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war resisters international

26. November 2022

Prisoners for Peace

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

Gefangenenliste der War Resisters´International zum 1. Dezember

Von Gernot Lennert

Solidarität mit den Gefangenen für den Frieden: Zum Internationalen Tag der Gefangenen für den Frieden am 1. Dezember bittet die WRI um Solidarität mit Menschen, die weltweit wegen ihrer KDV oder ihres Engagements für Frieden inhaftiert sind. Ihre Namen und Gefängnisadressen werden in der Liste der Gefangenen für den Frieden veröffentlicht. 

Die WRI ruft dazu auf, den Gefangenen Kartengrüße als Zeichen der Solidarität und der Ermutigung in die Haft zu schicken. Selbst wenn die Karten die Gefangenen nicht erreichen sollten, machen sie deutlich, dass diese nicht vergessen sind, was sich auf die Haftbedingungen günstig auswirken kann.

Die Liste enthält die Adressen von Gefangenen stellvertretend für viele andere, deren Adresse unbekannt ist oder die keine Publizität wünschen. 

In Ländern wie Süd-Korea, Singapur, Turkmenistan und Tadschikistan waren in den letzten Jahren ständig KDVer im Gefängnis, die meisten von ihnen Zeugen Jehovas. Besonders katastrophal ist die Menschenrechtslage in Eritrea. Dort werden Männer und Frauen zu einem zeitlich unbegrenzten Nationaldienst gezwungen, teils Militär-, teils Arbeitsdienst unter härtesten Bedingungen. In Kamerun werden Menschen, die sich gewaltfrei für Menschenrechte und Autonomierechte des englischsprachigen Landesteils einsetzen, inhaftiert. 

Die nächste Liste der Gefangenen für den Frieden wird zum 1. Dezember veröffentlicht werden: www.wri-irg.org

Veranstaltungen zum Tag der Gefangenen für den Frieden

Berlin: 30. November, 19 Uhr, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4. Mit Franz Nadler (Connection e.V.): „Sand im Getriebe“ des Krieges. Widerstand gegen die Rekrutierung für den Ukraine-Krieg und Solidaritätsarbeit für KDVer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine; Wolfram Beyer (IDK): Antimilitaristische Arbeit unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges; Gernot Lennert (DFG-VK Hessen): Reaktivierung von Kriegs- und Zwangsdiensten. www.idk-info.net

Offenburg: 4. Dezember, 16 Uhr, Uhlandstraße 5. Jährliches Treffen zum Schreiben der Grußkarten an die Gefangenen für den Frieden – als gemütliches Treffen mit Kaffee, Tee und Friedensmusik. Anmeldung bitte bis zum 2. Dezember bei der DFG-VK Mittelbaden: mittelbaden@dfg-vk.de

Zornheim bei Mainz: 9. Dezember, 19 Uhr. HerrBerts Kulturscheune, Untergasse 10. Die DFG-VK lädt ein zum gemeinsamen Schreiben der Karten an die Gefangenen für den Frieden mit Live-Musik von Strohfeuer Express, Bilder-Schau, Speis´ und Trank. www.dfg-vk-mainz.de

Die Karten an die Gefangenen können sowohl gemeinsam und öffentlich als auch privat geschrieben werden

Gernot Lennert (DFG-VK Hessen)

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, Prisoners for Peace, war resisters international

26. November 2022

Global betrachtet

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

Notwendig: Solidarität weltweit für Kriegsdienstverweigerer

Von David Scheuing

#ObjectWar: Kriegsdienstverweigerung und Desertion politisch relevant wie seit Jahren nicht

Die Notwendigkeit der Stunde macht die Arbeit der Kolleg*innen von Connection e.V. so wichtig und auch so politisch bekannt wie schon seit Jahren nicht mehr. Viele von uns bekommen die Newsletter und die „KDV im Krieg“ – dennoch sei auf die aktuelle Kampagne (#ObjectWar) zur Unterstützung des Rechts auf Asyl aller KDVer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine hingewiesen. Connection e.V., die WRI, der Internationale Versöhnungsbund und das Europäische Büro für KDV haben diese Kampagne gemeinsam ins Leben gerufen und bitten um Unterschriften. Hier sind mehr Informationen und der Link zur Petition: https://bit.ly/3sDTnqI

In der WRI sind aber in den letzten Monaten auch eine Reihe weiterer Fälle von KDV sichtbar geworden, die dringlicher Aufmerksamkeit bedürfen.

Aserbaidschan: Weiterhin Verfolgung, trotz Entscheidung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Situation von KDVern in Aserbaidschan war schon mehrfach Thema in dieser Kolumne. Sie hat sich auch nicht merklich verbessert oder wesentlich verändert – auch in diesem Juli und September wurden wieder Menschen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas keinen Kriegsdienst leisten wollen, verurteilt bzw. verhaftet. Diese Situation besteht unverändert fort, obwohl der Staat auch schon vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden ist. Das grundlegende Problem, das sich in Aserbaidschan als institutionelle Selbstblockade zeigt, ist eine äußerliche Bereitschaft zur Einführung zumindest eines Ersatzdienstes, bei gleichzeitiger Untätigkeit – so geben die Mitarbeiter*innen der Rekrutierungsbehörde gegenüber der Organisation Article18 zu, dass sie nicht anders „könnten“, da es keinen Ersatzdienst gebe und der Einberufung unbedingt Folge zu leisten sei. Mehr zur Situation von Seymur Mammadov und Royal Karimov auf den Seiten der WRI: https://bit.ly/3zjGS7P

Südkorea: Alternativdienst ist keine Alternative. Dass die schiere Existenz eines Ersatzdienstes noch keine Garantie einer wirklichen Alternative ist, ist sicherlich für deutsche Verweigerer aus den 1960er und 1970er Jahren keine neue Erkenntnis. Auch im Fall des 2020 neu eingeführten Ersatzdienstes in Südkorea zeigt sich nun eine fundamentale Ungleichbehandlung: Der Dienst kann nur als dreijähriger (!) Ersatzdienst (gegenüber 18 Monaten Kriegsdienst) in Gefängnissen oder anderen Strafeinrichtungen abgeleistet werden. Dass dieser „Strafdienst“ primär dem Ziel der Abschreckung dient, ist offensichtlich. Nun steht seit August mit Hye-min Kim der erste Totalverweigerer im neuen System vor Gericht. Unter anderem Amnesty International setzt sich in diesem Fall aktiv für eine Veränderung der rechtlichen Grundlage und den Freispruch: https://bit.ly/3ziy5mw

Griechenland: Ein Erfolg bietet einen düsteren Einblick. Zu Beginn des Jahres hatte ein KDVer in Griechenland unter der dortigen Transparenzgesetzgebung auf Offenlegung der Verweigerungsanerkennungszahlen aus dem letzten Jahrzehnt gepocht – und bekam die Daten offengelegt. Ein wahrer Erfolg. Doch die Erkenntnisse aus den Daten sind erschreckend: So wurden 2021 alle 12 Anträge auf KDV, die nichtreligiöse Gründe anführten, abgelehnt. Auch alle Anfechtungen der Ablehnungen wurden erneut abgelehnt. Noch 2018 waren 14 von 15 Anträgen bewilligt worden – ein rasanter Niedergang der Anerkennungsquote. Durch die Daten lässt sich auch sehen, dass eine Anfechtung in nur zwei Fällen im letzten Jahrzehnt überhaupt erfolgreich war, also keine effektive Abhilfe schaffte.. Die Daten bestätigen, was derzeit vor dem Obersten Gerichtshof noch als Fall anhängig ist: dass die Behörden, die diese Fälle begutachten nicht unabhängig und unparteiisch entscheiden und dass Unterschiede zwischen Verweigerern gemacht wird, je nach Art ihrer Verweigerungsgründe. Die WRI und weitere Organisationen planen, diese Verschlechterung der Situation von Verweigerern gegenüber den relevanten Menschenrechtsorganen anzuzeigen. Mehr dazu: https://bit.ly/3f7YWdY

USA: „Draft“ auch 2022 noch nicht vom Tisch. In den letzten fünf Jahren war das Thema der Einberufung („Draft“) Gegenstand einer Reihe von Anhörungen, Petitionen und Gesetzesvorlagen im US-amerikanischen Kongress. Doch auch bislang gab es noch keine Entscheidung, wie mit dem derzeitigen System der männlichen Zwangsrekrutierung umgegangen werde soll. Obwohl Beobachter*innen davon ausgegangen waren, dass die Frage bis nach den Midterm Elections vertagt werde würde, wurde nun hinter verschlossenen Türen an eine damit anderweitig gänzlich unzusammenhängende Haushaltsvorlage auch eine Ausweitung des Einberufungssystems auch auf Frauen angehängt. Es bleibt spannend, besteht doch auch immer noch die Chance, dass die Zwangsrekrutierung wieder abgeschafft wird. Wie immer finden sich die präzisen Informationen zum aktuellen Stand bei Edward Hasbrouck: https://bit.ly/3TXWlC5

Ganz kurz notiert:

Die Jubiläumsausgabe zu 100 Jahre WRI in der Zeitschrift „Das Zerbrochene Gewehr“ Nr. 115 mit sieben Beiträgen zur Geschichte der WRI und seiner Teilnetzwerke liegt vor. Darin besonders lesenswert: Die Statements ehemaliger Mitarbeiter*innen und die Geschichte der „WRI Women Working Group“. https://bit.ly/3N7Jlrv

Ein lesenswerter Aufsatz aus dem transnational institute (tni) mit dem Titel „Halte ein – Weshalb dem Militarismus für den Frieden abgeschworen werden muss“. Die Autorin fasst viele gute Argumente zusammen und betont erneut, dass auch militärische Neutralität nicht mit Schwäche oder Passivität verwechselt werden darf: Zu oft haben eben solche nichtalliierten Kräfte in der Vergangenheit maßgebliche Rollen in der Aushandlung und Eröffnung von Friedensverhandlungen ermöglicht. Hier der ganze Text: https://bit.ly/3W0HOHX

David Scheuing war bis zum DFG-VK-Bundeskongress im Mai 2022 der Vertreter der DFG-VK bei der War Resisters´ International (WRI), dem internationalen Dachverband der DFG-VK mit Sektionen in weltweit 45 Ländern, gewählt. An dieser Stelle berichtet er noch bis zum Jahresende aus der WRI, um den LeserInnen das globale Engagement von KriegsgegnerInnen sichtbar zu machen. Das sind keine tieferen Analysen, sondern kleine kursorische Überblicke und Nachrichten; es geht dabei nicht um Vollständigkeit, vielmehr um Illustration. Der Autor ist per E-Mail erreichbar unter scheuing@dfg-vk.de

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, war resisters international

26. November 2022

Das ist „Nicht unser Krieg“

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 3/2022

International

(Verspätete) 100. Geburtstagsfeier der War Resisters´International

Von Stephan Brües

Es war ein langer Weg, aber am 10. September fand in Utrecht, und damit nicht weit entfernt vom Gründungsort der War Resisters´ International (WRI), Bilthoven, eine Veranstaltung anlässlich des 100. (nun sogar des 101.) Geburtstags der WRI statt: Kriegsgegner*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine sagen: Nicht unser Krieg. 

Vorgeschichte. Das Jahr 2021 als hundertster Jahrestag der WRI und wie man diesen im Land der Gründung, also in den Niederlanden, begehen könnte – das schwirrte schon lange und während vieler WRI-Ratstagungen durch manche Köpfe. Allerdings war schon damals klar, dass die Friedensbewegung in den Niederlanden aktuell zu klein ist, um etwas Größeres, ein zwei- bis dreitägiges Festival, ohne die Hilfe der Nachbarländer auf die Beine zu stellen. 

Nach der Konferenz in Bogota 2019 kamen einige Aktive aus den Niederlanden, Deutschland und Belgien zusammen, und auch WRI-Mitarbeiter*innen und die damalige WRI-Vorsitzende Christine Schweitzer fuhren nach Holland, um zu eruieren, inwieweit ein solches Event im Jahre 2021 durchgeführt werden könnte. Die Skepsis überwog. 

Dennoch fand sich eine Gruppe, an der von deutscher Seite neben Stephan Brües zunächst auch Kai-Uwe Dosch für das geplante Themenfeld Friedensbildung und David Scheuing für das Themenfeld Migration aktiv beteiligt waren. Erst war Mai/Juni, dann September 2021 als Termin vorgesehen. Schließlich wurde beschlossen, das Event genau ein Jahr später auf den 9. bis 11. September 2022 zu terminieren. Utrecht als größte Stadt in der Nähe des Gründungsorts stand fest. So sollte dort ein Kern von Personen aus der Friedens-, No-Border-, Anti-Atom- und Klimabewegung entstehen, die in Workshops Aktivitäten an der Schnittstelle dieser Themen ausloten sollten. Zugleich aber sollten gewaltfreie Widerstände in Ländern wie Kolumbien, Westpapua (ehemals holländische Kolonie) ebenso angesprochen werden wie Rückblicke auf WRI-Gründer*innen und Aktive wie Bart de Ligt oder Helene Stöcker. 

Über 30 Workshops wurden geplant, und es gab Zusagen von vielen DFG-VK-Aktiven: von Kai-Uwe Dosch zu Friedensbildung (zusammen mit anderen Referent*innen), Jürgen Grässlin (Rüstungsexporte), Michael Schulze von Glaßer (Bundeswehr-Werbung), Amab (Ad-Busting), Dieter Riebe (Friedenslogik), Guido Grünewald (Helene Stöcker), Gernot Lennert (Kriegsdienstverweigerung bzw. Wehrpflicht-Renaissance) und Stephan Brües (Sicherheit neu denken). Es war inhaltlich ein herausragendes Programm. Und in dieser Festivalversion waren genau die Personen aus Russland, Belarus und der Ukraine als ein Fokus eingeplant.

Aber dies alles brauchte Geld. Und das mit dem Fundraising hat leider gar nicht funktioniert. Punkt. Das Geld reichte für einen eintägigen Event, der den Schwerpunkt auf die aktuelle Situation in der Ukraine und Umgebung legen und den Kriegsgegner*innen ein Forum bieten sollte.

So wurde aus „Future Without War“, wie es hier in der ZivilCourage oder auch im Mai auf dem DFG-VK-Bundeskongress in Duisburg noch angekündigt wurde: „Not Our War“. 

Hochkarätige Aktivist*innen wie Yurii Sheliazhenko (Pazifistische Bewegung der Ukraine), Olga Karatch (Nash Dom, Unser Haus, Belarus, exiliert in Litauen) und Alex Belik (Bewegung der KDVer in Russland, im Exil in Estland) sowie Rudi Friedrich (Connection e.V.), Mark Akkerman (Stop Wapenhandel) und Christine Schweitzer (Bund für Soziale Verteidigung – BSV) betrachteten den Widerstand gegen den Krieg in der Ukraine, in Russland und Belarus, die Solidaritätsarbeit für diesen Widerstand, die Kriegsprofiteure und die Alternativen zum Krieg.

Präsentationen der Kriegsgegner*innen aus dem Osten Europas 

Yurii Sheliazhenko machte klar, dass der Krieg sofort beendet werden müsse, und verwies darauf, dass die ohnehin schon rudimentäre Gesetzgebung zum Recht auf KDV inzwischen ausgesetzt wurde. Ukrainer dürfen damit nicht nur nicht das Land verlassen, sondern sie dürfen auch nicht den Kriegsdienst verweigern. In einem Gedicht hielt er der lächerlichen Kriegspropaganda auf allen Seiten des Kriegsgeschehens den Spiegel vor. 

Olga Karatch aus Vilnius kommt von der Organisation Nash Dom (Unser Haus), einer Bürgerrechtsbewegung, die der BSV bereits seit 2005 unterstützt. Sie hat direkt nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine einen Aufruf in den sozialen Medien gestartet und die jungen Belarussen aufgerufen, Einberufungsbescheiden keine Folge zu leisten und stattdessen zu fliehen oder unterzutauchen. Das Video wurde hunderttausendfach gelikt oder weitergeleitet. Von den 42 000 jungen Männern, die im Frühjahr eine Einberufungsankündigung erhalten hatten, haben sich 20 000 einer Einberufung verweigert und sind geflohen. Der Aufruf wurde im Juni u.a. auf Tiktok wiederholt und erhielt 500 000 Klicks. Die jungen Menschen flohen nach Georgien und die Türkei, wenige auch nach Polen und Litauen. Die Behörden dort sind eher zurückhaltend mit der Aufnahme, während Unternehmen in diesen Ländern bereit waren, diesen jungen Männern Arbeit zu geben. 

Olga Karatch fordert von den EU-Mitgliedsländern, dass sie einen humanitären Korridor für KDVer aus Belarus und Russland sowie der Ukraine schaffen und allen Schutz gewähren. 

Alex Belik von der KDV-Bewegung Russlands sprach davon, dass 100 000 junge Russen nach Georgien und die Türkei geflohen sind; bei vielen von ihnen spielte eine mögliche Einberufung ins Militär eine Rolle. Er berät als Anwalt viele KDVer und arbeitet mit der finnischen KDV-Bewegung zusammen. Der Forderung von Olga Karatch schließt er sich uneingeschränkt an.

Rudi Friedrich von Connection e.V. hat die Solidaritätsarbeit der Friedensbewegung in Deutschland vorgestellt und auf die unzulängliche Aufnahmeprozedur von KDVern, Deserteuren und Wehrpflichtentziehern hingewiesen. Aktuell gibt es eine Petition an EU-Kommission und -Parlament, die eine Aufnahme von KDVern aus Russland und Belarus und die Wiedereinsetzung des KDV-Rechts in der Ukraine fordert. 

Mark Akkerman hat über die Profiteure des Ukrainekrieges aus der Rüstungsindustrie gesprochen. Dort knallen die Sektkorken, weil die Ukraine in riesigem Umfang mit Waffen beliefert wird und fast alle Staaten weltweit massiv aufrüsten.

Christine Schweitzer beschrieb die Alternativen zum Krieg – die Soziale Verteidigung und das Konzept des unbewaffneten zivilen Schutzes.

Nach dem gemeinsamen Abendessen und einer Einführung in ein friedenspolitisches Spiel von Nina Koevoets von Peace.Power.org gab es Workshops der osteuropäischen Gäste, in denen die 30 bis 40 Teilnehmenden im Kulturzentrum Kargadoor Fragen stellen und diskutieren konnten. 

Fazit

Es ist letztlich nach einem weiten Weg ein klasse Programm für die Bewohner*innen der wunderschönen Stadt Utrecht auf die Beine gestellt worden. Weniger gut gelungen ist die Technik, sodass die Außenwelt von diesem inhaltlich wichtigen Ereignis wenig mitbekommen hat. 

Auf der Website wri100.nl sollen die Präsentationen, ein paar Videos und Fotos eingestellt werden und der BSV plant eine Doku mit allen Präsentationen in der BSV-Publikationsreihe „Hintergrund- und Dokumentationspapiere“ (HuD). Die Antimilitaristische Aktion Berlin in der DFG-VK (Amab) hat auf ihrem Blog auch einen Bericht dazu verfasst: https://bit.ly/3N3ompH

Stephan Brües ist Vertreter der DFG-VK beim Bund für Soziale Verteidigung und seit Jahren dessen Ko-Vorsitzender.

Kategorie: 2022, International Stichworte: 202203, international, war resisters international

15. Juni 2021

Global betrachtet

Dieser Beitrag ist erschienen in der
ZivilCourage 4/2021

International

100 Jahre War Resisters´ International: Leider notwendig wie nie!

Von David Scheuing

Frieden zu erkämpfen ist keine neue Aktivität – aber sie ist in den vergangenen 100 Jahren immer wieder vor immer noch größere Aufgaben gestellt worden. Gegen den Krieg der großen Völkerschlachten zu werben war anders, als vor der technisierten Kriegsführung zu warnen, vor dem Atomkrieg oder heute der Gefahr automatisierter Kriegsführung. Seit nunmehr 100 Jahren haben wir alle uns in der Internationale der Kriegsgegner*innen zusammengeschlossen – 2021 ist unser Jubiläum: auf Englisch so schön wie schlicht „Centennial“. Doch ein Anlass zur Rückbesinnung stellt auch immer wieder die Frage, wo wir heute stehen.

WRI 100

Den „wirklichen“ Geburtstag der WRI haben die Organisationen schon gefeiert – mit einer virtuellen Feier des gemeinsamen, weltweit verwendeten Logos des zerbrochenen Gewehrs. Vom 23. bis 25. März 2021 wurden über die sozialen Medien von so vielen Mitgliedsorganisationen wie möglich Beiträge zur Geschichte des zerbrochenen Gewehrs, verschiedener Ereignisse aus den letzten 100 Jahre und viele Bilder aus der Geschichte der WRI geteilt. Doch dies ist erst der Anfang der Feierlichkeiten. Der Rat der WRI hat vor dem Hintergrund der Pandemie und deutlich begrenzter Möglichkeiten physischer Feiern beschlossen, das Jahr 2021 primär in den Fokus des Erinnerns zu stellen – das Zurückdenken, im Archiv kramen und lokale Bedeutungen hervorheben. Alle Ausstellungen, Events, Bilder und Materialien können unter https://bit.ly/3swDy2X gefunden werden.

Dort findet sich aktuell auch eine Ausstellung zu Konflikttextilien – einer Konflikt- und Traumabearbeitungsmethode, die Konfliktkonstellationen via Stickerei, Weberei oder anderer textiler Materialien zum Ausdruck zu bringen versucht. Sehenswert!

Sollte die Pandemie es zulassen, wird es auch in diesem Jahr (voraussichtlich im September) ein größeres internationales Festival und Tagung in Utrecht geben: WRI-next generation! Diese Tagung will versuchen, den Blick auf die nächsten 100 Jahre zu werfen und herauszuarbeiten, was vom heutigen Stand aus gesehen die Themen und Organisationszusammenhänge der „nächsten Generation“ sein werden. Ich halte euch auf dem Laufenden! 

15. Mai: Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerer*innen

Neben all den Feierlichkeiten soll aber auch nicht aus dem Blick geraten, was akut weiter notwendig ist: die Unterstützung von Kriegsdienstverweigerer*innen weltweit und die Arbeit für eine gewaltfreie Welt. Zum diesjährigen internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerer*innen steht die Türkei im Fokus. Zusammen mit Connection e.V. werden (wiederum der Pandemie geschuldet) über die gesamten Monate April und Mai Material, Aufrufe, Statements und Petitionen zur Kriegsdienstverweigerung in der Türkei publiziert werden. Hier kann das Material gefunden werden: https://bit.ly/3grhjZF

Es sollen aber auch die üblichen kritischen Veranstaltungen vor Ort stattfinden. Für Deutschland heißt dies: DFG-VK, Connection und EAK haben einen digitalen Austauch zur eigenen Verweigerer*innenbiographie angeregt. Gäste werden u.a. Hannah Brinkmann („Gegen mein Gewissen“), Werner Glenewinkel, Gaby Weiland, Gernot Lennert und Rudi Friedrich sein. Die Veranstaltung findet digital statt, weitere Infos auf Seite 18 in diesem Heft; Anmeldungen bei Connection-eV.org

Myanmar

Desertion und Widerstand. Seit nunmehr fast vier Monaten herrscht in Myanmar wieder unumschränkt die Junta. Viel wird dankenswerterweise über die erstaunlich furchtlose und dabei gewaltfrei agierende zivilgesellschaftliche Protestbewegung berichtet. Dabei zeigt sich, was internationaler Austausch der Zivilgesellschaft, das globale Teilen von Wissensrepertoires zu gewaltfreiem Widerstand und die Zugänglichkeit (wie sehr auch immer sie beschränkt sein mag) zum Internet in nur knapp 10 Jahren möglich machen kann. Es zeigt aber auch: 

Durch direkte und brutale Aktion des Militärs hat sich die anfangs sehr diverse und egalitäre Protestbewegung verändert. Es bleibt die Hoffnung, dass sich der radikal-gewaltfreie Widerstand durchsetzen wird. Ein ermutigendes Zeichen: Die seit Beginn des Coups arbeitende zivilgesellschaftliche Boykott- und Generalstreiksbewegung funktioniert und setzt die Mittel der finanziellen, infrastrukturellen und klassisch arbeitsverweigernden Blockade des Militärs effektiv ein. Abseits der großen Medienöffentlichkeit gibt es einzelne Berichte über desertierende Soldat*innen, Polizeikräfte und Botschaftsangestellte – wichtig wird auch hier der menschenrechtliche Schutz sein. Die WRI hat im März ein Statement zur Unterstützung der Protestbewegung formuliert. Hier kann es eingesehen werden: https://bit.ly/3gnUNkf

Kurz notiert

Ruslan Kotsaba. Dem ukrainischen Pazifisten wird wieder einmal der Prozess gemacht. Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen zwischen der Ukraine und Russland ist der Prozess von tätlichen Angriffen auf Kotsaba selbst und einer unerträglichen Stimmung sowie rechtlichen Unzulänglichkeiten überschattet. Das European Bureau for Conscientious Objection (Ebco) ruft die Ukraine dazu auf, den Prozess mit sofortiger Wirkung einzustellen: https://bit.ly/32ttbSW

Krieg im Jemen. Nach einer kurzen Verschnaufpause gehen die Exporte der britischen Rüstungskonzerne nach Saudi-Arabien mit unvermittelter Stärke weiter. Die Kampagne gegen Waffenhandel (Campaign Against Armes Trade, CAAT) ruft weiter zur Blockade der Exporte auf und versucht wieder, rechtliche Mittel einzulegen. Derweil hat Italien einen totalen Exportstopp aller Waffen nach Saudi-Arabien verfügt. Überraschenderweise hat US-Präsident Biden im Februar Ähnliches verlauten lassen, tatsächliche Beschränkungen sind aber noch nicht erlassen. (caat.org.uk; wri-irg.org)

Syrien-Krieg und Verweigerer*innen. WRI, Connection und weitere Organisationen berichten, dass die Verweigerung des Militärdienstes auf allen Seiten der kämpfenden Parteien im syrischen Bürgerkrieg drastische Konsequenzen für die Verweigernden hat. Mehr dazu: https://bit.ly/3ebgDFe

CAAT für Nobelpreis nominiert. Die britische Organisation CAAT wurde zusammen mit Mwatana for Human Rights, einer jemenitischen Menschenrechtsorganisation, für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Ich freue mich für die beiden Organisationen, die wie nur wenige andere dazu beigetragen haben, dass wir über den Krieg im Jemen heute so viel wissen, auch über die Verstrickungen westlicher Rüstungskonzerne. Herzlichen Glückwunsch! (caat.org.uk)

Anerkennung nicht-religiöser Verweigerung. In Südkorea ist zum ersten Mal überhaupt ein nicht-religiös begründeter Verweigerungsantrag gerichtlich als legitim anerkannt worden. Nach der (hier mehrfach berichteten) Zaghaftigkeit der letzten Jahre ist dies ein neuer und hoffnungsvoller Schritt. (wri-irg.org)

Ausblick

10 Jahre Arabellion/Arabischer Frühling: Vor etwas mehr als zehn Jahren begann mit den Demonstrationen in Tunesien die größte gewaltfreie Massenerhebung im Nahen und Mittleren Osten jemals. 2021 fällt es bei anhaltenden Gewaltkonflikten in einigen Staaten und der Rückkehr zu autoritären Verhältnissen in anderen Staaten schwer, sich an die Ursprünge, die Hoffnungen und Erwartungen zurückzuerinnern.

Doch auch für eine Erinnerung an die Kraft der Gewaltfreiheit müssen wir  das tun. Fast schon ein Klassiker als Leseempfehlung ist: Gamblin/Sommermeyer/Marin (Hrsg.) (2018): Im Kampf gegen die Tyrannei. Graswurzel-Verlag; ISBN 978-3-939045-34-2

David Scheuing ist Vertreter der DFG-VK bei der War Resisters´ International (WRI), dem internationalen Dachverband der DFG-VK mit Sektionen in weltweit 45 Ländern, gewählt. An dieser Stelle berichtet er regelmäßig in der ZivilCourage aus der WRI, um den LeserInnen das globale Engagement von KriegsgegnerInnen sichtbar zu machen. Das sind keine tieferen Analysen, sondern kleine kursorische Überblicke und Nachrichten; es geht dabei nicht um Vollständigkeit, vielmehr um Illustration. Ideen und Vorschläge für kommende Ausgaben sind erwünscht. Der Autor ist erreichbar unter scheuing@dfg-vk.de

Kategorie: International Stichworte: 15. Mai, 202102, internationaler kdv-tag, kampagne gegen waffenhandel, Myanmar, ruslan kotsaba, war resisters international, wri

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„Eine Supermacht Europa verhindern“

17. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

ZC-4-22/1-23-Editorial

16. Januar 2023

Stefan Philipp
Editorial zum Heft 3/2022

Zweifel sind keine Schande

16. Januar 2023

Ernst Rattinger
Leitartikel
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

Warum Pazifismus wichtiger denn je ist

16. Januar 2023

Michael Schulze von Glaßer
Titel: Warum Pazifismus wichtiger denn je ist
Erschienen in ZivilCourage 4-22/1-23

„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“

27. November 2022

Andreas Zumach
„Ein Signal mangelnder Zivilcourage“
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung

27. November 2022

Hauke Thoroe
… gefördert von: Bertha-von-Suttner-Stiftung
Erschienen in ZivilCourage 3/2022

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