wie etwa autonome Waffensysteme, auf. Es braucht eine ausreichend finanzierte DFG-VK, um gegenzuhalten und die Welt friedlicher zu machen!

Christoph Neeb ist DFG-VK-Bundeskassierer, und Michael Schulze von Glaßer ist politischer Geschäftsführer der DFG-VK; beide sind in der DFG-VK-Finanzkommission aktiv.


DFG-VK-Satzung: § 6 Beiträge

(1) Jedes Mitglied ist verpflichtet, den vom Verband festgesetzten regelmäßigen Mitgliedsbeitrag zu zahlen. In sozialen Härtefällen ist eine zeitlich begrenzte Beitragsbefreiung auf Antrag zu gewähren.

(2) Über die Beitragshöhe, Beitragsstaffelung und Beitragsverteilung auf die Gliederungen des Verbandes entscheidet der Bundeskongress.

Kategorie: DFG-VK intern Stichworte: 202102, Bundesgeschäftsstelle, Bundeskassierer, Bundeskongress, Bundesverband, Finanzkommission, Friedensbewegung, Haushaltsplan, Lobbying, Materialversand, Spenden, Zeitschrift, ZivilCourage

11. Juni 2021

Aktivistische Basisorganisation oder NGO?

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

DFG-VK intern

Kritik an der zunehmenden Verhauptamtlichung im DFG-VK-Bundesverband

Von Detlef Mielke

In der DFG-VK wurden in den vergangenen Jahren Stellen für bezahlte Friedensarbeit auf Bundesebene neu eingerichtet oder aufgestockt. Größtenteils wurden sie aus dem Bundesverbandshaushalt bezahlt, manchmal von einem Förderer bezuschusst. Parallel zu mehr bezahlten Kadern gab es seit drei Jahren regelmäßig ein größeres Defizit im Bundeshaushalt, das zum Teil auf die Personalkosten zurückzuführen ist. Nun wurde durch Beschluss des Bundesausschusses eine Stelle für Lobbyarbeit in Berlin besetzt. Finanziert wird sie von einem Mitglied des BundessprecherInnenkreises.

Aus dem Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein haben wir immer gegen die Stellenaufstockung im politischen Bereich und das damit verbundene eingeplante Defizit im Bundeshaushalt gestimmt – und sind unterlegen. Eine Anlehnung der Gehälter an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst haben wir befürwortet, ebenso eine ausreichende personelle Ausstattung der Verwaltung. Die seit Jahrzehnten bestehende 50-Prozent-Stelle für die Erstellung der ZivilCourage haben wir nie infrage gestellt.

Wir unterscheiden zwischen der notwendigen personellen Ausstattung für die Grundorganisation der DFG-VK, etwa die Mitgliederverwaltung, die Buchhaltung und den Materialversand, und den politischen Stellen wie politische Geschäftsführung, Referentin für Friedenspolitik, „Bullifahrer“ usw. Es geht uns ausdrücklich nicht um die Kompetenz der bisherigen politischen Kader, aber die Entwicklung hin zu einer NGOisierung halten wir aus finanziellen und aus politischen Gründen für falsch.

Wir betrachten nur die Entwicklung auf der Bundesebene, die Entscheidungen auf der Landesverbandsebene müssen dort verantwortet werden. Landesverbände und Gruppen entscheiden in der DFG-VK zum Glück und entsprechend der Satzung immer noch autonom – und das sollte auch so bleiben. Im Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein haben wir seit Jahrzehnten entschieden, keine Mitgliedsbeitragsanteile in Personalkosten zu stecken. Weniger Aktivitäten und Materialien als bei anderen Landesverbänden gibt es dadurch nicht. Sichtbar sind diese Landesverbandsaktivitäten z. B. auf unserer Homepagewww.bundeswehrabschaffen.de

Kritik an der NGOisierung der DFG-VK mit einer finanziellen Begründung

Laut Haushaltsplan ist allein in den drei Jahren 2018, 2019, 2020 ein Defizit von 131 873 Euro zusammengekommen – und das ist noch schöngerechnet. Werden AfA (Absetzung für Abnutzung) und Gruppenverwahrgelder berücksichtigt, sind es 179 793 Euro. Für 2021 ist erneut ein großes Defizit im Haushalt des Bundesverbandes eingeplant (53 119 Euro mit AfA). Die einzige Gegenstimme bei der Verabschiedung des 2021er-Haushalts Ende Februar kam von mir. 

Es ist schon abzusehen: Auf dem Bundeskongress Ende Oktober wird es vermutlich Anträge zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge geben – obwohl alle Mitglieder sich selbst einschätzen und ihre Beitragsstufe festlegen. Vermutlich wird es erneut Versuche geben, die Beitragsanteile für die Gruppen zugunsten des Bundesverbandes zu schmälern. 

Woher kommt das Geld für eine neue Stelle, das schon für die vorhandenen nicht da ist? Die neue Stelle für Abgeordnetenbeeinflussung in Berlin soll für den Bundesverband kostenneutral sein. Das Gehalt mit allen dazugehörigen Kosten wird von besagtem Förderer zweckgebunden finanziert. Die DFG-VK hat etwa so viele Mitglieder wie ein größerer Kleinstadtsportverein. Auch in solchen Sportvereinen gib es manchmal Begeisterte, die Spielerkader ihrer Sportart mit großen Geldbeträgen „einkaufen“. Erst einmal nichts Problematisches, solche Großspender, könnte Mensch denken. Aber letztlich entstehen, trotz guter Absichten, informelle Abhängigkeiten.

Kritik an der NGOisierung der DFG-VK mit politischer Begründung

Bezahlte Abgeordnetenbeeinflussung nutzt dem Ringen gegen Krieg und Militär und für Frieden wenig. In Berlin arbeiten 5 000 bis 6 000 bezahlte Abgeordnetenbeeinflusser*
innen. Nun kommt ein Mensch dazu und zwar ohne den großen Geldsack im Hintergrund, ohne JuristInnenstäbe, die genehme Gesetze vorformulieren, ohne Jobs, die im Drehtüreffekt für die Zeit nach dem Abgeordnetendasein ein überdurchschnittlich hohes Einkommen garantieren. 

Ein „Geschmäckle“ hat es, wenn jemand Geld bekommt, um Abgeordnete zu beeinflussen. Was ist dann bei der DFG-VK anders als etwa bei Chemieriesen, Automobilverbänden oder der Pharmaindustrie – außer die Größe des dahinter hängenden Geldbeutels? Anders ist es, wenn Bürger*innen Abgeordnete ansprechen oder zu überzeugen versuchen. Das entspricht in der Theorie dem Prinzip des Parlamentarismus. Theoretisch sollen die Abgeordneten die Bevölkerung vertreten. 

Kreativität und Bissigkeit gehen NGOs mit der Zeit meist verloren

Abgeordnetenbeeinflussung ist das, was bezahlten Kadern von NGOs zuerst einfällt. Da sie ihre Stellen finanzieren müssen, fällt ihnen natürlich auch noch die Akquise von Spenden sowie Zuwendungen von Staat und Wirtschaft als wesentliches Arbeitsfeld ein. Wir alle kennen die regelmäßigen Bettelbriefe zum Jahreswechsel. Mit der Arbeitsweise passen NGOs sich an die Strukturen des Staates an, anstatt Basisdemokratie und Bürger*innenbeteiligung zu stärken. 

Ein Zauberwort für NGOs sind Feldzüge, Kampagnen genannt. Kleine überschaubare, zeitlich begrenzte Aktivitätsabfolgen. Diese Feldzüge können dann publiziert und für sie Mittel eingeworben werden. Die bezahlten Kader werden oft als Campaigner*innen betitelt. Auch die DFG-VK hat Fortbildungen zur Campaigner*in mitfinanziert. 

Kampagnen lehnen wir nicht grundsätzlich ab, sie können aber nur dort sinnvoll taktisch eingesetzt werden, wo sie in ein langfristiges strategisches Konzept passen. Unsere programmatische Arbeit ist langfristig auf Jahrzehnte angelegt. Das widerspricht jedoch der Zeitbegrenztheit von Kampagnen.

NGO oder Bewegungsorientierung? 

NGOs reden oft mit NGOs und viel seltener mit der Bewegung. Schon bei der Frage der Tageszeit von Besprechungen klappt eine Zusammenarbeit von NGO-Kadern und Bewegungsaktiven oft nicht. Denn die Aktiventreffen finden meist an Wochenenden oder am Abend nach 20 Uhr statt; die Angestellten der Weltanschauungsfirmen wollen aber auch mal Feierabend haben – spätestens dann, wenn sie das Alter eines bürgerlichen Familienlebens mit Kindern erreicht haben und die Partner*innen maulen. 

Kader der einen NGO verstehen Kader der anderen NGO meist viel besser als gerade neu Politisierte. Also unterstützen sie sich bei ihren Fotoaufstellaktionen etwa vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Ganz normale Freizeitaktivisten kommen selten in großer Zahl dazu. Zu verfolgen ist das auf diversen Fotos z.B. auf den Homepages von unter 18 nie, Macht Frieden usw. Sicherlich sind bei kleinen lokalen Aktionen meist nicht viel mehr Aktive, diese werden aber auch nicht als „Berufsdemonstrant*innen“ für viel Geld bezahlt. 

NGOisierung ist eine Mobilisierungsfalle

„Weshalb soll ich denn Protokoll schreiben, wenn doch hier jemand sitzt, der/die für die Anwesenheit Geld bekommt?“, frage ich mich manchmal. Bin ich Dienstleister für die Kader oder diese für mich? 

Wenn wir als Ehrenamtler Mitglieder und Freunde ansprechen, stellen diese ihr Expert*innenwissen oft kostenlos zur Verfügung, weil auch wir unsere Aktivitäten unentgeltlich einbringen. Die Angesprochenen ergänzen dann den Aktivenstamm der Gruppe. Sind bezahlte Kader bei Vorbereitungen oder Aktionen dabei, geht das Handeln auf Augenhöhe verloren. Ehrenamtlich Aktive fühlen sich manchmal nur als Statist*innen. Wenn es um Gruppenbildung und den Zusammenhalt von Gruppen geht, sind die Hauptamtlichen wieder weg. 

Bei den Stärken der DFG-VK ansetzen

Eine Stärke der DFG-VK ist die politische Verankerung in der Fläche durch autonom agierende Landesverbände und Ortsgruppen mit Aktiven, die viel Freizeit in unseren Verband stecken und die DFG-VK in lokalen und regionalen Netzwerken verankern.

In unseren Ortsgruppen ist die Anzahl der Aktiven wichtiger als die Zahl der Mitglieder. Wir freuen uns natürlich über Mitglieder, denn sie bestätigen unsere politische Arbeit und tragen zu deren Finanzierung bei. Einige machen mit ihren Möglichkeiten Öffentlichkeitsarbeit z.B. in sozialen Medien oder ihrem Wohnumfeld. Kern der Außenwirkung aber sind die Gruppenaktiven, die regelmäßig in Fußgängerzonen, vor Schulen oder Jobmessen, vor Kasernentoren oder bei Festivals stehen, die mit Infoständen und Transparenten auf Demos präsent sind oder diese gar selbst organisieren. Diese Gruppenaktiven können von bezahlten Kadern auf keinen Fall ersetzt werden.

Kann beides nebeneinander herlaufen? Ja, es könnte sich ergänzen wie z.B. die Youtube-Filmchen des politischen Geschäftsführers Michael Schulze von Glaßer über Gruppenaktivitäten; aber nur, wenn die Gruppenautonomie erhalten bleibt und wenn für die Finanzierung bezahlter Kader nicht die Mittel der Gruppen gekürzt und immer weiter Schulden gemacht werden – was mittelfristig die Existenz der DFG-VK gefährdet. 

Detlef Mielke ist seit Jahrzehnten auf Gruppenebene und im DFG-VK-Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein aktiv; im Bundesausschuss vertritt er seinen Landesverband.

Kategorie: DFG-VK intern Stichworte: 202102, Abhängigkeiten, Basisdemokratie, Beitragsanteile, Bettelbrief, Bundesverband, Defizit, DFG-VK intern, ehrenamtlich, Geschäftsführer, Gruppenarbeit, Gruppenautonomie, hauptamtlich, Haushalt, Haushaltsplan, Kader, Kampagne, Konzept, Landesverband, Lobbyarbeit, Mitgliederverwaltung, NGO, Ortsgruppen, Personal, politische Verankerung, Strategie, Verhauptamtlichung

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