Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 3/2022 |
DFG-VK-Info
Die Kolumne von Michael Schulze von Glaßer
Es sind unsichere Zeiten. Die Inflation hierzulande ist hoch, es droht eine Rezession. Es gibt Attacken auf Infrastruktur-Einrichtungen, die Täter*innen bleiben bislang unerkannt. Und der all die neue Unsicherheit auslösende Angriff Russlands auf die Ukraine dauert an. Selbst der Einsatz von Atomwaffen scheint nicht mehr ausgeschlossen. Als jemand, der die gegenseitige Bedrohung während des „Kalten Kriegs“ nicht bewusst miterlebt hat – ich bin Jahrgang 1986 – ist das aktuelle Gefühl etwas Neues. Natürlich sind mir – wie auch vielen anderen „jüngeren“ DFG-VK-Aktiven – die Arsenale der Atomwaffenstaaten und die Unsicherheit, die alleine aus der Existenz der Bomben entsteht, schon immer bekannt gewesen. Doch in den letzten Jahrzehnten war ihr Einsatz unvorstellbar. Das hat sich geändert. Das aktuelle Bedrohungsgefühl ist neu. Und die Auseinandersetzungen um unsere friedenspolitischen Positionen werden schärfer.
Dabei müssen wir uns immer daran erinnern: Wären unsere Forderungen der letzten Jahrzehnte – für Abrüstung und eine internationale Politik, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten einbezieht – umgesetzt worden, hätten wir die aktuelle Situation nicht. Die reale Sicherheitspolitik der letzten gut 30 Jahre ist gescheitert – und zieht uns alle mit in den Abgrund. Trotz dieser schweren Zeiten müssen wir umso lauter sein. Am 19. November bietet der gemeinsam mit vielen weiteren friedenbewegten Organisationen geplante Aktionstag „Stoppt das Töten in der Ukraine – Aufrüstung ist nicht die Lösung!“
(www.stoppt-das-toeten.de)
eine Möglichkeit dafür.
Bei unserem Handeln sollten wir uns dabei immer auf unsere Grundsatzerklärung berufen: „Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.“ Auch wenn dies nicht immer einfach ist – allein durch die Zahlung von Steuern finanzieren wir alle Militär und z.B. Auslandseinsätze der Bundeswehr mit – so gilt es zu versuchen, Krieg an den Wurzeln zu beseitigen. Das heißt konkret, sich etwa gegen Nationalismus auszusprechen: Egal ob Putins aktueller Traum von einem „Großrussland“ oder die deutschen Bestrebungen Mitte des 20. Jahrhunderts – Nationalismus führt zu Krieg. Der DFG-VK-Bundesverband hat daher zuletzt vermehrt Stellungnahmen gegen Unterwanderungsversuche durch nationalistische Gruppen veröffentlicht. Auch im Aufruf für den 19. November-Aktionstag gibt es eine deutliche Abgrenzung.
Die Planungen für den Tag – ihn bekannt zu machen, Materialien dafür zu erstellen und Gruppen zu unterstützen – nimmt gerade auch viel meiner Zeit ein. Daneben gibt es immer wieder Aktionen: Am 14. Oktober waren wir beim Bundesparteitag der Grünen, um gegen die Anschaffung neuer F35-„Atombomber“ zu protestieren; für November steht (kurz vor der Herren-Fußball-WM) eine Aktion gegen Rüstungsexporte nach Katar an. Das Aktionsniveau ist noch nicht auf dem Stand von vor der Corona-Pandemie – und diese Krise auch noch nicht überwunden –, aber wir befinden uns auf einem guten Weg: Ende Oktober fand das erste physische Bundesausschuss-Treffen seit drei Jahren statt! So effizient unsere Online-Konferenzen mittlerweile sind: Nichts kann eine direkte Begegnung ersetzen.
Und auch bei einem anderen Thema gibt es erfreuliche Entwicklungen: Nachdem wir unseren alten „Friedensbulli“ aufgrund seiner Motorisierung, mit der wir nicht mehr in allen Städten fahren durften, 2021 verkaufen mussten, haben wir jetzt ein neues Aktionsfahrzeug! Es ist ein „Ford Transit“ und damit eine Nummer größer als unser vorheriges Fahrzeug. Damit lassen sich nun noch mehr Aktionsmaterialien transportieren und auch die DFG-VK-Friedensfahrradtouren gut begleiten. 2023 kann kommen!
Bei allem Schlechten sollten wir unsere Augen also nicht vor den kleinen Lichtblicken und positiven Entwicklungen verschließen: Unser Engagement ist gerade mehr denn je gefordert. Und wir können – und müssen – den Menschen Wege hin zu einer friedlicheren Welt aufzeigen: Nur Abrüstung bringt Sicherheit!