Dieser Beitrag ist erschienen in der ZivilCourage 3/2021 |
Antimilitarismus
Informationen zur digital vernetzten Luftkriegsführung der Zukunft
Eine Information der Kampagne „Bundeswehr abschaffen“
Am 23. Juni hat der Haushaltsausschuss des Bundestages 4,6 Milliarden Euro für die Studien und die Erstellung eines Prototyps des Future Combat Air Systems (FCAS) beschlossen.
Es wird das teuerste Rüstungsprojekt von Staaten der Europäischen Union mit geplanten 100 Milliarden Euro Gesamtkosten.
Was ist FCAS und was gehört dazu?
FCAS ist ein vollkommen neues Kampfflugzeug mit Tarnkappeneigenschaften, neuem Triebwerk, neuer Sensorik und der Möglichkeit, vernetzt mit anderen Systemen zu operieren. Es soll mit einem Drohnenschwarm sowie als System mit anderen Waffensystemen in der Luft, am Boden und auf See sowie im Cyberraum kommunizieren und kooperieren können. Ziel ist ein Gesamtsystem aller Waffensysteme.
Dazu gehören unbemannte Flugobjekte, also Drohnen, die gemeinsam mit dem Kampfflugzeug im Schwarm fliegen können. Sie sollen Fähigkeiten zur Spionage (Aufklärung), elektromagnetischer Störung (Jamming) sowie Täuschung haben. Drohnen sollen bewaffnet werden können für Luft-, Boden- und Seekampf.
Eine sogenannte Combat Cloud soll das System aus Kampfflugzeug und Drohnenschwarm mit anderen Kampfsystemen über eine Datenübertragung in „Echtzeit“ miteinander vernetzen. Dadurch sollen sämtliche Sensoren von Flugzeugen, Schiffen, Landfahrzeugen oder -stationen und Satelliten sowie Waffen dieser Systeme miteinander vernetzt eingesetzt werden. Es geht nicht nur um herkömmliche Waffen, sondern auch um elektromagnetische und den Cyberraum.
Wofür FCAS
Im Luftkrieg sollen bemannte und unbemannte Flugobjekte Daten und Informationen sammeln und untereinander kommunizieren, um die militärischen Absichten des Gegners sicher und schnell zu erkennen. Durch diesen militärischen Vorsprung soll der Gegner ausgeschaltet werden, bevor er reagieren kann.
Die dabei anfallende Datenmenge sollen in der Combat Cloud verarbeitet werden. Das System besteht aus Großdrohnen, die aus großer Höhe in der Lage sind, das Gesamtgeschehen eines militärischen Kampfgebiets mit Sensorik zu überblicken, Daten und Informationen zu sammeln, zu digitalisieren und allen am Kampfgeschehen Beteiligten zu übermitteln, zusammen mit vielen anderen Waffensystemen. Drohnenschwärme aus kleinen Drohnen sind in der Lage, aus geringer Höhe detaillierte Lagebilder zu erstellen und zu übermitteln. Die Daten und Informationen werden dann als Einsatzbefehl an die Kampfflugzeuge im Kampfgebiet übermittelt, damit diese dann gezielt ihre Bomben und Raketen abwerfen.
Vernetzte Kriegsführung nicht nur in der Luft
In die militärische Vernetzung FCAS sollen perspektivisch auch die neuen Flottendienstboote, das Nachfolgemodell des Panzers Leopard 2, Militärfahrzeuge bis hin zu jedeR SoldatIn eingebunden werden. Die unterschiedlichen militärischen Fähigkeiten einzelner Systeme sollen zu einer Gesamtfähigkeit verschmelzen.
Das Ziel ist, möglichst alle Daten und Informationen der einzelnen am Kampfgeschehen Beteiligten in Echtzeit zu sammeln, auszuwerten und allen zur Verfügung zu stellen. Damit soll der militärische Gegner frühzeitig erkannt und effizient bekämpft werden, bevor er selbst in der Lage ist zu kämpfen. Für die frühzeitige Erkennung des Gegners, seines Standortes und seiner Kampffähigkeit werden Systeme der signalerfassenden Aufklärung, Systeme, die Informationen und Daten über ein gesamtes Kriegsgebiet sammeln können und Satelliten benötigt, die diese Daten und Informationen in Echtzeit übermitteln können. Je mehr Informationen und Daten über den militärischen Gegner gesammelt werden sollen, desto mehr muss in diesem Bereich aufgerüstet werden.
Verschwendete Steuermittel für Rüstungskonzerne
Beteiligt an FCAS sind die BRD und Frankreich mit dem Konzern Airbus, Frankreich mit dem Konzern Dassault Avion und Spanien mit dem Konzern Indra Sistemas. Airbus hat die Leitung in der Entwicklung des vernetzten Systems für den Luftkrieg. Zusätzliche Partner sind MBDA für Lenkflugkörpersysteme, Thales für Kommunikations-, Informations- und Steuerungssysteme und Safran für Kampfflugzeugtriebwerke. Da die drei beteiligten Staaten sich die Kosten teilen, bedeutet das: Schon der Entwurf des neuen europäischen Kampfjets kostet über 13 Milliarden Euro. Wenn das System FCAS funktionieren soll, müssen alle am System Beteiligten immer auf dem gleichen Ausrüstungsstand sein. Damit ist eine dauerhafte Aufrüstung aller am System beteiligten Teilsysteme verbunden.
Bedenken des Bundesrechnungshofes (BRH)
Der BRH hat den Mitgliedern des Haushaltsausschusses abgeraten, der Vorlage des Bundesministeriums für Verteidigung zuzustimmen. Er kritisiert, dass für das Projekt noch kein Vertragswerk zwischen den beteiligten drei Staaten und den Rüstungskonzernen vorliegt. Die Freigabe der Milliarden soll erfolgen, obwohl das Bundesfinanzministerium einräumt, dass „weder die Konzeptstudie noch die Phase 1A bisher beendet werden konnten und abschließende Ergebnisse insofern nicht vorliegen.“ Es gibt nur eine Absichtserklärung, und dennoch soll Geld bereit gestellt werden.
Der BRH kritisiert auch, dass die Nutzungsrechte an den Studien, die von den Staaten bezahlt werden sollen, nicht endgültig geklärt sind. Airbus besteht darauf, dass die Studienergebnisse nur mit der Zustimmung der Rüstungskonzerne an die Partnerstaaten weiter gegeben werden. Der BRH kritisiert, dass von 4,6 Milliarden Euro lediglich Studien erstellt und ein Prototyp des Kampfsystems bis 2027 gebaut werden. Es ist nicht planbar, wie teuer das Endprodukt sein wird, das 2040 einsatzbereit sein soll. Er kritisiert auch, dass das Risiko besteht, dass die Drohnen und Kampfflugzeuge keine Zulassung im zivilen Luftraum bekommen. Die Prüfer kritisieren außerdem, dass das Parlament nicht beteiligt wird, etwa bei der Frage, ob die Entwicklung so erfolgreich war, um das Projekt weiter zu verwirklichen. Bei der Entwicklung von FCAS liegen die finanziellen Risiken ausschließlich bei den Steuerzahler*innen der beteiligten Staaten.
Geübt wird schon jetzt in Schleswig-Holstein
Vom Flugplatz Todendorf an der Ostsee übte Airbus bereits 2019 den gemeinsamen Flug von Drohnenschwärmen. Die Erkenntnisse der Übungen über dem Meer sollen in die Entwicklung des FCAS einfließen.
Das „mit anderen Luftstreitkräften vernetzte System“ soll „das gegnerische Luftkriegspotenzial in der Luft und am Boden“ bekämpfen können, hatte ein Bundeswehroffizier im Vorfeld gesagt. Am 24. Juni startete ein Eurofighter im Rahmen einer Luftwaffenübung am Fliegerhorst Jagel. In Todendorf startete gleichzeitig eine unbemannte Drohne. Über der Ostsee übernahm der Eurofighter dann die Lenkung der Drohne. „Wenn das klappt, wäre das ein Riesending“, hatte der Offizier . Bei der Kriegsführung der Zukunft sollen autonom fliegende, eventuell bewaffnete Drohnen mit einer neuen Generation von Kampfjets kontinuierlich kommunizieren. Mit der Übung sollte vor allem die Combat Cloud erprobt werden. Der NDR berichtete auch (https://bit.ly/3EEQE4Y).
Der endgültige Beschluss steht noch aus
Da der Verteidigungshaushalt für das Haushaltsjahr 2022 zum Ende der letzten Legislaturperiode beschlossen wurde, unterliegt er der „Diskontinuität“. Das heißt, die neue Bundesregierung muss einen neuen, zweiten Regierungsentwurf beschließen und in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einbringen. Der Bundestag wird den Haushalt dadurch voraussichtlich erst bis Mitte 2022 wohl beraten und beschließen können. Wir können deutlich machen, was wir von dieser Verschwendung von Steuermitteln, die nur den Zweck haben, zu zerstören, halten: Nichts!