![]() | Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 4/2021 |
Leitartikel
Pazifistisch-antimilitaristische Gedanken zur Bundestagswahl
Von Markus Hornberger
Bei der Bundestagswahl am 26. September geht es um viel. Sie bedeutet nicht nur ein Ende der „Ära Merkel“, sondern spiegelt eine Gesellschaft in einem großen Umbruch wider – eine Gesellschaft, die sich wieder vermehrt Gedanken über das Leben miteinander und mit ihrer Umwelt macht.
Spielten vor vier Jahren noch hauptsächlich das Thema Einwanderung und der Einzug der AfD in den Bundestag eine Rolle, so geht es den Wähler:innen heute viel mehr um die Rettung des Klimas, um genügend und bezahlbaren Wohnraum und um das Thema soziale (Un-)Gerechtigkeit. Das am dringlichsten empfundene Interesse der Bürger:innen ist jedoch das Thema „Sicherheit“. Natürlich fallen unter diesen Themenkomplex auch die Ängste vor den katastrophalen Folgen der Klimaveränderung oder finanzielle Sorgen, jede:r Vierte zeigt sich jedoch mittlerweile besorgt bezüglich der Kriege, in die Deutschland verwickelt werden könnte.
Dabei steht es bei einem Blick in die meisten Wahlprogramme schlecht um die Friedenspolitik der nächsten Jahre.
Die Grünen, die höchstwahrscheinlich das Land mitregieren werden, sehen in der Nato einen „unverzichtbaren Akteur für die gemeinsame Sicherheit Europas“ und forderten sogar von der Linken ein Bekenntnis zu dem Kriegsbündnis als Koalitionsbedingung. Drohnen sollen lediglich international verbindlich reguliert werden – von einem Verbot keine Rede. Ebenso steht es um Rüstungsexporte. Der Umgang mit Russland erfordere einen Zweiklang aus „Dialog und Härte“, China sei sogar systemischer Rivale. Gegen diese vermeintlichen Bedrohungen soll eine „handlungsfähige EU mit klarem Wertekompass“ in Stellung gebracht werden; EU-Imperialismus im Namen der Menschenrechte also.
Ähnlich desaströs liest sich das Wahlprogramm der SPD, was uns Friedensbewegte jedoch auch nicht überraschen sollte.
Und selbst in den Reihen der Linken werden Stimmen laut, die bezüglich der Friedenspolitik „linke Antworten auf der Höhe der Zeit“ fordern und damit Bundeswehreinsätze bei UN-Missionen meinen.
Mehr denn je stellt sich für uns also die Frage, wie weit wir unser Friedensprojekt auf dem Fundament der Parlamente bauen wollen. Sicher, die Friedensbewegung hat durch ihre Einflussnahme auf Politiker:innen viele Erfolge erzielen können – zuletzt auch während der Drohnendebatte der SPD; und sicher, mit einer starken Linken in einer grün-rot-roten Koalition ließen sich einige Auslandseinsätze der Bundeswehr wohl verhindern.
Aber dabei muss uns klar sein, dass die Verhältnisse im Bundestag zum großen Teil die Verhältnisse in der Gesellschaft widerspiegeln. Wir dürfen uns also nicht in ausgeklügelten Lobbykonzepten verlieren, sondern müssen auch lernen, wieder große Teile der Gesellschaft gegen die Kriegsindustrie, die Militarisierung und den Imperialismus zu mobilisieren.
Vergessen wir dabei nicht, dass sich die Beseitigung aller Kriegsursachen, wie es unsere Grundsatzerklärung fordert, nicht durch Wahlen und Abstimmungen allein erreichen lässt – „uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun“.
Markus Hornberger ist Mitglied im BundessprecherInnenkreis der DFG-VK.