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Allgemein

28. Mai 2025

5 Fragen an Wolfram Wette – 80 Jahre Ende des Faschismus

Frage 1: 80 Jahre Ende des Faschismus in Deutschland – es gibt kaum noch Zeitzeug*innen und die AfD und andere rechte Kräfte arbeiten an Geschichtsklitterung: Wie halten wir die Lehren aus der NS-Zeit im Gedächtnis der Menschen?

Unsere Erinnerungskultur ist ein zerbrechliches Gebilde. Das Nicht-Wissen und das Vergessen nehmen zu. Nach einer Umfrage der Jewish Claims Conference wissen etwa 40 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland nicht, dass in der Zeit des Nationalsozialismus sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet wurden. Zwölf Prozent der Jugendlichen erklärten, vom Holocaust noch nie gehört zu haben. Noch größer dürfte das Nichtwissen über den deutschen Angriffskrieg auf die Sowjetunion vom 22. Juni 1941 sein, dem 27 Millionen Menschen dieses Landes zum Opfer fielen. Das sind alarmierende Vorgänge, die in ihren Wirkungen weit in das Feld der Politik hineinreichen, auch in die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Jahrzehntelang haben uns die traditionsreichen Parolen „Nie wieder Krieg!“ und „Nie wieder Faschismus!“ eine wegweisende Orientierung gegeben. Jetzt können wir nicht mehr sicher sein, in welchem Umfang sie noch wirksam sind.

Das entstandene Vakuum wird von den Rechtsextremen seit mehr als einem Jahrzehnt für ihre eigenen Zwecke genutzt. Sie reden von einem schädlichen „Schuldkult“, dem sich die Deutschen verschrieben hätten; sie versuchen, die Nazi-Zeit zu einem „Vogelschiss in der 1000-jährigen deutschen Geschichte“ kleinzureden; sie werben mit antidemokratischen, nationalistischen, völkischen und fremdenfeindlichen Parolen. Es droht eine schleichende Normalisierung rechtsextremistischen Denkens in größeren Teilen der Gesellschaft unseres Landes. Jahrzehntelang galt die Einsicht, dass unsere Republik als Antiprogramm, als Gegenstück zur Nazi-Barbarei konzipiert wurde und auch mit Leben erfüllt werden konnte. Wir fühlten uns gestützt durch den demokratischen Rechtsstaat und das Friedensgebot unserer Verfassung. Anders als in „Weimar“ wurde dieser politische Rahmen in der Bundesrepublik über viele Jahrzehnte hinweg allseits akzeptiert. Nun müssen wir uns fragen, in welchem Ausmaß diese Errungenschaften inzwischen brüchig geworden sind.

Wie konnte es dazu kommen? Wie nehmen wir heute die Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 und die Befreiung von der terroristischen Nazi-Diktatur wahr? Drei Generationen sind seitdem nachgewachsen. Aus den individuellen Erinnerungen der Kriegsgeneration ist das erlernte – oder eben nicht erlernte – Wissen der Enkel- und Urenkelgeneration geworden. Die Konturen des Zivilisationsbruchs der Nazi- und Kriegszeit sind blasser geworden.

Die niederländische Geschichte mit den Fluten und den Deichen kann uns helfen, die sich wandelnde Geschichte von „Vergangenheitsbewältigung“ und „Erinnerung“ besser zu verstehen – zugleich auch die möglichen Folgen der heute drohenden Gefahren der Vergessens und Beschönigens. Eine wissenschaftliche Untersuchung zu den Flutkatastrophen in Holland, die das Land im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verwüstet haben, führte zu der folgenden Erkenntnis: Die schwersten Deichbrüche geschahen immer wieder in einem Abstand von ungefähr 100 Jahren. „Nach jeder Katastrophe hat die zu dieser Zeit lebende Generation, die den Dammbruch erlebt hat, mit aller Kraft an der Wiederherstellung und Pflege der Deiche gearbeitet. Die nächste Generation hat sich noch gut um den Schutz vor den Fluten gekümmert, weil sie dies von den Alten so gelernt hatte. Aber schon die dritte Generation, die die Katastrophe nicht mehr aus eigenem Erleben kannte, hat sich kaum noch um den Erhalt der Deiche gekümmert. Es war doch alles in Ordnung, es war doch schon lange nichts mehr passiert, die Sicherheit war doch selbstverständlich. Und so wurden die ersten Risse in den Dämmen von vielen nicht ernst genommen. Man wurde oft erst dann wieder aktiv, wenn es schon zu spät war.“

Ähnlich scheint sich die politische Lage in unserem Land zu entwickeln: „Die Dämme bekommen schon wieder an vielen Stellen Risse. Teils aus Unkenntnis, teils aus grober Missachtung unseres historischen Erbes, teils aus gewissenlosem politischem Kalkül und einer erschreckenden Verrohung des Denkens und Handelns in Teilen der Gesellschaft.“ In dieser Lage braucht es natürlich eine verstärkte historisch-politische Bildung, um den nachgewachsenen Generationen die grundlegenden „Nie wieder!“-Lehren zu erklären und sie mit Leben zu erfüllen.

Frage 2: Wie war es um die DFG während der NS-Zeit bestellt?

Der erste deutsche Nationalstaat entstand 1871 durch Krieg und er ging 1945 im Kriege unter. In diesem Zusammenhang betrachtet, war die Weimarer Republik eine „Zwischenkriegszeit“, in welcher der  gesellschaftliche und politische Militarismus, der für diesen Staat charakteristisch war, fortwirkte.

In den ersten Jahren nach dem Weltkrieg 1914-18 dominierte in der deutschen Gesellschaft eine tief empfundene Friedenssehnsucht. Hunderttausende brachten sie auf den großen „Nie wieder Krieg“-Demonstrationen zum Ausdruck. Aber schon Ende der 1920er-Jahre erhoben die alten nationalistischen und kriegerischen Kräfte wieder ihr Haupt. Der organisierte Pazifismus in Deutschland geriet in die Isolation. Interne Richtungskämpfe behinderten die DFG-Spitze unter Fritz Küster und Generalmajor a. D. Paul Freiherr von Schoenaich in ihrem Kampf gegen den drohenden Faschismus mit dem geschichtsträchtigen Slogan „Hakenkreuz und Stahlhelm sind Deutschlands Untergang!“ sowie gegen den von ihr vorausgesagten Zweiten Weltkrieg. Entscheidend war jedoch der politische Rechtsruck der Gesellschaft. Die nationalistischen politischen Parteien und Verbände erhielten verstärkt Zuspruch. Im Gegenzug gerieten die Anhänger der Demokratie und der Verständigungspolitik mit den Siegermächten des Weltkrieges ins Hintertreffen. Einige erkannten die Gefahr und warnten auf ihren Plakaten mit der Parole „Hitler bedeutet Krieg!“.

Die Pazifisten standen schon lange vor der Machtübernahme der Nazis 1933 auf der Abschussliste der Militärs und Nationalisten. Viele von ihnen erkannten die Gefahr für ihr eigenes Leben und flohen ins Ausland. Unter ihnen waren der weltbekannte Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein und der pazifistische Publizist Kurt Tucholsky. Andere tauchten unter und mieden die Öffentlichkeit. Carl von Ossietzky blieb im Lande, wurde verhaftet und ins Konzentrationslager verschleppt. Der profundeste Kritiker des preußisch-deutschen Militarismus, Friedrich Wilhelm Foerster, hatte Deutschland bereits 1922 Hals über Kopf verlassen, weil ihm das Schicksal Erzbergers und Rathenaus drohte.

Die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) als mitgliederstärkste Organisation der damaligen Friedensbewegung wurde schon bald nach der Machtübernahme durch die Nazis zerschlagen. Diese gingen dabei so vor, dass sie bereits am 3. März 1933 das Mitgliederorgan der DFG, die Zeitschrift „Das Andere Deutschland“ (AD), „im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ verboten. Am 4. März drang ein großes Polizeiaufgebot in das Büro der DFG und die Redaktionsräume des AD ein und beschlagnahmte sämtliche Akten. Der Herausgeber, Fritz Küster, wurde verhaftet und fünfeinhalb Jahre lang in verschiedenen Konzentrationslagern gefangen gehalten. Schoenaich wurde ebenfalls verhaftet, später aber wieder freigelassen. Damit war die DFG ihres Kommunikationsorgans und ihrer führenden Köpfe beraubt und die Organisation de facto zerstört. Auf lokaler Ebene konnten sich noch einige Ortsgruppen halten und im Geheimen den Zusammenhalt pflegen. Eine Struktur auf höherer Ebene existierte jedoch nicht mehr.

Die von der NS-Regierung in Gang gesetzte Verfolgungswelle gegen ihre politischen Gegner richtete sich vor allem gegen die Pazifisten. Auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches vom 25. August 1933 war ein Drittel der Betroffenen Pazifisten. „Von nun an“, konstatiert der Historiker des Pazifismus in Deutschland, Karl Holl, „sollte sich die Geschichte der deutschen Friedensbewegung in lauter gefährdete Einzelschicksale auflösen.“

Frage 3: Wie steht es deiner Meinung nach 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus mit dem Militarismus in Deutschland?

In den Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildeten sich in den beiden deutschen Staaten Zug um Zug – mit etlichen Unterschieden – pazifizierte Gesellschaften heraus. Bei einem Großteil der Deutschen vollzog sich ein tiefgreifender Mentalitätswandel. Die Menschen vermochten sich von ihrer militaristisch geprägten Vergangenheit zu lösen und nach und nach eine Zivilgesellschaft zu gestalten. Sie wollten Demokratie und Frieden. Auch lernten sie, dass es sich selbst auf engerem Raum ohne Krieg gut leben lässt. Nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 erschien die Vorstellung, dass die deutsche Gesellschaft „kriegstüchtig“ sein müsse, als abwegig und aus der Zeit gefallen.

Anerkennend schrieb der amerikanische Historiker James Sheehan im Jahre 2008 über „Europas langen Weg zum Frieden“. Auf diesem Kontinent, besonders in Deutschland, habe sich nach 1945 der „Aufstieg des zivilen Staates“ vollzogen. Die militaristischen Tendenzen seien immer mehr zurückgedrängt worden zugunsten der wachsenden Mentalität der Friedfertigkeit. Diese Sicht wird von Analysen der deutschen Historischen Friedensforschung gestützt.

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Bundesrepublik bis zur Wiedervereinigung Objekt der Politik war und keine eigenständige Außenpolitik unabhängig von den Supermächten betreiben konnte. Der Kriegsfaktor par excellence im 20. Jahrhundert war seit 1945 ausgeschaltet, was uns in erster Linie eine lange Friedenszeit garantiert hat. Kaum wieder zum Subjekt der Politik geworden, begann die deutsche Außenpolitik erneut auf machtpolitisch orientierten Pfaden zu wandeln, die inzwischen unter europäischem Vorzeichen auf ein neues weltpolitisches Engagement hinauslaufen.

Im Kontext des Ukrainekrieges erleben wir nun seit 2022 ein erschreckendes Wiederaufflammen militaristischer – genauer gesagt: bellizistischer – Denk- und Verhaltensweisen in unserem Land. Das ist einerseits eine Reaktion auf die Aggression Russlands, die nun schon über einen Zeitraum von über drei Jahre hinweg Tod und Zerstörung über die Ukraine gebracht hat. Andererseits erliegen immer mehr Menschen dem Stakkato der von den USA und der NATO gesteuerten Kriegspropaganda, die behauptet, der kriegerische Konfliktaustrag sei ohne Alternative. Dadurch verengte sich das Meinungsspektrum zunehmend. Die Debatten werden giftiger und unversöhnlicher. Inzwischen scheinen fast zwei Drittel der Deutschen den Regierungskurs zu unterstützen.

Das Kulturgut „deutsche Zivilgesellschaft“ steht also unter massivem Druck. Mit „Zeitenwende“ und „Kriegstüchtigkeit“ meinen die Protagonisten nicht nur das deutsche Militär, die Bundeswehr. Ihr Ziel lautet vielmehr, die gesamte Gesellschaft für „den Krieg“ zu ertüchtigen. Begründet wird alles mit der – durch nichts bewiesenen – Behauptung, Putin-Russland habe womöglich die Absicht, sich nach der Ukraine auch das Baltikum und dann andere europäische Länder einzuverleiben. Das ist plattes Feindbilddenken. Es speist sich aus einer Dämonisierung des Kremlchefs als Verkörperung des Bösen, nämlich angeblich immanenter russischer Aggressivität. Die genaue Analyse der längerfristigen Ursachen dieses Krieges könnte helfen, in die Realität zurückzufinden. „Kopfklärungen“ bieten beispielsweise die Autoren Patrik Baab, Jacques Baud, Gabriele Krone-Schmalz, Harald Kujat, John J. Mearsheimer, Emmanuel Todd und Günter Verheugen, um nur einige aus dem Lager der Minderheit zu nennen, die es wagte, sich gegen den Mainstream zu stellen.

Wir vernehmen die Rufe nach personeller Aufrüstung, nach Wiedereinführung der Wehrpflicht, nach Rüstungsforschung an unseren Universitäten und Hochschulen, nach ungebremstem Hochfahren der Waffenproduktion, nach Akzeptanz für eine neue, kriegerische Wirklichkeit. Im Jahr 2025 scheinen die Schleusen für eine unbegrenzte Finanzierung der Aufrüstung vollends geöffnet zu werden.

An Friedensinitiativen hat es die deutsche Regierung dagegen in vergangenen drei Jahren komplett fehlen lassen. Auch hat sie es widerspruchslos hingenommen, dass die führende Macht des Westens bereits im April 2022 Erfolg versprechende Friedensverhandlungen (Istanbul) zwischen Russland und der Ukraine zurückpfiff. Dabei beauftragt unser Grundgesetz doch die Regierung unseres Landes ausdrücklich, „in einem vereinigten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.

Frage 4: Was können wir tun, um einem aufflammenden Militarismus und einer vorherrschenden gesellschaftlichen Kriegslogik Einhalt zu gebieten?

Manche befürchten, mit dem Schock, den der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 in der deutschen Bevölkerung ausgelöst hat, sei schlagartig auch die richtungsweisende Parole „Nie wieder Krieg!“ komplett über Bord gegangen. Tatsächlich hat es infolge des Ukrainekrieges im Denken vieler unserer Landsleute so etwas wie eine „Zeitenwende“ gegeben. Zu den guten Nachrichten gehört allerdings, dass sich andere Menschen trotz des Schocks über das Zerbrechen der als sicher geglaubten europäischen Friedensordnung eine kriegskritische Haltung bewahrt haben. Das Drängen auf eine schleunige Kriegsbeendigung durch Verhandlungen als Alternative zu immer neuen, eskalierenden  Waffenlieferungen deutet jedenfalls in diese Richtung. In den beiden ersten Jahren dieses Krieges soll dies – manchen Umfragen zufolge – sogar eine Mehrheit der Bevölkerung gewesen sein. Können wir das als einen Hinweis darauf lesen, dass die Leitlinie „Nie wieder Krieg!“ für viele Menschen trotz der wieder aufgeflammten Kriegsbejahung ihre Gültigkeit nicht verloren hat? Kann man hoffen, dass sich beim anzustrebenden Wiederaufbau einer europäischen Friedensordnung wieder an die zivilisatorischen Errungenschaften aus der Zeit vor dem Ukrainekrieg anknüpfen lässt?

Erneut tut Aufklärung not: Wir können deutlich machen, dass es zu der drohenden Militarisierung und dauerhaften Verfeindung eine Alternative gibt, nämlich die Vision einer „gemeinsamen Sicherheit“, die in Europa schon einmal die Politik bestimmt hat. In der „Charta von Paris für ein neues Europa“ aus dem Jahre 1990 ist alles vorgedacht, was wir brauchen.

Auf dem Wege dorthin müssen wir Feindbilder abbauen helfen, die Akteure der anderen Seite entdämonisieren und über die längerfristigen Ursachen des Ukrainekrieges aufklären. Klaus von Dohnanyis Diktum ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung: „Putin ist der Aggressor, aber die Möglichkeit, den Krieg zu verhindern, lag beim Westen.“ Wir müssen selbst Friedensinitiativen ergreifen und andere unterstützen. Wir müssen für unsere grundlegenden Einsichten werben: Frieden ist möglich und machbar. Verhandeln statt schießen. Diplomatie verlangt Empathie, nicht Sympathie.

Vielleicht erleben wir eine neue Bewegung „von unten“, einen Aufstand der derzeit noch schweigenden Mehrheit in der Bevölkerung für eine Zukunft, die sich noch einmal von der Vision eines friedfertigen „Gemeinsamen Hauses Europa“ leiten lässt. Dabei müssen wir nicht alles neu erfinden. Wir können auf die Erfahrungen des sogenannten Helsinki-Prozesses zurückgreifen. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) auf der Basis gegenseitiger Vertrauensbildung sind schon einmal erfolgreich praktiziert worden.

Frage 5: Mit deiner Erfahrung von mehreren Jahrzehnten als Historiker: Was kannst du den Friedensaktivist*innen heute mit auf den Weg geben?

Seit meinem Studium hat mich die Problematik von Krieg und Frieden beschäftigt. Besonders interessieren mich die beiden folgenden Fragen: Wie können wir die Ursachen von Kriegen erforschen – als notwendige Voraussetzung für eine Politik der Kriegsverhütung? Mit welchen Behauptungen haben die jeweils Regierenden die wahren Motive für ihre Kriegspolitik propagandistisch zu verschleiern versucht?

Nach und nach verstand ich, welch große Rolle in der Geschichte metaphysische Kriegserklärungen bei der Vertuschung banaler Realitäten spielten. Mir wurde klar: Krieg ist kein Naturereignis, er ist nicht „der Vater aller Dinge“, er ist nicht „gottgewollt“ und auch kein Gottesgericht. Hinter solchem Blendwerk wurden die realen Kriegsursachen im Nebel des Unfassbaren zum Verschwinden gebracht. Das Ziel war, Fatalismus zu produzieren.

Gegen Ende meines Studiums wurde der Sozialdemokrat Gustav W. Heinemann zum Bundespräsidenten gewählt. Seine erste Rede vor dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat in Bonn am 1. Juli 1969 ließ mich aufhorchen. Er sagte dort: „Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen. Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir uns alle zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr.“ Etwas später, bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung (DGFK), wandte er sich speziell an die Historikerinnen und Historiker: „Unendlicher Fleiß ist seit erdenklichen Zeiten von Geschichtsschreibern darauf verwandt worden, den Verlauf von Schlachten und Kriegen darzustellen. Auch den vordergründigen Ursachen von Kriegen wurde nachgespürt. Aber nur wenig Kraft, Energie und Mühe wurden in aller Regel darauf verwandt, sich darüber Gedanken zu machen, wie man sie hätte vermeiden können.“

Mit dem Projekt „Ernstfall Frieden“ waren für mich die Weichen für mein weiteres Berufsleben gestellt. Zur zentralen Frage wurde die nach einer Politik der Kriegsverhinderung, die sich aus einer Analyse der längerfristig wirkenden Kriegsursachen ergeben konnte. Als leichtfertig und wenig zielführend empfand ich manche Begriffe in den Debatten der Friedensforscher, etwa die Bezeichnung von Nicht-Krieg als „negativer Frieden“. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass Frieden mehr sei als die Abwesenheit von Krieg. Aber das kostete einen Preis: Ungewollt wurde die zentrale politische Aufgabe der Kriegsverhinderung mit dem Begriff „negativ“ in Verbindung gebracht. Willy Brandt war da viel klarer, wenn er formulierte: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“

Ohne Erforschung der tieferen Ursachen kommt man auch nicht an die Wurzeln des Ukrainekrieges heran. Sie werden bis heute durch Kriegspropaganda und Freund-Feind-Denken im Dunkeln gelassen. So wird es kaum gelingen, tragfähige und belastbare Wege aus dem Krieg zu finden.

Bei meiner Arbeit als Historiker und Friedensforscher war mir die Erkenntnis hilfreich, dass sich in der jüngeren Geschichte Deutschlands jeweils zwei Strömungen gegenüberstanden, eine militaristische und eine pazifistische. Das sind verallgemeinernde Sammelbegriffe für Kriegsbejahung und Militarismus einerseits und für Diplomatie, Verständigungspolitik und Frieden andererseits. Diese beiden Strömungen gibt es bis heute. Der zivilisatorische Fortschritt in Sachen Frieden, den sich die deutsche Gesellschaft seit 1945 erarbeitet hat, lässt sich – so bleibt zu hoffen – nur vorübergehend zurückdrehen. Wir haben es in der Hand, die richtige Seite zu stärken und sie mit unserem Sachverstand und Engagement zu unterstützen und voranzubringen.

Erschienen in der ZivilCourage Ausgabe 2/2025.

Die Fragen stellte Yannick Kiesel.

Kategorie: Allgemein

7. Mai 2025

Friedensfähig statt erstschlagfähig!

von Jürgen Wagner

Immer wenn im Westen von Fähigkeits- oder Raketenlücken gesprochen wird, ist allergrößte Vorsicht geboten. Nur allzu oft stellten sich Behauptungen über die Hochrüstung erklärter Gegner als glatte Lüge oder zumindest als grobe Übertreibungen heraus, um die eigenen Rüstungsbestrebungen zusätzlich zu befeuern. So auch im jüngsten Fall, der geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland, deren katastrophalen Folgen sich schon jetzt immer deutlicher abzeichnen. Umso wichtiger ist es, dass sich allmählich unter anderem mit der Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig!“ auch Widerstand dagegen formiert.

Fähigkeitslücke…

Auffällig ist zunächst, wie dünn die gerade einmal vier läppischen Sätze daherkommen, mit denen eine deutsch-amerikanische Erklärung vom 10. Juli 2024 das Vorhaben ankündigte, ab 2026 diverse US-Mittelstreckensysteme hierzulande für die „Abschreckung“ zu stationieren. Eine nicht viel ausführlichere Begründung lieferte Verteidigungsminister Boris Pistorius nahezu parallel dazu mit folgenden Worten ab: „Wir reden hier über eine durchaus ernst zu nehmende Fähigkeitslücke in Europa.“ (Spiegel Online, 11.07.2024)

Fast zehn Tage später schoben dann die Parlamentarischen Staatssekretäre Siemtje Möller (Verteidigung) und Tobias Lindner (Auswärtiges Amt) in einem Schreiben an den Außen- und Verteidigungsausschuss des Bundestages eine etwas ausführlichere Begründung nach: „Russland hat in den vergangenen Jahren massiv im Bereich weitreichender Raketen und Marschflugkörper aufgerüstet. […] Wir beobachten, dass Art und Umfang der massiven russischen Aufrüstung auch über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hinaus zur Aufstellung und Stärkung von gegen den Westen gerichteten Fähigkeiten und Kapazitäten genutzt werden.“ (Siemtje Möller/Tobias Lindner, Spiegel Online, 19.7.2024)

Viel kam danach nicht mehr, im Wesentlichen ist es bei dieser knappen Argumentation geblieben, die viele Expert*innen aus guten Gründen für wenig überzeugend halten. Die wohl lauteste kritische Stimme ist Oberst a.D. Wolfgang Richter, der als früherer Abteilungsleiter beim Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr wissen dürfte, von was er da spricht: „Generell sind die Luft- und Seestreitkräfte der NATO denen Russlands qualitativ und quantitativ deutlich überlegen. […] Die Behauptung einer so genannten Fähigkeitslücke als Begründung für eine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen ist nicht nachvollziehbar.“ (Richter, Wolfgang: Stationierung von U.S. Mittelstreckenraketen in Deutschland. Konzeptioneller Hintergrund und Folgen für die europäische Sicherheit, FES-Studie, Juli 2024)

Stationierungsbefürworter wie der Wissenschaftler Jonas Schneider und Bundeswehr-Oberst Torben Arnold begründen in einem Papier für die regierungsberatende „Stiftung Wissenschaft und Politik“ ihre Position folgendermaßen: „Moskau verfügt über den Marschflugkörper SSC-8 (Zahl im hohen zweistelligen Bereich), der den INF-Vertrag 2019 zu Fall brachte, seit 2023 über die Raketen Zolfaghar aus Iran (rund 400 Stück) und KN-23 aus Nordkorea (etwa 50 Stück). Die seegestützten Hyperschall-Marschflugkörper Zirkon (Zahl im hohen zweistelligen Bereich) verschießt Russland seit 2024 auch von Land aus. Von seiner ballistischen Iskander-Version SS-26 müsste Moskau trotz ihres Einsatzes gegen die Ukraine noch deutlich über 100 Stück haben (Fachleute betrachten die SS-26 als Mittelstreckenwaffe.) Die Bilanz: Russland besitzt weit über 500 bodengestützte Mittelstreckenflugkörper, die Nato in Europa bislang keinen einzigen.“ (Jonas Schneider/Torben Arnold, SWP-Aktuell, Nr. 36/2024)

Selbst wenn man diese – womöglich deutlich zu hoch gegriffene – Zahl für bare Münze nehmen sollte, wird allerdings noch lange kein Rüstungsschuh daraus. Wolfgang Richter und andere weisen darauf hin, dass Russland zwar tatsächlich über deutlich mehr landgestützte Kurz- und womöglich auch Mittelstreckenwaffen verfügt als die NATO, dies aber durch deren Überlegenheit bei see- und luftgestützten Waffensystemen mehr als wettgemacht werde. So etwa auch Ulrich Kühn vom Forschungsbereich „Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ am „Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik“ Hamburg: „Es stimmt, dass Europa bisher nicht über bodengestützte Abstandswaffen in diesem Spektrum verfügt. Allerdings verfügen Nato-Staaten über luft- und seegestützte Mittelstreckenraketen, weshalb keine generelle Fähigkeitslücke besteht.“ (Ulrich Kühn, ISFH, Neues Deutschland, 30.8.2024)

In der Berliner Zeitung (25.12.2024) unterlegte Wolfgang Richter sein Argument, es existiere keine Fähigkeitslücke, mit konkreten Zahlen: „Insgesamt sind die in Europa stationierten See- und Luftstreitkräfte der Nato mit 2200 Kampfflugzeugen und mehr als 3000 weitreichenden Marschflugkörpern den russischen (etwa 1200 Kampfflugzeuge) weit überlegen, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Auch wird das Moskauer Raketenpotenzial, das Kiew jüngst mit 1800 bezifferte, trotz der hohen Produktionsraten durch den Ukrainekrieg stetig dezimiert.“

… oder Angriffswaffen?

Von einer russischen Überlegenheit kann also keine Rede sein, eine Fähigkeitslücke existiert nicht, es sei denn, man will unbedingt die speziellen Eigenschaften landgestützter Waffensysteme nutzen. See- und luftgestützte Waffen brauchen länger, um ihr Ziel zu erreichen, es bleibt Zeit für die Lagefeststellung und für einen etwaigen Gegenschlag, sie sind damit per se nur bedingt offensiv für Überraschungsangriffe auf strategische Ziele (Radaranlagen, Raketensilos, Kommandozentralen…) geeignet – ganz im Gegenteil zu den ultraschnellen und hochmobilen landgestützten Systemen, die nun in Deutschland stationiert werden sollen.

Und genau in dieser Eigenschaft erblicken Stationierungsbefürworter wie die bereits zitierten Jonas Schneider und Torben Arnold den „Wert“ dieser Waffen: „Marschflugkörper, die von Flugzeugen abgefeuert werden, müssen zuerst in die Luft gebracht werden, wodurch wertvolle Zeit verlorengeht. […] Verfügbare seegestützte Marschflugkörper haben entweder zu kurze Reich­weiten oder sind wegen ihrer eher geringen Geschwindigkeit zu lange unterwegs für zeitkritische Ziele im russischen Kernland. […] Nicht nur die LRHW [Hyperschallwaffe Dark Eagle], auch die SM 6-Version der Army fliegen mit über fünf­facher Schallgeschwindigkeit und sind im Zielanflug manövrierbar. Daher sind sie hocheffektiv gegen mobile Ziele und sehr schwer abzufangen, selbst für moderne Raketenabwehr. Die Dark Eagle ist mit bis zu 17-facher Schallgeschwindigkeit kaum zu stoppen. Mit dieser hohen Eindringfähigkeit sind beide Waffen ideal, um auch solche russischen Hochwertziele auszuschalten, die gezielt geschützt werden.“ (Jonas Schneider/Torben Arnold, SWP-Aktuell, Nr. 36/2024)

Noch deutlicher wurde ihre Kollegin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, Claudia Major, die in einem viel zitierten Beitrag  bereits im Sommer 2024 folgende Sätze zum Besten gab: „Die Tomahawks sollen bis zu 2500 Kilometer weit fliegen können, könnten also Ziele in Russland treffen. Und ja, genau darum geht es. […] So hart es klingt. Im Ernstfall müssen NATO-Staaten auch selbst angreifen können, zum Beispiel, um russische Raketenfähigkeiten zu vernichten, bevor diese NATO-Gebiet angreifen können, und um russische Militärziele zu zerstören, wie Kommandozentralen.“ (Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik, Handelsblatt, 19.07.2024)

Risiken und Nebenwirkungen

Die katastrophalen Folgen der Stationierungspläne sind schon heute offensichtlich. All das wäre unmöglich gewesen, hätten die USA nicht im Februar 2019 unter zumindest zweifelhaften Anschuldigungen den INF-Vertrag gekündigt, der u.a. Produktion, Besitz und Stationierung landgestützter Kurz- und Mittelstreckenwaffen mit Reichweiten zwischen 500km und 5.500km verbot. Auch der anschließende russische Vorschlag für ein beiderseitiges Moratorium wurde abgelehnt und umgehend schon lange ausgearbeitete US-Pläne zur Entwicklung neuer Waffensysteme aus der Schublade geholt.

Dennoch hielt sich Russland aus seiner Sicht lange an das Moratorium: Im Prinzip hatte sich dieses Moratorium aber mit dem mit einer russischen Mittelstreckenrakete („Oreshnik“) am 21. November 2024 erfolgten Angriff auf Ziele in der Ukraine erledigt – auch wenn Russland die Angriffe zynisch noch als „Live-Test“ bezeichnete. Gleichzeitig wurde die umfassende Produktion und gegebenenfalls Stationierung dieser und anderer Mittelstreckenwaffen angekündigt, sollte der Westen nicht von seinen Plänen abrücken. „Wir entwickeln Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen als Antwort auf die Pläne der Vereinigten Staaten, Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum zu produzieren und zu stationieren. […] Ich möchte Sie daran erinnern, dass Russland sich freiwillig und einseitig verpflichtet hat, keine Mittelstrecken- und Kurzstreckenraketen zu stationieren, solange amerikanische Waffen dieser Art in keiner Region der Welt auftauchen. […] Die Frage der weiteren Stationierung von Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite wird von uns in Abhängigkeit von den Aktionen der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten entschieden werden.“ (Wladimir Putin, Rede, 21.11.2024)

So gefährlich diese Entwicklung ist, überraschen kann sie nicht, sie wurde von verschiedenen Seiten exakt so vorhergesagt (siehe IMI-Studie 2024/07). Genauso wurde früh davor gewarnt, Russland werde sich gezwungen sehen, etwaige Pläne zur Stationierung landgestützter Mittelstreckenwaffen mit einer Absenkung seiner nuklearen Einsatzschwelle zu kontern – und auch dies ist mit der neuen russischen Nukleardoktrin geschehen, die am 19. November 2024 in Kraft gesetzt wurde: „Diese Veränderung läuft auf eine erhebliche Absenkung der Schwelle für einen atomaren Ersteinsatz in einem bis dahin konventionellen Krieg und damit auf eine Erhöhung des Risikos einer unkontrollierbaren atomaren Eskalation hinaus.“ (Rainer Böhme und Wolfgang Schwarz, Das Blättchen, 2.12.2024)

Außerdem ist es plausibel, dass ein weiterer prognostizierter Kollateralschaden der Stationierungspläne eintreten wird: Im Februar 2026 läuft der letzte große russisch-amerikanische Rüstungskontrollvertrag („New Start“) aus. Er verpflichtet beide Seiten, Obergrenzen der strategischen Waffen mit interkontinentaler Reichweite einzuhalten, sowohl was die nuklearen Sprengköpfe (1.550) als auch die Trägersysteme (800) anbelangt. Bleibt es bei der Stationierungsentscheidung, dürften die ohnehin geringen Aussichten auf eine  Verlängerung gegen Null sinken. Die Kontrahenten haben tausende Sprengköpfe eingelagert, die binnen kurzer Zeit montiert werden könnten. Auch mit der Produktion neuer Sprengköpfe wäre zu rechnen – und ebenso damit, dass dann andere Atomwaffenstaaten ihre Arsenale ebenfalls noch weiter ausbauen würden.

Kampagne formiert sich

Allein diese unvollständige Aufzählung einiger der katastrophalen Auswirkungen der Stationierungspläne sollte als Motivation ausreichen, sich gegen diese Waffensysteme zu engagieren.

Am 3. Oktober 2024 wurde hierfür der Berliner Appell „Gegen neue Mittelstreckenwaffen und für eine friedliche Welt“ bei der Friedensdemonstration in Berlin gestartet. Er wurde bislang von über 37.000 Menschen unterzeichnet (Stand: 10.2.2025). Im November 2024 wurde darüber hinaus die Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig!“ ins Leben gerufen, der sich mittlerweile über 50 zivilgesellschaftliche Gruppen angeschlossen haben. Auf friedensfaehig.de, der Internetseite der Kampagne, heißt es: „Ziel der Kampagne ‚Friedensfähig statt erstschlagfähig: Für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen!‘ ist es, möglichst breite und bundesweite Proteste gegen die geplante Stationierung landgestützter US-Marschflugkörper, Hyperschallwaffen und Raketen in Deutschland zu bündeln. Wir wollen über die Risiken und Gefahren der Stationierung aufklären und so die dringend nötige Debatte lostreten, vor der sich der Bundeskanzler seit der Ankündigung der Stationierung im Juli 2024 drückt.“

Damit dies gelingt und die Kampagne Fahrt aufnimmt, werden auch weitere Gruppen gesucht, die sich ihr anschließen. Eine Mehrheit der Bevölkerung spricht sich jetzt schon gegen die Stationierungspläne aus, es besteht also durchaus die Aussicht, zahlreiche Menschen hinter den Forderungen zu versammeln, die sich auf der Internetseite der Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig!“ finden lassen:

—  Stopp der geplanten Stationierung neuer US-Mittelstreckensysteme in Deutschland

—  Abbruch der Projekte zur Entwicklung eigener europäischer Hyperschallwaffen und Marschflugkörper, an denen Deutschland sich beteiligen will

—  Neue Initiativen für gemeinsame Sicherheit und Zusammenarbeit und die langfristige Vision einer neuen Friedensordnung in Europa

— Dialog statt Aufrüstung: Wiederaufnahme von Verhandlungen über Rüstungskontrolle und (nukleare) Abrüstung (z.B. für ein multilaterales Folgeabkommen zum INF-Vertrag)

Jürgen Wagner ist geschäftsführender Vorstand bei der Informationsstelle Militarisierung

Erschienen in der ZivilCourage Ausgabe 2/2025.

Kategorie: Allgemein

14. April 2025

80 Jahre Befreiung von Faschismus und Krieg

In diesem Jahr erinnern Antifaschisten nicht nur in diesem Land an den 80. Jahrestag der Zerschlagung der Nazibarbarei durch die militärischen Einheiten der Alliierten und der gesellschaftlichen Kräfte der Anti-Hitler-Koalition. Und so ist es auch verständlich, warum in einer Zeitschrift, die sich eigentlich an aktive Pazifisten wendet, ein solches – auch militärisches – Ereignis gefeiert werden kann. Denn tatsächlich gilt es an diesem Datum nicht nur an die militärische Befreiung zu erinnern, die das Ende des NS-Regimes bedeutet hat, sondern auch an diejenigen Frauen und Männer, die durch ihren persönlichen Einsatz selbst unter den Bedingungen der Verfolgung dazu beigetragen haben, dass die politische Befreiung möglich wurde und die Grundlagen gelegt wurden für einen antifaschistisch-demokratischen Neuanfang, der von dem Motto des Schwurs der überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald geleitet wurde: „Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“.

Wer waren die gesellschaftlichen Kräfte der Anti-Hitler-Koalition in Deutschland? Aus Frankreich, Italien und eigentlich allen vom deutschen Faschismus besetzten Ländern sind die Kräfte der Résistance oder Partisanenbewegungen bekannt, die – auch mit der Waffe in der Hand – sich für die Freiheit ihrer Heimat eingesetzt haben. Selbst in Deutschland gab es mutige Frauen und Männer, die – natürlich unter den Bedingungen der Konspiration – zu ihrer Überzeugung standen und dafür wirkten. Dass sie sich damit den Zielen des NS-Regimes entgegenstellten, war ihnen bewusst. Dazu gehörten nicht nur die Anhänger und Funktionäre der Arbeiterparteien, die schon vor 1933 den Vormarsch der NSDAP und ihrer Verbände bekämpft hatten. Sie waren die ersten Verfolgten, die den Massenverhaftungen ausgesetzt waren, deren Tätigkeit, Organisationen und Publikationen verboten wurden. Auch Menschen, deren religiöse Überzeugung in Widerspruch zu den Zielen der Aufrüstung und Kriegsvorbereitung geriet, wurden so gezwungenermaßen Widerständler, selbst wenn sie dies gar nicht beabsichtigten. „Zeugen Jehovas“, deren grundsätzlich pazifistische Überzeugung dazu führte, dass junge Männer sich weigerten, Dienst in der Wehrmacht zu tun, wurden wegen Wehrkraftzersetzung verhaftet und teilweise sogar in ein Konzentrationslager verschleppt. Eines der bekannten Beispiele ist der Hamburger Jugendliche Helmuth Hübener, der im Oktober 1942 als jüngstes Opfer in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde.

All diejenigen, die bei Sabotage in der Rüstungsindustrie oder bei Propaganda gegen die faschistische Kriegspolitik von der Gestapo gefasst wurden, galten als Hochverräter – nicht wenige wurden während des Krieges zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Zum Widerstand gegen den Krieg gehörte auch die Solidarität mit den ausländischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die – anstelle der für den Kriegseinsatz mobilisierten deutschen Arbeitskräfte – die Kriegs- und Rüstungsproduktion am Laufen halten sollten. Diesen Menschen, die aus der Sicht der faschistischen Herrenmenschen und der Rüstungsunternehmer zu den Arbeitssklaven gehörten, solidarisch zu begegnen und ihnen – oftmals bescheidene – Hilfe zukommen zu lassen, war Teil des deutschen Widerstandes, der sich gegen den faschistischen Krieg richtete. Wie menschenverachtend die Kriegsideologie des NS-Regimes war, zeigte Heinrich Himmler, als er im Oktober 1943 bei einer SS-Gruppenführertagung über den Zwangsarbeitereinsatz sagte, es sei ihm egal, wenn bei dem Ausheben eines Panzergrabens 10 000 „Russenweiber“ krepierten, wichtig sei nur, der Panzergraben würde fertig. Später änderte sich ein solcher Raubbau an den Arbeitssklaven. Nun sollte mit der „Vernichtung durch Arbeit“ deren Arbeitskraft bis zum letzten Blutstropfen für den faschistischen Krieg mobilisiert werden.

Es ist bis heute erinnernswert, in welchem Umfang der antifaschistische Widerstand sich gegen die Verlängerung des Krieges und für die Rettung der Zivilisten einzusetzen versuchte. Und damit ist nicht das gescheiterte Attentat der Offiziere des 20. Juli 1944 gemeint, die „5 vor 12“ mit diesem Schritt die endgültige militärische Niederlage abwenden wollten. Wenn ihnen das gelungen wäre, wären in der Tat mehrere 100 000 Menschen gerettet worden, die in den letzten Monaten des Krieges durch Kriegseinwirkungen, durch Massenverbrechen des NS-Regimes noch ihr Leben verloren. Aus antifaschistischer Sicht bedeutender sind ganz sicher solche Aktionen wie das – ebenfalls gescheiterte – Attentat eines Georg Elser vom November 1939, der als Begründung für diese Aktion erklärte, er habe den Krieg verhindern wollen.

Tatsächlich war es eine durchgängige Haltung der antifaschistischen Kräfte, die schon vor 1933 in ihren politischen Parolen betonten: „Wer Hitler wählt, wählt Krieg!“ Und sie kämpften auf den verschiedenen Handlungsfeldern gegen die Kriegsvorbereitung, machten die Aufrüstung deutlich und behinderten die Kriegs- und Rüstungsproduktion. Sie bedurften nach der Befreiung am 8. Mai 1945 keiner „Umerziehung“ durch die Alliierten. Sie selbst hatten bereits in der Illegalität, im Exil, selbst in den Konzentrationslagern gemeinsam politische Programme formuliert, die nicht nur die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln beinhalteten, sondern auch – im Sinne der Vorstellungen der Alliierten, wie sie im Potsdamer Abkommen vom August 1945 formuliert wurden – eine Demilitarisierung des Landes bringen sollten. Dabei war klar, dass es nicht allein um die Ausschaltung der militärischen Einheiten von Wehrmacht und SS-Verbänden gehen durfte, sondern auch um die Überwindung der Militarisierung aller gesellschaftlichen und Lebensbereiche. Es musste die Militarisierung der Wirtschaft überwunden werden, indem nicht mehr Befehl und Gehorsam, nicht mehr die Ausrichtung der Produktion auf Kriegsbedarf stattfand. Das Bildungswesen und die Erziehung der jungen Menschen sollten sich an dem Friedensgebot, nicht an nationalistischen und militaristischen Propagandavorstellungen orientieren.

Wie weit diese Umorientierung gehen sollte, kann man an der Hessischen Landesverfassung ermessen, die als gemeinsames Ergebnis der Kräfte, die für einen antifaschistisch-demokratischen Neubeginn eintraten, anzusehen ist. Dort wurde bezogen auf die Friedensfrage in Artikel 69 festgelegt: „Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung. Der Krieg ist geächtet. Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig.“ Und als Erziehungsziel im Geschichtsunterricht heißt es in Artikel 56 wörtlich: „Dabei sind in den Vordergrund zu stellen die großen Wohltäter der Menschheit, die Entwicklung von Staat, Wirtschaft, Zivilisation und Kultur, nicht aber Feldherren, Kriege und Schlachten. Nicht zu dulden sind Auffassungen, welche die Grundlagen des demokratischen Staates gefährden.“

Natürlich dürfen wir uns keine Illusionen machen. Diese antifaschistischen Konsequenzen aus den Erfahrungen des faschistischen Krieges stehen zwar in der Verfassung, sie sind aber von der Verfassungswirklichkeit weit entfernt. Dieser Widerspruch zeigt Nachgeborenen, wie wichtig es ist, sich des Jahrestages der Befreiung von Faschismus und Krieg nicht nur mit „tiefer Betroffenheit“ und Kranzniederlegungen für damalige Opfer zu erinnern, sondern den 8. Mai 1945 zum Ausgangspunkt für heutige Politik zu nehmen, darüber nachzudenken, welche gesellschaftspolitischen Alternativen die Frauen und Männer des antifaschistischen Kampfes formulierten, die uns heute noch Orientierung geben können. Wer von „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“ spricht, muss vom Vormarsch der AfD auf Bundes- und Länderebene mehr als schockiert sein. Wenn wir heute gegen die extreme Rechte und ihre Machtansprüche aktiv werden, dann verteidigen wir damit die demokratischen und sozialen Freiheiten und Rechte, die in Konsequenz aus der militärischen Zerschlagung des Faschismus in Verfassungen und gesellschaftliche Normen gegossen wurden. Dabei ist es egal, ob die Angriffe von der AfD selber oder von Regierungsparteien unterschiedlicher Farbigkeit kommen, die glauben, den Stichworten der AfD folgend selber den Abbau von Grundrechten für Flüchtlinge und andere „Fremde“ betreiben zu müssen. So bleibt die Erinnerung an die Befreiung von Faschismus und Krieg in diesem „Jubiläumsjahr“ mehr als die Trauer um die Opfer, es ist eine Orientierung für die Weiterentwicklung unserer Demokratie. 

Dr. Ulrich Schneider
Historiker & ehem. Bundessprecher der VVN-BdA

Erschienen in der ZivilCourage Ausgabe 2/2025

Kategorie: Allgemein

24. März 2025

Krieg gegen die Erde: Militär und Klima

Die Diskussion um die Rolle des Militärs und dessen Beitrag zu globalen Emissionen ist ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt bei internationalen Klimakonferenzen wie der COP29, die dieses Jahr in Baku stattfand, übrigens zum dritten Mal in einem autokratischen Ölstaat. Gerade bei den bisherigen UN-Klimakonferenzen hat sich gezeigt, dass das Thema „Militäremissionen“ weitgehend ausgeblendet wird, obwohl es eine bedeutsame Rolle in der Klimakrise spielt. Dies führt zu einer teils gravierenden Verzerrung der Diskussion, da die Emissionen, die durch militärische Operationen, Rüstung und Logistik entstehen, beträchtlich sind.

Hintergrund: Militäremissionen und ihre Größenordnung

Weltweit gehört das Militär zu den größten institutionellen Verbrauchern fossiler Brennstoffe. Schätzungen zufolge wären die Streitkräfte der USA allein – wenn sie ein Land wären – der weltweit 47.-größte Emittent von Treibhausgasen. Neben den direkten Emissionen, die durch den Betrieb von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen entstehen, tragen auch die Produktion von Rüstungsgütern und die Logistik rund um militärische Einsätze erheblich zur globalen Kohlenstoffbilanz bei. Auch die Umweltauswirkungen durch militärische Übungen und Konflikte selbst, wie etwa durch verbrannte Landschaften, chemische Kontaminierung und die Zerstörung der Infrastruktur, sind in der Gesamtbetrachtung relevant.

Ausgrenzung des Militärs aus der Klimapolitik

Bei den internationalen Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen, wie den jährlichen COP-Treffen, sind Staaten nicht verpflichtet, Emissionen ihrer Streitkräfte offen zu legen. Dies ist ein Erbe des Kyoto-Protokolls, das 1997 geschlossen wurde und den Mitgliedsstaaten ausdrücklich erlaubte, militärische Emissionen auszuklammern. Diese Praxis wurde bis heute nicht revidiert, obwohl das Paris-Abkommen von 2015 theoretisch mehr Transparenz und einheitliche Berichterstattung für alle Sektoren fordert. Viele Länder, insbesondere die großen Militärnationen wie die USA, China und Russland, nehmen weiterhin von dieser Ausnahme Gebrauch.

Das Fehlen verpflichtender Emissionsberichte für das Militär führt dazu, dass die tatsächlich durch die Nationen verursachten Emissionen regelmäßig unterschätzt werden. In einem Zeitalter, in dem Transparenz und eine vollständige Emissionsbilanzierung für die Erreichung der Klimaziele entscheidend sind, stellt die Ausgrenzung des Militärs ein schwerwiegendes Hindernis dar. Für viele Umweltorganisationen und Wissenschaftler ist diese Lücke ein großes Problem, da die Dringlichkeit der Klimakrise verlangt, dass alle Emissionsquellen berücksichtigt und angegangen werden.

Gründe für die Ausgrenzung des Militärs

Die Hauptgründe, warum Militäremissionen aus den internationalen Klimagesprächen ausgeschlossen bleiben, liegen sowohl im Bereich der nationalen Sicherheit als auch im politischen Widerstand. Viele Regierungen argumentieren, dass die Offenlegung der militärischen Emissionen ihre strategischen Interessen gefährden könnte. Emissionsdaten könnten sensible Informationen über Truppenbewegungen, Ausrüstungen und Operationen verraten. Auch gibt es auf politischer Ebene großen Widerstand gegen zusätzliche Verpflichtungen für das Militär, da es sich um einen stark finanzierten und einflussreichen Sektor handelt, der oft eine Sonderstellung genießt.

Fehlende Diskussion bei der COP29

Auch auf der COP29 in Baku haben die Themen Militär und Krieg sowie deren klimapolitische Auswirkungen nur eine marginale Rolle gespielt, und zwar auf einer Nebenveranstaltung, bei der die Dekarbonisierungsansätze der slowenischen und norwegischen Streitkräfte vorgestellt wurden. Zwar gibt es Stimmen aus der Zivilgesellschaft, die auf die enormen Emissionen des Militärs hinweisen und eine stärkere Einbeziehung fordern, jedoch bleibt der politische Wille schwach. Die dominanten Diskussionen drehen sich vielmehr um „klassische“ Emittenten wie die Energieindustrie, Verkehr und Landwirtschaft, wohingegen das Militär als institutioneller Emittent eher verdrängt wird.

Kritische Stimmen und Forderungen

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Umweltaktivisten drängen zunehmend darauf, dass die COP-Veranstaltungen den militärischen Sektor nicht länger außen vorlassen dürfen. Sie argumentieren, dass ohne die Einbeziehung aller Emissionsquellen, einschließlich der des Militärs, das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad bzw. 2 Grad Celsius zu begrenzen, schwerlich erreicht werden kann. Die Nicht-Berücksichtigung des Militärs stellt daher ein grundlegendes Problem dar und behindert den Fortschritt.

Vorschläge von verschiedenen Organisationen beinhalten die Schaffung internationaler Vereinbarungen zur Berichterstattung über Militäremissionen, die Entwicklung emissionsarmer Technologien für das Militär und die Erhöhung der Transparenz. Auch Friedens- und Konfliktforschung weisen auf die Synergieeffekte hin, die entstehen könnten, wenn internationale Friedenssicherung und Klimaschutz stärker zusammen gedacht würden – beispielsweise durch Demilitarisierungsinitiativen, die sowohl Emissionen reduzieren als auch die Spannungen zwischen Nationen verringern könnten.

Fazit: Die Dringlichkeit einer vollständigen Emissionsbilanz

Die Klimakrise verlangt die Berücksichtigung aller Sektoren, und das Auslassen des Militärs untergräbt dieses Ziel. Solange die Militäremissionen nicht verpflichtend offengelegt werden, bleibt ein bedeutender Emissionssektor ausgeklammert, was die gesamte Klimabilanz verfälscht und die Dringlichkeit der Maßnahmen mindert. Auf der COP29 wurde dieses Thema erneut vernachlässigt, doch wächst der Druck der Zivilgesellschaft, diesen Bereich in die globale Klimapolitik zu integrieren.

Die kommende Zeit wird zeigen, ob und wie Regierungen sich dazu bewegen lassen, die Rolle des Militärs in der Klimakrise stärker in den Fokus zu rücken und Verantwortung zu übernehmen. Ein entscheidender Schritt wäre, dass sich die Staaten zumindest dazu verpflichten, ihre Militäremissionen regelmäßig und transparent zu berichten. Dies könnte der erste Schritt sein, um auch diesen Sektor in den Kampf gegen den Klimawandel einzubeziehen und die Klimaziele wirklich umfassend anzugehen.

Autor: Yannick Kiesel

Erschienen in ZivilCourage Ausgabe 1/2025

Kategorie: Allgemein

25. Februar 2025

Wo Trumpismus auf EUropa schleichend wirkt

Es sind gerade die weniger schlagzeilenkräftigen Tendenzen, die einen Eindruck davon geben, welche Auswirkungen eine zweite Amtszeit von Donald Trump langfristig auf Friedensfragen auch in Europa haben wird.

An anderer Stelle ist schon viel Richtiges und Wichtiges zu den direkten friedenspolitischen Folgen von Trumps Wiederwahl geschrieben worden, dies muss nicht alles wiederholt werden. So hat beispielsweise Simon Bödecker für „Ohne Rüstung Leben“ die großen Linien skizziert, die sich aus dem „Masterplan“ des sogenannten „Project 2025“ ersehen lassen. Atomare Aufrüstung und Atompolitik bis hin zum Bruch des Teststopp-Vertrags oder gar des Nichtverbreitungsvertrags, massiver Fokus auf Systemkampf gegen China inklusive der fortschreitenden Militarisierung des Pazifiks, seine auf Druck beruhende Zwangspolitik der Militarisierung für Europa durch angedrohten Truppenabzug, die Konsequenzen seines absehbaren Isolationismus für den Multilateralismus und so weiter (siehe: Artikel von Ohne Rüstung Leben). Katastrophal allemal.

„Parasitärer Pazifismus“ als Kampfvokabel des post-hegemonialen Militarismus

Mir geht es aber um die anderen Folgen – die, die schleichend kommen werden und vor allem mit der hiesigen Politik zu tun haben und weniger mit Trump: die neuen Denkbarkeiten, die entfachte „strategische-Autonomie“-Debatte, die entfesselten Autoritären, die neu begründete Legitimität des Backlash.

Beispiel für die neuen Denkbarkeiten: Aus dem angedrohten Bruch der NATO entsteht in Europa eine „Panik“ in transatlantischen Sicherheitspolitik-Kreisen, den möglicherweise „fehlenden“ US-Support durch eigene Systeme ersetzen zu „müssen“. Das mag ein Anlass für die Mittelstreckenraketenstationierungsentscheidung gewesen sein. Es stachelt aber auch dazu an, dass lautstark aus einigen Think Tanks geunkt wird, „wir“ bauten unsere Sicherheit ohnehin nur auf einem „parasitären Pazifismus“ auf, einem eben, der sich nur so lange aufrechterhalten lasse, wie die USA die „harten Entscheidungen“ übernähmen.

Hier wird nun offen darüber spekuliert, eine transeuropäische Abschreckungs- und Militarisierungsunternehmung zu beginnen oder voranzutreiben. Die Projekte sind schon da: Raketenabwehrschirm, nukleare Teilhabe umorganisieren, strategische „Abschreckung“, Aufrüstung und Rüstungsindustrieförderung und so weiter. Alternativen einer „defensiven Verteidigung“, wenn schon keiner totalen Demilitarisierung, werden noch nicht mal von vermeintlich zentrisch-liberalen Kräften benannt.

Warum mich das so besorgt? Weil es über Trump hinausragt. Er wird nur vier Jahre haben, vielleicht auch nur 28 Monate, je nach Kräfteverhältnissen in den Parlamentskammern. Doch die Übernahme seiner Narrative oder der Angst, die er schürt, wird bleiben und Prozesse in Gang setzen oder beschleunigen, die uns weit über seine Amtszeit hinaus beschäftigen werden.

Trump ist ein Brandbeschleuniger der „Zeitenwende“, seine Amtszeit wird die Verfestigung und Vertiefung des europäischen Rüstungskomplexes vorantreiben, ganz aus „neu gedachten freien Stücken“ der hier politisch Verantwortlichen. Der Begründungsmythos dafür wird der „parasitäre Pazifismus“ sein, seine vorgebliche Katharsis die „Kriegstüchtigkeit“.

Strategische Autonomie und die gruselige EU-Kommission

Ganz ähnlich gelagert sind meine Sorgen vor dem hausgemachten Problem einer ultrakonservativen EU-Kommission, die das Kuscheln mit den Faschisten salonfähig gemacht hat. Darin steckt auch friedenspolitisch Bedenkliches: Die seit Jahren schwelende Debatte um eine „strategische Autonomie“ der EU, die bislang vor allem ein Jammern über das diplomatische Leichtgewicht EUropa umfasste, wird nun durchgehend militarisiert. Die Besetzung eines Kommissars für Rüstungspolitik mit aktivem Beschaffungsauftrag macht deutlich, wohin die Reise gehen soll: hin zu einer eigenständig hochgerüsteten EU, deren „Autonomie“ so verstanden wird, dass sie autonom nach Herzenslust intervenieren kann.

Was das alles mit Trump zu tun hat? Der Trump’sche Isolationismus („America First“) trifft in konservativen Kreisen in Europa, so meine Lesart, auf zweifache Zustimmung: indem er das unterschwellige Argument des – so das rechte Schlagwort dazu – „Ethnopluralismus“ bedient – alle kümmern sich um ihre eigenen Belange, die sie rassistisch konnotiert von „Anderen“ freihalten (der weiße Suprematismus in konservativem Gewand). Und indem er die Notwendigkeit für egoistische Abwehrpolitik nicht nur begründet („Europe First“), sondern gezielt militarisiert (siehe oben).

Sicherlich, Trump ist nicht ursächlich für diese Entwicklungen, diese liegen ganz klar hierzulande. Doch die Ankündigungen von Trump treiben diese Entwicklungen als Reaktion voran, sind Wasser auf die Mühlen der Konservativen. Die sogenannte „Mitte“ bewegt sich zunehmend nach Rechts. Es wird vor dem Hintergrund eines US-Präsidenten Trump selbst der Mitte zunehmend leichtfallen, die vorgeblichen Notwendigkeiten einer solchen „strategischen Militarisierung“ zu betonen. Dies zementiert eine friedenspolitisch hochgefährliche Entwicklung über Jahre.

Politischer Backlash turbogeladen

Nicht zuletzt bleibt die globale Attraktivität des Autoritären. Wohl kaum eine Figur steht so symbolisch für den öffentlich zelebrierten regressiven toxischen Maskulinismus wie Trump. Interessant finde ich, wie sowohl in den konservativen Stimmen der Bewunderung für Trump als auch in denen der konservativen Ablehnung seiner Politik oder seiner Person zunehmend autoritäre Narrative dominieren. Die einen, die ihm recht geben (und ihm gefallen wollen, Beispiel Orbán) und so ihren (gesellschafts-)politischen Backlash begründen. Die anderen, die in Abgrenzung zu Trump ihre „sittlichen“ Grenzen mit einem rassistisch untermalten Backlash markieren (von der CDU bis zur AfD).

Auch hier ist Trump keineswegs ursächlich – aber er liefert die Begründungsfolie für die scheinbare Notwendigkeit eines politischen Backlash. Stimmen, die eine selbstbewusst nichtautoritäre Gesellschaftspolitik suchen, werden von der Verlustangst derjenigen übertönt, die den Status quo sichern wollen, oder die einen noch viel regressiveren Status erschaffen wollen.

Trump lässt sich von hier aus nicht verhindern – die hier angesprochenen Herausforderungen, die sich einzuschleichen drohen und vor dem Hintergrund von „Trump 2.0“ verstärkt werden, allerdings schon. Innenpolitisch, außenpolitisch, EU-politisch – das nimmt uns in Verantwortung.

David Scheuing

Erschienen in der ZivilCourage 1/2025

Kategorie: Allgemein

17. Februar 2025

Einstieg in die Beratungsarbeit

„Kriegsdienstverweigerung ist die DNA der DFG-VK“

Der Satz in der Überschrift stammt von Klaus Stampfer, DFG-VK Augsburg und er trifft damit genau den Kern der DFG-VK Arbeit. Die Kernkompetenz der DFG-VK war jahrzehntelang die KDV-Beratung. Wir wurden als die Verweigerer-Organisation angesehen, die mit ihrem bundesweiten Beraternetz zig-tausende Kriegsdienstverweigerer beraten und zu deren Anerkennung verholfen hat. Spätestens mit der Aussetzung der Wehrpflicht war diese Arbeit überflüssig.

Seit dem 1. Juli 2011 ist die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt und bis zum Ukraine-Krieg gab es jährlich 100 bis 150 Kriegsdienstverweigerer, Soldatinnen und Soldaten sowie Reservisten. Die KDV-Beratung der DFG-VK Gruppen kam zum Erliegen. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs hat sich die Situation geändert. Die KDV-Zahlen steigen seitdem deutlich an, im Jahr 2024 sind es schon mehr als 2.000 KDV-Anträge.

JahrUngedienteSoldat*innenReservist*innenGesamt
20224502354381.123
20238351785961.609
Bis 31.8.241.268926932.053

Wenngleich die Zahlen im Vergleich zu Zeiten der Wehrpflicht deutlich niedriger sind, wenden sich viele Ratsuchende an die DFG-VK und bitten um Unterstützung bei der Antragstellung und dem Verfassen der Begründung. Als ehemalige Verweigerer-Organisation ist unsere Kompetenz gefragt.

Wer wendet sich an uns?

Menschen, die befürchten, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen wird und sie als Soldat eingesetzt werden könnten. Das sind fast ausschließlich Männer und nur vereinzelt Frauen, die einen freiwilligen Wehrdienst leisten oder geleistet haben. Die größte Gruppe ist die der Ungedienten, die vorsorglich einen KDV-Antrag stellen wollen, obwohl sie derzeit keinen Dienst leisten müssen. Es folgen die Reservisten. Ihre Kriegsdienstverweigerung ist eine klare Antwort auf und deutliche Ablehnung der Pläne von Verteidigungsminister Pistorius, der Deutschland wieder ‚kriegstüchtig‘ machen möchte. Gerade den Reservist*innen soll nach Plänen des Ministeriums in den Kriegsplanungen eine bedeutende Rolle zugwiesen werden. Aktive Soldatinnen und Soldaten ist die kleinste Gruppe, hier stellen überwiegend Zeitsoldat*innen einen KDV-Antrag. Zudem erhalten wir viele Anfrage von besorgten Eltern, die um Rat für ihre Kinder erfragen. Oft haben die Väter selbst verweigert, kennen sich aber mit dem heutigen Verfahren nicht aus.

Während früher viele DFG-VK Gruppen vor Ort Beratung angeboten haben, sind die Strukturen heute weitestgehend weg. Das KDV-Beratungsnetz von früher gibt es nicht mehr und es müssen neue Strukturen aufgebaut werden. Früher waren unsere Beratungsadressen stadtbekannt und die jungen Menschen kamen in die Beratungsstellen der Ortsgruppen. Heute melden sich die Ratsuchenden telefonisch oder per Mail in der Bundesgeschäftsstelle oder bei den Landesverbänden. In Baden-Württemberg sind wir seit einiger Zeit dabei mit Schulungen Aktive für die KDV-Beratung zu qualifizieren. Wir haben dazu Konzepte erarbeitet, wie die einzelnen Gruppen zu beraten sind. Ungediente benötigen eine andere Beratung als Soldaten oder Reservisten.

In mehreren Tagesseminaren haben wir gruppenspezifisch Schulungen durchgeführt und anhand von Fallbespielen anonymisierte Begründungen analysiert und besprochen. Intensive persönliche Beratungen, vor allem von Reservisten, führen wir via Zoom durch. Wir bilden Berater*innen-Tandems, die mit Einverständnis des Ratsuchenden, KDV-Beratungen durchführen. Dadurch können Neueinsteiger*innen in die Beratungsarbeit langsam herangeführt werden. Wir schulen auch Frauen als KDV-Berater*innen. Sie können genauso kompetent beraten wie Männer. Das ist für manchen Antragsteller erst einmal ungewöhnlich, wird aber akzeptiert. Dadurch konnten wir unser Beratungsteam stetig erweitern und die Arbeit regional auf mehrere Schultern verteilen. Die Beratungskonzepte können von anderen Landesverbänden übernommen werden. Bei Interesse bitte melden.

Wir machen die Beratung kostenlos, aber immer mit der Erwartung verbunden, dass danach

– eine Spende eingeht
– die E-Mail -oder Postadresse bei der DFG-VK für weitere Informationen hinterlegt wird
– man selbst aktiv wird und in die Beratung einsteigt
– man Mitglied der DFG-VK wird.

Das Beratungskonzept wirkt. Es gehen Spenden ein, der Interessentenkreis erhöht sich und einige Ratsuchende sind DFG-VK Mitglied geworden.

Die DFG-VK muss sich auf eine mögliche Verweigerer-Welle vorbereiten. Die Pistorius-Pläne zur Zwangserfassung von jungen Männern und einem freiwilligen „Basiswehrdienst“ werden nach dem Ampel-Aus wohl zu den Akten gelegt. Unter einer CDU/CSU geführten Regierung droht eine Wiedereinführung der Wehrpflicht bis hin zu einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen. Letzteres verbietet noch das Grundgesetz, aber CDU und CSU sind dafür die Verfassung zu ändern und eine allgemeine Dienstpflicht für alle einzuführen. Dem gilt es energisch zu widerstehen. Wir rechnen mit einem weiteren Ansteigen der KDV-Anfragen und benötigen ein bundesweites Berater*innen-Netz mit dem die DFG-VK wieder als die Verweigerer-Organisation wahrgenommen wird. Die KDV-Beratung muss die DNA der DFG-VK bleiben.

Klaus Pfisterer
Landesvorsitzender DFG-VK Baden-Württemberg
Mail: pfisterer@dfg-vk.de

Erschienen in ZivilCourage 1/2025

Kategorie: Allgemein

11. Februar 2025

Rezension: Wie Lichter in der Nacht – Jürgen Grässlin, 2024

Den letzten Anstoß zu Jürgens neuem Buch gaben verzweifelte Menschen aus seinem politischen Umfeld, die sich wegen der bekannten negativen Entwicklungen in ihr Privatleben zurückgezogen hatten. Dieser Verzweiflung setzt Jürgen die ungebrochene Hoffnung – allen Widerständen trotzend – der von ihm Portraitierten auf eine bessere Welt entgegen. Es sind Menschen, die für die Ziele ihrer Projekte brennen. Damit wirft der Autor ein Licht auf das, was uns in diesen düsteren Zeiten Kraft gibt, nach vorne zu schauen. Und wie sich einzelne Lichter zu Lichterketten vernetzen können.

Entstanden sind ausführliche Portraits aus erster Hand von 24 Mutmachmenschen, wie er sie nennt. Sie alle hat er getroffen und stellt ihre inspirierenden Visionen sowie konkreten Konzepte und Projekte für den Wandel zum Besseren vor, einschließlich weiterführender Websites.

Einer dieser Menschen ist unser Mitglied Margot Käßmann, deren private Seite sowie Engagement auch außerhalb der Friedenspolitik zum Vorschein kommen. Natürlich auch ihr Friedensengagement: Sie ruft auf zum Widerstand gegen die voranschreitende Militarisierung, die Produktion von Waffen und deren Lieferung in Krisen- und Kriegsgebiete, die zu noch mehr Zerstörung, noch mehr Toten führen. Ohne gesellschaftliches Engagement, sagt sie, würde ihr etwas fehlen, mehr noch: „Wir Alten, die wir uns nicht mehr in der Rushhour des Lebens befinden, haben geradezu die Pflicht, etwas zurückzugeben.“

Ähnlich ausführliche und spannende Infos enthält das Portrait des bekanntesten ukrainischen Kriegsdienstverweigerers Yurii Sheliazhenko, der den Glauben von Menschen nicht nachvollziehen kann, dass Waffen eine magische Kraft besäßen, die einen dauerhaften Sieg bringt.

Wie Margot Käßmann zeigt Thomas Kuban (Pseudonym) klare Kante gegen die AfD. Sein Buch Blut muss fließen durfte ich 2012 verlegerisch betreuen. Er hat die deutsche Regierungspolitik informiert über die widerrechtlich agierende Rechtsrockszene, deren Konzerte er getarnt mit Sonnenbrille und Wollmütze filmte. Kaum zu glauben, wie oft er mit seinen Bemühungen scheiterte, diese Konzertmitschnitte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unterzubringen. Sein Mitstreiter Peter Ohlendorf ließ sich von ähnlichen Erfahrungen bezüglich ihres gemeinsamen Dokumentarfilms nicht unterkriegen und hat diesen auf vielen Veranstaltungen u.a. in zahlreichen Schulen gezeigt.

Beeindruckend ist auch das Portrait des ehemaligen zwangsrekrutierten Kindersoldaten Innocent Opwonya, dem die Flucht aus Uganda nach Deutschland gelang und der ein Botschafter des Friedens geworden ist. In seinem früheren Leben schoss er mit einem Schnellfeuergewehr G3, entwickelt in einer deutschen Waffenschmiede. Spannend, dass Ludwig Essig und Antonia Messerschmitt von Fridays for Future portraitiert werden, ebenso wie die Combatants for Peace aus Israel und Palästina, Rotem Levin und Osama Eliwat. Beeindruckend ist auch das Kapitel über Aung Myo Min, den amtierenden Menschenrechtsminister der demokratischen Gegenregierung in Myanmar und ersten bekennenden schwulen Minister in der Geschichte des Landes. Das sehr positive Gesamtbild rundet Malalai Joya ab, die frühere Abgeordnete im afghanischen Parlament. Sie musste aus dem Land fliehen und engagiert sich heute undercover für die dortige Bildung von Mädchen und Frauen.

Aus solcherlei und mehr Gründen sei dieses mit Herzblut und Sachkenntnis geschriebene Buch auch als Geschenk empfohlen.

Thomas Carl Schwoerer ist Verleger, Autor und Bundessprecher der DFG-VK

Jürgen Grässlin (2024): Wie Lichter in der Nacht. Menschen, die die Welt verändern. Ein Mutmachbuch, Heyne, 382 Seiten, gebunden, 20,- Euro, ISBN: 978-3-453-21891-8

Kategorie: Allgemein

5. Februar 2025

Teil von etwas Größerem sein – Interview mit Olga Karach

Belarus wird von einem Autokraten regiert, der derzeit seine Wiederwahl Anfang 2025 mit massiven Verhaftungen gegen oppositionelle Menschen und deren Angehörige vorbereitet. Die Organisation „Unser Haus“ (Nash Dom) setzt sich für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in Weißrussland ein, insbesondere für die Unterstützung junger Menschen, die vor dem Militär fliehen. Aus Ihrem litauischen Exil in Vilnius gewährt uns die Preisträgerin des Ludwig-Baumann-Preises Olga Karach (45), Journalistin und Leiterin von Nash Dom, aufrüttelnde Einblicke, was ziviles Widerstehen unter existentieller Bedrohung bedeutet – und wie existentiell wichtig Widerstand gegen Militarismus in jeglicher Form für uns alle ist.

Olga, was sind in diesen Tagen Ihre ersten Gedanken am Morgen?

Ich wache jeden Morgen mit gemischten Gefühlen auf. Normalerweise sind die ersten Gedanken, die mir in den Sinn kommen, wie viel ich heute noch zu erledigen habe und wie viel ich gestern nicht geschafft habe. Da ist dieses ständige Gefühl der inneren Unzufriedenheit. Das beunruhigt mich sehr. Besonders jetzt, wo auch die Nachrichten immer besorgniserregender werden, verspüre ich den Drang, mehr zu tun, mehr zu erreichen, meine Zeit effektiver zu managen. Leider stoße ich mit meinen 45 Jahren an die Grenzen, die uns unser Körper setzt. Aber es gibt auch ein zweites Gefühl, mit dem ich morgens aufwache: Dankbarkeit. Ich bin sehr dankbar gegenüber meiner Familie, meinen Kollegen, meinen Freunden, gegenüber allen, die mich unterstützen. Mir ist klar, dass ich ohne sie nicht überlebt hätte.

In der heutigen Welt muss der zivile Widerstand aktiviert werden wie nie zuvor.

Ich stelle mir vor, dass Sie im litauischen Exil in ständiger Angst vor Abschiebung leben. Und dennoch versuchen Sie, so aktiv wie möglich zu sein. Können Sie ihre persönliche Situation schildern?

Was eine mögliche Abschiebung betrifft, so kann ich nicht sagen, dass ich in dieser Angst lebe. Es ist sicherlich ein Risiko, dem man sich als Menschenrechtsverteidigerin stellen muss, aber leider gewöhnt man sich daran. Ständiger Druck ist ein fester Bestandteil dieser Arbeit. Wenn man Rechte verteidigt, bedeutet das unweigerlich, dass es diejenigen gibt, die diese Rechte verletzen. Und in diesem Fall ist es leider nicht nur das belarussische Regime, sondern auch die litauische Regierung. Insbesondere das Migrationsamt und das Amt für nationale Sicherheit Litauens. Die Leute in diesen Behörden verletzen auch die Rechte der Belarussen, und das ist bereits Teil der staatlichen Politik geworden.

Für mich ist das Schmerzlichste an dieser Situation vielleicht nicht einmal die Möglichkeit einer Abschiebung oder etwas anderes, das mir widerfährt. Was mich viel mehr schmerzt, ist, dass der Druck auf meine Angehörigen gerichtet wurde. Sie begannen, Druck auf meinen Mann auszuüben. Mein Mann ist ein unabhängiger Journalist, dem in Belarus eine Gefängnisstrafe droht, weil er Redakteur bei unabhängigen „extremistischen“ Medien war und seine Artikel in Belarus als extremistisch eingestuft wurden. Das bedeutet, dass ihm dort bis zu sieben Jahre Gefängnis drohen. Die litauische Migrationsbehörde hat ihn zu einem illegalen Einwanderer gemacht, und er ist ohne eigenes Verschulden in diese Situation geraten. Jeden Tag warteten wir darauf, dass Leute kommen, ihn abholen, ihn in ein Auto setzen und zur Grenze bringen würden. Die Drohungen und der Druck waren schrecklich. Irgendwann machten sie auch mich zu einem illegalen Einwanderer. Grenzbeamte kamen zu mir nach Hause, filmten mich und stellten seltsame Fragen. All dies wurde getan, um uns einzuschüchtern und zu diskreditieren.

Im Kern geht es aber nicht um meinen persönlichen Fall, sondern um etliche Fakten: um dokumentierte Beweise zu der Diskriminierung von Belarussen in Litauen, zu Verstößen gegen europäische Konventionen. Dies betrifft auch belarussische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, die besonders gefährdet sind, vor allem, wenn man bedenkt, dass Belarus jederzeit in einen militärischen Konflikt mit der Ukraine hineingezogen werden könnte. Niemand kann garantieren, dass die belarussische Armee nicht in die Ukraine einmarschiert, wenn es den Interessen von Putin oder Lukaschenko dient. Das bedeutet, dass diese Menschen dringend eines besonderen Schutzes bedürfen.

Ihre Erfahrungen werfen kein gutes Licht auf die Einhaltung von Menschenrechten in Litauen…

Die Abschiebung von Belarussen zurück nach Belarus ist im Grunde ein Verrat. Litauen nimmt diese Menschen auf, schickt sie zurück nach Belarus, und niemand weiß, was danach mit ihnen geschieht. Wir wissen nicht, ob sie verhaftet werden, im Gefängnis sitzen oder gefoltert werden; es fehlen Informationen, und das ist wirklich entsetzlich. Wir müssen diese Menschen schützen, ihnen helfen, nicht in diesen Krieg hineingezogen zu werden und sie davor bewahren, Teil der verbrecherischen Aggression Putins zu werden.

Ich glaube, dass Litauen kein Recht hat, die Belarussen auf diese Weise zu behandeln. Es verstößt gegen die europäischen Konventionen, zu deren Einhaltung es sich verpflichtet hat. Litauen will diese Verpflichtungen nicht erfüllen, und anstatt sich den Konsequenzen zu stellen, versucht es, diejenigen, die darüber sprechen, zum Schweigen zu bringen. Für mich spielt es keine Rolle mehr, was Litauen, Russland oder das belarussische Regime tut; im Grunde fühlt sich das alles gleich an. Es handelt sich um militarisierte staatliche Systeme, die nicht helfen, sondern im Gegenteil darauf abzielen, jede Form von zivilem Aktivismus zu zerstören. Sie weigern sich, die Menschenrechte der Belarussen anzuerkennen. Wie kann man in einer solchen Situation seinen Verstand bewahren, das Vertrauen in andere aufrechterhalten und vermeiden, in Paranoia zu verfallen?

Diese Angst, die das Regime vor den belarussischen Frauen hat, inspiriert uns.

Haben Sie denn die Hoffnung, dass sich die politische Situation durch den jüngsten Erfolg der Sozialdemokraten bei den Parlamentswahlen unter Parteichefin Vilija Blinkevičiūtė verbessern wird?

Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich mit der neuen Regierung der sozialdemokratischen Koalition Litauens die Situation für die Belarussen in Litauen verbessern wird. Mehrere hochrangige Sozialdemokraten haben bereits öffentlich ihre Absicht erklärt, die derzeitige Politik zu überdenken, was uns große Hoffnung gibt. Nach den Aktionen der litauischen Christdemokraten und rechtsextremer Politiker ist das Vertrauen zwischen Litauern und Belarussen jedoch beschädigt worden. Derzeit trauen die Belarussen den Litauern nicht, und die Litauer den Belarussen nicht. Wissen Sie, wir haben viele litauische Bürger, die das Vorgehen der Regierung nicht unterstützt haben. Sie kommen zu uns und sagen: „Wir sind bei euch, haltet durch, gebt nicht auf, kämpft weiter!“ Diese Menschen bringen ihre Missbilligung der Politik der litauischen Regierung offen zum Ausdruck, doch selbst gegenüber diesen unterstützenden Litauern bleiben die Belarussen zurückhaltend. Die Wiederherstellung des Vertrauens, das zwischen Litauern und Belarussen verloren gegangen ist, wird eine Herausforderung sein. Dies lässt sich nicht allein durch einige wenige Politiker oder durch die Verbesserung des Legalisierungsprozesses für Belarussen in Litauen ändern. Viele Belarussen, vor allem in der Geschäftswelt, die aufgrund von Diskriminierung weggehen mussten, glauben nicht mehr an Litauen, obwohl sie es einst als ihre zweite Heimat bezeichneten und bereit waren, es mit ganzem Herzen zu verteidigen.

Kann die Organisation „Unser Haus“ denn in ihrer Heimat weiterarbeiten?

Wir haben immer noch Mitglieder unserer Organisation, die in Belarus bleiben und weiterhin viel tun. Natürlich geschieht dies auf einer extrem unsichtbaren Ebene. Wir können nicht öffentlich darüber sprechen oder diese Aktionen zur Schau stellen, weil der Druck auf „Unser Haus“ immens ist. Ich kann getrost sagen, dass unsere Organisation heute wahrscheinlich die am stärksten unterdrückte in Belarus ist. Das Regime fürchtet uns, und es ist seltsam, aber ich denke oft, dass das belarussische Regime viel mehr an uns und unsere Stärke glaubt als wir selbst. Der Druck, den wir von allen Seiten spüren, ist so groß, dass ich manchmal denke: „Wir sind eigentlich stärker, als wir meinen.“ Immerhin haben wir unter diesem Druck überlebt, arbeiten weiter und wachsen. Es ist wirklich erstaunlich, und diese Angst, die das belarussische Regime vor uns, den belarussischen Frauen, hat, inspiriert uns.

Überwachung, Einschüchterung, Verfolgung – wie reagiert die Diktatur denn noch auf diesen Mut?

Die Repressionen des belarussischen Regimes sind so stark, dass ich zum Beispiel nicht zum Militär gehen darf. Das ist wahrscheinlich eine der absurdesten Formen der Repression, mit denen ich konfrontiert wurde. Man hat mir auch verboten, Massenvernichtungswaffen zu finanzieren, was natürlich völlig lächerlich und fast schon komisch ist. Das Regime hat immer noch nicht verstanden, dass es uns nicht alles verbieten kann. Ja, sie können mich zum Tode verurteilen oder mich als Terroristen oder Extremisten bezeichnen. In der Tat haben sie sogar alle Strukturen von „Unser Haus“ als extremistisch bezeichnet. Aber das sind nur Etiketten, die sie mir aufzwingen wollen – mehr nicht. Trotz ihrer Bemühungen, mich zurück ins Land zu bringen, mich zu töten oder zu inhaftieren, sind dies lediglich Versuche. Und trotz alledem ist es ihnen nicht gelungen, ihr Ziel zu erreichen. Sie können uns nicht aufhalten. Wir sind stärker.

Woher nehmen Sie die Kraft für Ihre Arbeit und Ihren Widerstand?

Wissen Sie, das mag etwas trocken und vielleicht zu pompös klingen, aber leider ist es die Erkenntnis, dass sich das Leben für viele Menschen sehr verschlechtern wird, wenn wir unsere Arbeit einstellen, und das lässt mich jeden Tag aufstehen und meinen Kampf fortsetzen. Das sind keine leeren, großspurigen Worte – das ist die Realität, in der wir leben. Die Menschen hier sind in einer sehr schwierigen Situation. Manchmal bin ich so müde, dass ich das Gefühl habe, auszubrennen, dass ich keine Kraft mehr habe, irgendetwas zu tun. Manchmal habe ich nicht die Kraft, aufzustehen, und wie jeder normale Mensch leide ich unter Depressionen, Verzweiflung und schweren Gedanken und Gefühlen. All das ist das Ergebnis von vier Jahren ohne Ruhe. In diesen Jahren hatte ich nicht einen einzigen freien Tag – ganz zu schweigen davon, dass ich mich nicht daran erinnern kann, wann ich das letzte Mal acht Stunden am Stück geschlafen habe.

Aber trotz alledem weiß ich mit Sicherheit, dass unsere Arbeit gebraucht wird, dass wir von den Menschen gebraucht werden. Ich sehe das jeden Tag. Ich sehe es in den Augen derer, die sich an uns wenden und um Hilfe bitten. Ich sehe es in den müden, erschöpften Gesichtern derer, denen wir helfen. Ich sehe es, wenn die Menschen uns umarmen, uns danken und anfangen zu weinen. Vielleicht inspiriert es nicht im traditionellen Sinne, aber es gibt mir ein klares Verständnis: Wir alle müssen den Krieg sofort beenden! Egal wie schwer es ist, wir müssen weitermachen.

Ich bekenne, dass ich durch die Friedensbewegung endlich, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, wirklich verstanden habe, was Solidarität bedeutet und was Unterstützung wirklich ist. Das sind nicht nur schöne Worte. Ich erhalte enorme Unterstützung von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, aus allen Ecken der Welt und in vielen verschiedenen Formen. Vor allem aber weiß ich, dass diese Unterstützung mehr ist als nur Hilfe. Sie ist eine Kraft, die es uns ermöglicht, trotz aller Schwierigkeiten voranzukommen. Je mehr Menschen bereit sind, diesen Staffelstab der Güte („baton of kindness”) weiterzugeben, desto stärker wird unsere Bewegung. Solidarität ist unsere Stärke. Mit ihr werden wir mit Sicherheit eine Welt erreichen, in der Frieden wieder möglich ist.

Es ist wichtig, dass diejenigen, die sich weigern, in den Krieg zu ziehen, sich nicht als Ausgestoßene fühlen.

Kommen wir noch einmal auf die Kraft und ihre Reserven zu sprechen: In einer unserer Korrespondenzen kommentierten Sie den Zustand von Aktivistinnen und Aktivisten lakonisch mit der Bemerkung, das ständige Erschöpfung einfach ein Teil ihrer Arbeit sei – „davon käme man nicht los“ (I guess constant exhaustion is just part of our work—there’s no escaping it)…

Oja, das gilt vor allem auch für Aktivisten und Menschen, die von Repressionen betroffen sind. Um Ihnen zu helfen, kann es wichtig sein, so genannte „Friedensräume“ zu schaffen. Das sind Räume, in denen Antikriegsaktivisten wieder Kraft schöpfen und nötige Unterstützung erhalten können. Wir müssen uns bewusst sein, dass Aktivistinnen und Aktivisten mit vielen Herausforderungen konfrontiert sind: Bedrohungen durch die Behörden, rechtliche Repressionen, die Notwendigkeit, sich zu verstecken und generell unter ständigem Stress zu leben. Es ist vielleicht möglich, Programme zu organisieren, die es Menschen aus Belarus ermöglichen, wenigstens für ein oder zwei Wochen zu spüren: Es gibt sichere Orte auf der Welt. Und mehr noch: Dass wir Teil von etwas Größerem und in unserem Kampf für Frieden nicht allein sind.

In Ihrem Vortrag sagten Sie, dass die meisten Menschen in Belarus und der weiten Region eine romantische Vorstellung vom Krieg haben. Was bedeutet das?

Gewalt und Krieg werden in einigen Teilen der Gesellschaft zunehmend mit Konzepten von Männlichkeit und Weiblichkeit verknüpft. Die Romantisierung des Krieges, insbesondere als Mittel zur Definition „echter“ Männer und Frauen, ist in der Tat ein gefährlicher Weg. Es stellt sich heraus, dass man ein echter Mann ist, wenn man bereit ist, zu den Waffen zu greifen, an die Front zu gehen, zu töten oder getötet zu werden. Und eine echte Frau ist eine Frau, die alle ihre Lieben – Ehemänner, Söhne, Väter – dazu inspiriert, ebenfalls in den Krieg zu ziehen, zu töten oder getötet zu werden. Wenn ein „echter Mann“ oder eine „echte Frau“ mit der Ausübung von Gewalt gleichgesetzt wird – sei es, indem man in den Krieg zieht oder seine Angehörigen dazu ermutigt -, dann verzerrt dies die Vorstellung von Heldentum. Dieses Bild des „Echten“ durch Gewalt und Tod ist eine Definition, die heute an Popularität gewinnt, und ich halte sie für extrem gefährlich und verzerrend.

Wir als Gesellschaft müssen darüber nachdenken, dass Gewalt nicht der Maßstab für Heldentum sein sollte. Schließlich galt es vor dem Krieg als schlechte Tat, wenn ein Mensch tötete. Jetzt ist, so paradox es klingen mag, jemand, der loszieht, um zu töten, plötzlich ein Held. Und während früher der Verzicht auf Gewalt als das Richtige angesehen wurde, werden Menschen, die auf den Krieg verzichten, heute gesellschaftlich verurteilt. Menschen, die sagen: „Ich bin ein Mann, aber ich will nicht töten“, werden jetzt nicht nur stigmatisiert, sondern auch von Staat und Gesellschaft unter Druck gesetzt. Das ist sehr beunruhigend. Wir müssen gegen diese Romantisierung des Krieges und die Verherrlichung von Gewalt ankämpfen. Eine Neudefinition von Heldentum im Sinne von Mitgefühl, Verantwortung und Zurückhaltung ist entscheidend, um den Kreislauf von Gewalt und Krieg zu durchbrechen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als Friedensstifter neue Rollenmodelle für Männer und Frauen entwickeln müssen, die nicht gewalttätig sind. Wir können heldenhaft sein, ohne auf Gewalt zurückzugreifen – das sollte die Botschaft sein, die wir an die nächste Generation weitergeben. Es ist wichtig, dass diejenigen, die sich weigern, in den Krieg zu ziehen, sich nicht als Ausgestoßene fühlen, sondern stolz auf ihre Entscheidung sind.

Sehen Sie denn inmitten der aufflammenden Aufrüstung überhaupt noch eine Chance für das Konzept des zivilen Widerstands?

Wenn wir über zivilen Widerstand diskutieren, ist seine Bedeutung deutlicher denn je, insbesondere im heutigen geopolitischen Kontext. Wir beobachten eine zunehmende Tendenz, dass sich immer mehr Politiker aus verschiedenen Gründen von der universellen Anerkennung der Menschenrechte entfernen. Sie vergessen, dass es bei den Menschenrechten keine Unterschiede aufgrund der Nationalität oder der geografischen Lage geben darf. Dies ist ein entscheidender Punkt. Nicht nur in Russland und Belarus, sondern auch in Ländern wie der Ukraine, den baltischen Staaten, Polen, Deutschland und sogar im Vereinigten Königreich ist ein deutlicher Anstieg der Angriffe auf Friedensaktivisten, Klimaaktivisten, Menschenrechtsaktivisten und andere, die für Gerechtigkeit kämpfen, zu beobachten. Diese Angriffe stehen im Zusammenhang mit dem Wiederaufleben des Militarismus, der eine Reihe weiterer Probleme mit sich bringt. Dazu gehören die Rückkehr zu patriarchalischen Werten, die Militarisierung von Kindern, die Abkehr von den Grundsätzen der Klimagerechtigkeit und zahlreiche andere Bedrohungen, die vielfältig und doch miteinander verknüpft sind.

In der heutigen Welt muss der zivile Widerstand aktiviert werden wie nie zuvor. Wir müssen alle unsere Anstrengungen darauf verwenden, ihn aufzubauen und zu stärken. Wenn wir über die Frontlinie zwischen Belarus, Russland, der Ukraine, den baltischen Staaten, Polen und anderen sprechen, müssen wir eine Friedenslinie entlang dieser unsichtbaren Grenze schaffen. Dazu müssen wir uns gemeinsam darum bemühen, diese Friedenslinie zu erweitern und auszubauen. Ohne zivilen Widerstand, ohne gewaltfreien Widerstand, können wir nichts aufbauen. Heute ist das Konzept des zivilen Widerstands unsere oberste Priorität.

Haben Sie selbst Vorbilder?

Ich habe viele Inspirationsquellen und Vorbilder, denn in Belarus gibt es eine große Anzahl von politischen Gefangenen, die für den Frieden gekämpft haben. Das sind Menschen mit unglaublicher Belastbarkeit und Mut, die alles geopfert haben, um Krieg und Gewalt zu beenden. Ihre Leistung ist unbeschreiblich, und sie sind alle Vorbilder für mich.

Wir haben viele Beispiele von Priestern, die hinausgingen und für den Frieden beteten, wohl wissend, dass sie Verhaftung und Gefängnis erwarteten. Sie wurden verhaftet und gefoltert. Es gibt auch das Beispiel eines jungen Offiziers, der eine glänzende Karriere in der belarussischen Armee hätte machen können, aber stattdessen geheime Dokumente veröffentlichte, die bestätigten, dass Lukaschenko die Armee einsetzen wollte, um friedliche Proteste in Belarus zu unterdrücken, und dass die belarussische Armee sogar auf unbewaffnete Menschen schießen würde. Dieser Akt, der den Einsatz der Armee gegen friedliche Demonstranten beendete, war ein echte Heldentat, über die nur wenige Menschen sprechen. Er wurde verhaftet, wegen Verrats an seinem Heimatland zu 19 Jahren Haft verurteilt und er wird im Gefängnis brutal gefoltert. Aber dieser Mann gibt nicht auf. Ich bin sicher, dass seine Leistung als die wichtigste Tat in die Geschichte von Belarus eingehen wird.

Ich fühle mich auch durch die Menschen in meinem Umfeld sehr bestärkt, denn viele von ihnen haben wahre Heldentaten vollbracht, die unbemerkt geblieben sind. Ein solcher Fall war, als eine meiner Kolleginnen von einer Partnerorganisation einem Teenager sehr wahrscheinlich das Leben rettete: Ein 16-jähriger Junge war während einer Demonstration von Polizeibeamten brutal vergewaltigt worden. Ihm wurde mit einem Polizeiknüppel der Gaumen durchbohrt. Der Junge landete auf der Intensivstation, wo er mehrere Tage lang im Koma lag. Nach dieser Gewalttat war klar, dass er nicht mehr lebend herauskommen würde, dass die Polizei ihn als Zeugen und Opfer dieses schrecklichen Verbrechens beseitigen würde. Ein Strafverfahren war bereits eingeleitet worden, und die Polizei bereitete sich darauf vor, ihn direkt von seinem Krankenhausbett ins Gefängnis zu bringen. Doch meine Kollegin zog sich unter Gefährdung ihrer eigenen Sicherheit einfach einen Krankenhauskittel an und betrat die Station mit einem Plüschbären im Arm. Sie nahm den Jungen aus dem Krankenhaus mit und brachte ihn in ein anderes Land. Diese Tat war unglaublich mutig und gewagt, denn im Krankenhaus wurde er von der Polizei bewacht. Der Junge ist heute in Sicherheit. Ich frage mich: Hätte ich mich getraut, so etwas zu tun, um ein Kind vor einem gewaltsamen Tod zu bewahren? Heute antworte ich: Ja, ich würde es tun, nicht zuletzt, weil ich von einem solchen Beispiel von Heldentum weiß.

Außerdem gibt es in meinem Bekanntenkreis eine Gruppe freiwilliger Frauen, die sich für die Rettung zurückgelassener Tiere – Katzen und Hunde – einsetzen. Wenn Menschen aus Belarus illegal über die Grenze fliehen müssen, können sie ihre Haustiere oft nicht mitnehmen. Wenn sie dann in Litauen ankommen und das Gefühl haben, dass sie zumindest nicht so bald verhaftet werden, wollen sie wieder mit ihnen vereint werden. Die Verbringung von Tieren nach Litauen ist für belarussische politische Flüchtlinge jedoch sehr kompliziert, und Litauen stellt ihnen erhebliche Hindernisse in den Weg. Dennoch organisieren diese Frauen Hilfe, indem sie Tiere retten und ihnen helfen, zu ihren Besitzern zurückzukehren.

Mehr denn je gilt: Nur die internationale Aufmerksamkeit bewahrt auch mich vor Abschiebung und Gefängnis.

Olga, Sie sind selbst Mutter. Was wünschen Sie sich für die jüngere Generation? Was für Ihre Kinder?

Ich bin zutiefst besorgt und traurig über die Tatsache, dass die Wehrpflicht in vielen Ländern wieder eingeführt wird. In Litauen ist sie bereits zurückgekehrt, die Wehrpflicht besteht seit einem Jahr. Ich weiß, dass in Deutschland, Italien und anderen Ländern ähnliche Diskussionen geführt werden, was besorgniserregend ist. Ich würde mir aufrichtig wünschen, dass die junge Generation ohne Waffen in der Hand aufwächst, ohne etwas über Krieg lernen zu müssen, verstehen Sie? Als Kind besuchte ich eine sowjetische Schule, und wir hatten obligatorischen Militärunterricht, die so genannte militärische Grundausbildung. Von der 5. bis zur 6. Klasse wurde uns das Kämpfen beigebracht: Wir trugen Gasmasken und spielten ein Spiel namens „Zarnitsa“ (russisch Зарница, in etwa „Wetterleuchten“), bei dem eine Seite versuchte, die feindliche Armee zu finden und zu vernichten. Wir lernten, Kinder zu fangen, die die Rolle der feindlichen Armee spielten. Uns wurde auch buchstäblich das Schießen beigebracht: Im Unterricht bauten wir Kalaschnikow-Sturmgewehre zusammen und zerlegten sie. Im Keller unserer Schule gab es einen riesigen Schießstand, auf dem wir das Schießen übten. Keiner von uns, geschweige denn unsere Eltern, hielt das für schlimm. Wir wussten nicht, was es bedeutet, Kindern das Töten beizubringen.

Das wurde mir erst später klar, als ich Teil der Friedensbewegung wurde. Heute kehrt diese militärische Ausbildung in die belarussischen Schulen zurück. Darüber hinaus werden militärisch-patriotische Klubs gegründet, in denen die Kinder tatsächlich zu professionellen Militärs ausgebildet werden. Diese Klubs funktionieren nach dem Vorbild von Militäreinheiten, und sie lehren sie zu schießen, militärische Ausrüstung zu bedienen, mit Waffen umzugehen – alles, was echte Soldaten lernen. Und das ist es, was ich der jungen Generation wünsche: dass sie all das nie lernt und ihr auch nicht gedroht wird, so etwas lernen zu müssen. Kein einziger Mensch aus dieser Generation soll jemals gezwungen sein, Soldat zu werden, zu den Waffen zu greifen und sich am Krieg zu beteiligen. Ich wünsche mir, dass wir uns alle gemeinsam dafür einsetzen, dass der Soldatenberuf nur noch ein Teil der Geschichte ist, ein verbleichendes Phänomen, das der Vergangenheit angehört.

Verschiedene Organisationen machen anlässlich des Tags der Menschenrechte auf die prekäre Lage von asylsuchenden Deserteuren und Kriegsdienstgegnern aufmerksam. Was ist aus Ihrer Sicht zu tun?

Bis heute erfordert die Situation der belarussischen Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Litauen dringend unser Eingreifen und unsere Unterstützung. In erster Linie sind Solidarität, Rechtshilfe, humanitäre Unterstützung und die Verbreitung von Informationen über die Probleme dieser Menschen nach wie vor von zentraler Bedeutung.

Wir müssen belarussischen Asylverweigerern und Überläufern, die sich in Litauen aufhalten, Rechtsschutz gewähren. Das Problem beschränkt sich nicht auf die Verweigerung des politischen Asyls und die Gefahr der Abschiebung nach Belarus. Um gegen solche Entscheidungen vorzugehen, müssen wir in der Lage sein, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen und litauische Menschenrechtsverteidiger einzubeziehen.

Es gibt viele Probleme, und sie alle erfordern rechtliche Unterstützung und Intervention. In Litauen gibt es beispielsweise die paradoxe Situation, dass die Migrationsbehörde bei der Beantragung von politischem Asyl den Antragstellern die Pässe wegnimmt und ihnen eine so genannte „Karte“ aushändigt, die aber keine Rechtskraft hat und kein Ausweisdokument ist. Diese Menschen bleiben eineinhalb Jahre lang ohne Papiere – so lange dauert das Asylverfahren, was ihr Leben erheblich erschwert: Sie können nicht arbeiten, sie können kein Bankkonto eröffnen, sie sind als Menschen ohne Papiere in vielerlei Hinsicht eingeschränkt. Die litauische Hilfe beträgt genau Null Euro, keine Wohnung, keine Lebensmittel, nichts. Das heißt, ein Mensch findet sich auf dem Gebiet Litauens in einem Zustand der Obdachlosigkeit, ohne Mittel zum Lebensunterhalt, ohne das Recht auf Arbeit, ohne jede Hilfe, ohne irgendetwas. Die Menschen sind völlig verzweifelt und wissen nicht, wie sie überleben und was sie tun sollen. Gleichzeitig fühlen sie sich völlig entrechtet, weil sie auch kein Geld für Anwälte haben.

Die Situation ist abnormal. Die Menschen sind gegen den Krieg, die Menschen sind gegen den Terror, die Menschen wollen sich nicht an den Militäraktionen Russlands gegen die Ukraine beteiligen, die Menschen haben Angst, dass Putin sie in diesen Krieg hineinziehen wird. Und alles, was sie von Litauen bekommen, ist keine Unterstützung und Solidarität, sondern im Gegenteil eine sehr merkwürdige Stigmatisierung, Hetze, lächerliche Anschuldigungen und eine Haltung ihnen gegenüber, als ob sie Feinde wären und als ob sie die Ukraine angegriffen hätten. Um diese Situation zu ändern, brauchen wir finanzielle Mittel, um Anwälte und Menschenrechtsverteidiger zu bezahlen, die Klagen einreichen und die Rechte dieser Menschen vor Gerichten und staatlichen Stellen verteidigen können.

Wir benötigen auch dringend Mittel zur Deckung der Grundbedürfnisse von belarussischen Asylbewerbern. Dabei handelt es sich in erster Linie um Lebensmittel, medizinische Versorgung und Unterkünfte. Wir arbeiten mit Lebensmittelbanken in Litauen zusammen, aber leider haben sich die Bedingungen in letzter Zeit geändert. Früher haben wir die belarussischen Asylbewerber mit Essen versorgt, mit etwa 400 Kilogramm pro Woche bzw. anderthalb Tonnen pro Monat. Heute haben wir dafür einfach kein Geld mehr.

Unsere Arbeit erfordert auch öffentliche Aufmerksamkeit. Um die Rechte von belarussischen Verweigerern und Deserteuren zu schützen, brauchen wir unbedingt Unterstützung in Form von Petitionsunterschriften und internationalem Druck. Wir brauchen dringend die Hilfe von Menschen, die solche Petitionen verfassen und vorbereiten und sie verteilen können.

Nennen Sie uns ein konkretes Beispiel.

Ich würde im Fall von Nikita Svirid gerne eine Petition an den Bundestag schreiben, und ich möchte alle deutschen Partner in der Friedensbewegung bitten, Unterschriften zu sammeln, damit der Deutsche Bundestag diese Frage bei der litauischen Regierung zur Sprache bringt, nämlich wie es kommt, dass sie einen jungen Weißrussen abschieben will, der vor der Armee geflohen ist, weil er Angst hatte! Nikita unterstützt die russische Aggression nicht, er hat keine Kriegsverbrechen begangen, er ist erst 19 Jahre alt, und heute droht ihm die Abschiebung nach Belarus, also die Todesstrafe. Diese Bedrohung ist eine denkbar schlechte politische Botschaft für alle belarussischen Männer: Sie sehen, dass ein Kampf für den Frieden, ein Kampf gegen die Gewalt, ein Kampf gegen den Krieg nicht nur nicht von Europa in Gestalt Litauens unterstützt wird, sondern im Gegenteil, von Litauen verraten wird. Wir brauchen Hilfe, um diese und ähnliche Petitionen richtig durchzubringen und Unterschriften zu sammeln. Dies wird dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der europäischen Parlamente auf sich zu ziehen und den internationalen Druck auf Litauen und andere Länder zu erhöhen, die zögern, Antikriegsaktivisten aus Belarus zu unterstützen.

Es ist sehr wichtig, dass sich die Informationen verbreiten, denn wir müssen heute darüber sprechen, dass es überall eine riesige militaristische Propaganda gibt, und zwar in sämtlichen Medien. Es gibt nicht nur Zensur in den russischen und belarussischen Staatsmedien, sondern generell ist es so giftig geworden, über Frieden und Friedensinitiativen zu sprechen, dass wir uns nur darauf verlassen können, dass die Informationen über soziale Netzwerke von Freund zu Freund weitergegeben werden. Und deshalb appellieren wir auch an Sie, unsere Materialien zu übernehmen und so weit wie möglich zu verbreiten.

Und was ist mit Ihnen, Olga? Wie können wir Sie unterstützen?

Ohne die Unterstützung von Organisationen wie der deutschen Friedensbewegung und anderen internationalen Partnern hätten viele Belarussen, darunter auch ich und mein Mann, für lange Zeit in Belarus inhaftiert werden können. Und ja, es gilt mehr denn je: Nur die internationale Aufmerksamkeit bewahrt auch mich vor einer Abschiebung nach Belarus und dortigem Gefängnis. Es gibt eine sehr aktive Solidaritätskampagne (in sozialen Netzwerken zu finden unter #protection4Olga). Ich bin allen sehr dankbar, die sich daran beteiligen. Sie schreiben Briefe, sie wenden sich an das deutsche Außenministerium, sie appellieren an die litauische Botschaft, sie beschäftigen die deutschen Botschaften, sie sprechen ihre Abgeordneten an, sie machen Mahnwachen vor den belarussischen und litauischen Botschaften. Dank dieser Aktivitäten bin ich immer noch frei.

(Die Fragen stellte Marcus Angebauer)

Kategorie: Allgemein

5. Februar 2025

Militär im Weltall

Seit den 1950er-Jahren ist der Weltraum zunehmend Schauplatz militärischer Interessen. 1957 schickte die Sowjetunion den ersten Satelliten ins All- und nur zwei Jahre später testeten die USA die erste Antisatellitenwaffe. Heute gibt es immer mehr Akteure mit Raumfahrtkapazitäten und vielfältigen Angriffsmethoden gegen Satelliten. Die steigende Anzahl von Weltraumtrümmern erhöht zudem das Risiko von Kollisionen. Obwohl der Weltraumvertrag von 1967 die friedliche Nutzung des Alls fördern soll, verhindert er ein Wettrüsten nur unzureichend. Ein von Russland und China 2008 vorgeschlagener Vertrag zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (PAROS) blieb bisher ohne Unterstützung westlicher Staaten, die stattdessen eigene Verteidigungsstrategien und Abschreckung im All priorisieren.

Der Weltraum spielt eine zentrale Rolle für die militärische und die wirtschaftliche Infrastruktur, insbesondere für Satelliten für Kommunikation, Navigation und Überwachung. Die NATO verfolgt daher eine umfassende Weltraumstrategie und verzichtet offiziell auf Waffenstationierungen, während Einzelstaaten wie die USA und Frankreich eigene militärische Weltraumkommandos aufbauen. Seit 2019 gibt es mit der United States Space Force eine neue Teilstreitkraft, die explizit auf den Weltraum ausgerichtet ist; ähnliche Einrichtungen existieren in Frankreich, Indien, Großbritannien und Deutschland. China und Russland integrieren ihre Weltraumoperationen in andere Streitkräfte und setzen zunehmend auf offensive Fähigkeiten.

Satelliten in geostationären und niedrigen Erdorbits spielen für militärische Kommunikation, Spionage und Frühwarnsysteme eine entscheidende Rolle. Diese Systeme sind jedoch anfällig für kinetische und nicht-kinetische Angriffe durch Antisatellitenraketen oder Cyberangriffe. Neben kinetischen Antisatellitenwaffen, die in der Lage sind, Satelliten zu zerstören oder auszuschalten, könnten Cyberangriffe die Kontrolle über Bodenstationen stören und damit auch die militärische Einsatzfähigkeit beeinträchtigen. Diese Angriffsmethoden bergen ein hohes Eskalationspotenzial und könnten Konflikte leicht globalisieren, während sie zugleich erhebliche Mengen Weltraumschrott erzeugen und die künftige Weltraumnutzung gefährden. Auch Weltraumwaffen spielen hierbei eine immer größer werdende Rolle.

Der Begriff Weltraumwaffen umfasst Antisatellitenwaffen, die gezielt Satelliten lahmlegen, sowie Space-to-Earth-Waffen, die von der Umlaufbahn aus Ziele auf der Erde angreifen könnten. Internationale Projekte wie der Space-Based Laser Readiness Demonstrator der USA zeigen, dass zunehmend an weltraumgestützten Laserwaffen für militärische Zwecke geforscht wird. Neben den USA arbeiten auch Russland und China an ähnlichen Technologien; Frankreich kündigte 2019 als erstes europäisches Land die Entwicklung von Laserwaffen gegen Satelliten an. Diese Systeme stellen das Eskalationsrisiko im Weltraum weiter in den Fokus.

In den letzten Jahren investierte auch Deutschland in Satellitentechnologie und „Weltraumsicherheit“. Es kooperiert mit Frankreich und ist führender Geldgeber bei EU-Satellitenprojekten wie Galileo. Zusätzlich beteiligt sich Deutschland seit 2024 an der US-geführten Mission „Operation Olympic Defender“, um militärische Weltraumaktivitäten zu koordinieren und Akteure, von denen Bedrohungen ausgehen könnten, abzuschrecken. Trotz der hohen Kosten von Investitionen, wie im Fall eines 2,1-Milliarden-Euro-Auftrags für Telekommunikationssatelliten, strebt Deutschland eine gestärkte Präsenz im All an.

Wir haben uns daher gefragt: Wie können Forderungen der DFG-VK in Bezug auf die militärische Präsenz im Weltraum aussehen? Deutschland sollte sich international für die Stärkung bestehender Abkommen wie des Weltraumvertrags (Outer Space Treaty) und für die Ausweitung von Rüstungskontrollmaßnahmen im Weltraum einsetzen. Wichtige diplomatische Initiativen könnten dazu beitragen, verbindliche Abkommen zur Begrenzung und Regulierung von Weltraumwaffen zu erreichen. Die DFG-VK sollte die deutsche Bundesregierung auffordern, ihre Mittel nicht für militärische Weltraumprojekte, sondern zur Förderung der friedlichen Nutzung des Weltraums einzusetzen. Langfristig sollte Deutschland eine führende Rolle in internationalen Abrüstungsverhandlungen spielen, damit der Weltraum als sichere Zone bewahrt und ein globaler Konsens über die Reduzierung weltraumgestützter Waffensysteme gefördert wird.

In den kommenden Wochen wird ein Factsheet zum Thema Militär & Weltall vom Bundesverband der DFG-VK veröffentlicht und den Mitgliedern zugänglich gemacht.

Elvin Çetin & Yannick Kiesel

Erschienen in der ZivilCourage 01/2025

Kategorie: Allgemein

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