Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 4/2021 |
DFG-VK intern
Der kommende Bundeskongress soll Ende Oktober darüber entscheiden
Von Christoph Neeb und Michael Schulze von Glaßer
Mit Beginn der Jahre 2006 und 2014 wurden die Beiträge für die Mitgliedschaft in der DFG-VK letztmalig erhöht – die Delegierten des Bundeskongresses als dem höchsten Verbandsgremium hatten das zuvor beschlossen. Der Mindestbeitrag liegt aktuell bei 2 Euro im Monat. Nun sind erneut acht Jahre vergangen, und die Finanzkommission als von der Satzung vorgesehenes Gremium diskutiert über eine mögliche Beitragserhöhung zum Jahr 2022. Hintergründe und Perspektiven werden in diesem gemeinsamen Beitrag des Bundeskassierers und des politischen Geschäftsführers dargestellt.
Seit unserer letzten Beitragserhöhung hat sich in unserem Verband viel zum Positiven bewegt: Die Zahl der Mitglieder ist gestiegen, und wir konnten – und können – viele Erfolge vorweisen. Die Aktivitäten der einzelnen Gliederungen sind beeindruckend. Die gesteigerten Aktivitäten zeigen sich allerdings auch bei den Bundesausschusssitzungen zum Haushaltsplan: Es wird immer weit mehr Geld für Projekte und andere Posten beantragt, als vorhanden ist. Selbst mit zum Teil drastischen Kürzungen (in Einzelfällen bis auf „0“) hat sich die Haushaltslage in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Das Jahresergebnis (ohne Abschreibungen, ohne Darlehenstilgung und ohne Ertrag durch Verwahrgelder) betrug 2016: +1.287,17, 2017: +2.476,66, 2018: -31.347,93 und 2019 (vorläufig, da noch kein endgültiger Jahresabschluss vorliegt): -56.900,00. Hinzu kam eine jährliche Inflationsrate von bis zu 1,8 Prozent. Dank einer hohen Liquidität war das Minus der letzten Haushalte (deren Pläne jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit vom Bundesausschuss beschlossen wurden) zwar nicht wünschenswert, aber möglich (unser Verband ist weit davon entfernt, überschuldet zu sein) – das Liquiditätspolster ist mittlerweile aber geschmolzen, weshalb ein „weiter so“ nicht möglich ist. Entweder schränken wir unsere Aktivitäten massiv ein oder wir beschließen eine Lösung zur besseren finanziellen Ausstattung des Verbandes.
Aus den Finanzmitteln des DFG-VK-Bundesverbands werden all unsere politisch-inhaltlichen Kampagnen (mit)finanziert – und das durchaus erfolgreich: Seit Jahren sind Waffenexporte aus Deutschland an Staaten wie Saudi-Arabien und die Türkei ausgesetzt (die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert); die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen konnten wir 2020 verhindern (die „Drohnen-Kampagne“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert); bei Atomwaffen konnten wir 2021 das Inkrafttreten des Verbotsvertrags feiern (die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert) und die Bundeswehr schafft es trotz eines Millionen-Euro-Werbebudgets nicht, genügend Rekrut*innen zu bekommen (die Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands finanziert, und zudem gibt es noch einen eigenen Finanztopf gegen Bundeswehr-Werbung).
Doch die Arbeit an den Themen ist durch das immer enger werdende Finanzbudget gefährdet – schon heute wird nahezu jeder Haushaltsantrag massiv gekürzt. Und für einige Wunschthemen wie etwa die „Militarisierung der Polizei“ ist gar kein Geld vorhanden.
Auch für unsere Verbandsstrukturen hat der Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands enorme Bedeutung. Die Bundesausschuss-Sitzungen werden über ihn finanziert. Und auch die für die Zukunft unseres Verbands enorm wichtige AG Jugend/U35, in der unsere jungen Mitglieder aktiv sind, ist auf Bundesebene organisiert und wird von dieser jährlich mit etwa 4 500 Euro unterstützt. Auch die UN-Jugenddelegationen werden aus dem Haushalt des Bundesverbands (mit)finanziert – und sorgen für neue, junge Mitglieder.
Diese Arbeit bringt uns tatsächlich neue Mitglieder ein, damit aber nicht automatisch mehr Geld. Zwar ist unser Verband zwischen 2014 und 2021 – unterm Strich – um 215 Mitglieder gewachsen, Neumitglieder ordnen sich bei der Beitragshöhe aber eher niedriger ein, und diejenigen, die austreten (Hauptgrund dafür ist noch immer das Ableben des Mitglieds), zahlten meist höhere Beiträge. So steigen die Einnahmen unseres Verbands aus den Mitgliedsbeiträgen (die 48 Prozent des Gesamthaushalts des DFG-VK-Bundesverbands 2019 ausmachten) zwar leicht, es wird dennoch weitaus mehr Geld für Aktivitäten gewünscht, als durch die aktuellen Beiträge hereinkommt.
Hauptaufgaben des Bundesverbandes
Eine der Hauptaufgaben des Bundesverbands ist die Unterstützung der eigenständig arbeitenden Gliederungen. Dieser Aufgabe wurde seit 2015 eine höhere Priorität zugeordnet, wobei aber auch Kosten entstehen: Um mit wenig Aufwand aufmerksamkeitserregende Aktionen durchführen zu können, wurden mittlerweile 15 Aktionssets zu verschiedensten friedenspolitischen Themen erstellt, die auf der DFG-VK-Website vorgestellt werden und von den Gruppen bezogen werden können.
Auch die mit Spenden finanzierte Anschaffung und der ebenso finanzierte Betrieb des DFG-VK-Bullis fiel von seiner Anschaffung 2017 bis zu seinem Verkauf Anfang 2021 in den Kostenbereich des Bundesverbands (wobei der Landesverband Baden-Württemberg die Ausgaben dankenswerterweise vorstreckte). Mit dem Aktionsfahrzeug konnten zahlreiche Ortsgruppen und Landesverbände unterstützt werden – einige Aktionen wurden durch das Fahrzeug überhaupt erst möglich. 2022 soll daher ein neues – umweltfreundlicheres – Fahrzeug angeschafft werden.
Aus den Mitteln des Bundesverbands wird zudem unsere Bundesgeschäftsstelle (BGS) in der Hornberg-
straße 100 in Stuttgart finanziert – sowohl die Mittel als auch unsere zwei dort arbeitenden Angestellten (Susanne Jallow und Susanne Bödecker). In unserer Geschäftsstelle wird unsere Mitgliederverwaltung organisiert und durchgeführt – unsere Angestellten sind dafür jederzeit von den Gruppen und Landesverbänden ansprechbar und versorgen diese mit Informationen. In der BGS befindet sich zudem unser sich gut entwickelnder Materialversand (www.SHOP.DFG-VK.de). Zwischen 2016 und 2021 sind mehr als 40 Flyer, 25 Aufkleber, 20 Transparente und Fahnen sowie zahlreiche weitere Materialien von Fahrradsattelbezügen über Kalender, Tassen und Regenschirme bis hin zu Baumwolltaschen entstanden, die dort bestellbar waren bzw. sind. Die Materialien werden teils kostenlos und teils zum Selbstkostenpreis angeboten – kostendeckend ist der Materialversand nicht, sondern wird vom Bundesverband finanziell bezuschusst. Politisch „lohnt“ er sich aber natürlich – und wir versorgen nicht nur unsere Gliederungen mit Materialien, sondern die ganze Friedensbewegung.
Auch digitale Infrastruktur wird durch den Bundesverband zur Verfügung gestellt: Das Grundgerüst der DFG-VK-Website – www.DFG-VK.de – kann von jedem Landesverband sowie jeder Orts- und Projektgruppe übernommen werden (viele nutzen es schon). Zudem stellt der Bundesverband mit der DFG-VK-Cloud einen Datenspeicher bereit, der zum Austausch unter den Mitgliedern und als Archiv für digitale Materialien von Fotos und politischen Karikaturen über Vorlagen für Flugblätter bis hin zu Protokollen der letzten Jahre dient. Jedes Mitglied kann einen Cloud-Account bekommen. Unser mittlerweile in Hamburg stehender Server wird vom Bundesverband finanziert und betrieben.
Auch unsere Mitgliederzeitschrift ZivilCourage, deren Erstellung, Druck und Vertrieb aktuell jährlich etwa 55.000 Euro kosten, wird aus dem Haushalt des DFG-VK-Bundesverbands bezahlt. Die Zeitschrift ist mittlerweile auch im Internet stark aufgestellt – www.ZIVILCOURAGE.DFG-VK.de
Die Beitragserhöhung soll und braucht ausdrücklich nicht dafür genutzt zu werden, unsere neue Stelle der Referentin für Lobbying in Berlin (die durch Elvin Çetin ausgefüllt wird) oder die Ausweitung unserer Stelle der Referentin für Friedenspolitik (die durch Kathi Müller ausgefüllt wird) zu finanzieren – die Stelle bzw. die Ausweitung der Stelle ist durch Spenden gegenfinanziert. Auch die bei der Anschaffung eines neuen DFG-VK-Fahrzeugs nötige Anstellung eines/einer Fahrer*in, wäre durch Spenden (u.a. aus einigen der letzten Spendenaufrufe) gedeckt.
Wir haben in den letzten Jahren viel aufgebaut, und es gibt im Verband noch viel mehr Ideen. Bei den Orts- und Regionalgruppen sowie Landesverbänden soll aber nicht gespart werden. Es bestand und besteht beim DFG-VK-Bundesverband keine Absicht, die Beitragsanteile der Landesverbände und Gruppen zu vermindern. Deswegen braucht es eine Beitragserhöhung, die dem Bundesverband in absoluten Zahlen mehr finanzielle Mittel bringt, um die aktuell laufenden Projekte in hohem Maße fortführen zu können.
Finanzkommission arbeitet an verschiedenen Modellen
Die Finanzkommission erarbeitet gerade verschiedene Modelle, wie eine Erhöhung der Beiträge dafür aussehen könnte. Beim kommenden Bundesausschuss-Treffen am 20. Juni soll darüber schon gesprochen werden. Und die Entscheidung über die Beitragserhöhung – und in welcher Höhe sie ausfällt – werden letztlich die Delegierten auf unserem 23. Bundeskongress, der vom 29. bis 31. Oktober 2021 in Halle (Saale) stattfindet, treffen.
Wir alle werden es uns dabei – wie hoffentlich schon aus diesem Beitrag ersichtlich ist – nicht leicht machen: Die aktuelle Zeit ist für viele Menschen nicht einfach. Doch gerade die Pandemie zeigt, dass die Friedensarbeit gestärkt werden muss – auch finanziell. Trotz der Gesundheitskrise, die viele Menschen im Land auch wirtschaftlich trifft, hat die Bundesregierung 2021 einen Rekord-Militärhaushalt in Höhe von 46,9 Milliarden Euro beschlossen. In Zukunft soll es noch mehr Soldat*innen und neue Waffen geben – auch ins Inland drängt das Militär dabei immer mehr. Und auch international sind wir gefragt: Noch immer wird die Welt mit Atomwaffen bedroht – zudem kommen neue Gefahren, wie etwa autonome Waffensysteme, auf. Es braucht eine ausreichend finanzierte DFG-VK, um gegenzuhalten und die Welt friedlicher zu machen!
Christoph Neeb ist DFG-VK-Bundeskassierer, und Michael Schulze von Glaßer ist politischer Geschäftsführer der DFG-VK; beide sind in der DFG-VK-Finanzkommission aktiv.
DFG-VK-Satzung: § 6 Beiträge
(1) Jedes Mitglied ist verpflichtet, den vom Verband festgesetzten regelmäßigen Mitgliedsbeitrag zu zahlen. In sozialen Härtefällen ist eine zeitlich begrenzte Beitragsbefreiung auf Antrag zu gewähren.
(2) Über die Beitragshöhe, Beitragsstaffelung und Beitragsverteilung auf die Gliederungen des Verbandes entscheidet der Bundeskongress.